5. Juli 2018
Namensabgleich Mitbestimmungspflicht Betriebsrat
Arbeitsrecht

Keine Beteiligungsrechte des Betriebsrates bei elektronischem Namensabgleich

BAG: Der elektronische Namensabgleich mit den Namenslisten der sog. Anti-Terror-Verordnungen ist nicht mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.

Die moderne Technik eröffnet Arbeitgebern immer mehr Möglichkeiten zur Überwachung ihrer Mitarbeiter. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber dabei das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu wahren. Hiernach hat der Betriebsrat mitzubestimmen, sofern es um die Einrichtung und Anwendung technischer Überwachungseinrichtungen geht, die zur Verhaltens- oder Leistungskontrolle der Arbeitnehmer geeignet sind.

Das BAG hat mit Beschluss vom 19. Dezember 2017 (Az. 1 ABR 32/16) entschieden, dass der Betriebsrat jedoch nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu beteiligen ist, wenn der Arbeitgeber im Wege der elektronischen Datenverarbeitung einen Abgleich von Vor- und Nachnamen der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer mit den auf Grundlage der sog. Anti-Terror-Verordnungen der Europäischen Union erstellten Namenslisten durchführt.

Regelmäßige Durchführung eines „automatisierten Screening-Verfahrens″

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt führte die Arbeitgeberin seit dem Jahr 2012 ein „automatisiertes Screening-Verfahren″ durch. In dessen Rahmen wird anlässlich der monatlichen Entgeltzahlungen mittels Einsatzes einer Screening-Software abgeglichen, ob die Vor- und Nachnamen der bei ihr beschäftigten Mitarbeiter mit denjenigen (vollständig oder teilweise) übereinstimmen, die in den Listen der sog. Anti-Terror-Verordnungen aufgeführt sind und fortlaufend aktualisiert werden.

So enthält etwa die auf Grundlage des Art. 2 Abs. 3 der EU-Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 erstellte Liste Personen, von denen die Gefahr terroristischer Aktivitäten ausgeht. Hier besteht ein sog. Bereitstellungsverbot hinsichtlich wirtschaftlicher Ressourcen; d.h. den aufgeführten Personen darf kein Geld und folglich auch kein Gehalt zur Verfügung gestellt werden. Vor diesem Hintergrund erfolgte bei der betroffenen Arbeitgeberin bei einer vollständigen oder teilweisen Übereinstimmung der Namen ihrer Mitarbeiter mit den anlässlich der Verordnung genannten Personen eine Information durch die Software und eine manuelle Abgleichung durch die Personalleitung. Stellte die Personalleitung dabei eine vollständige Übereinstimmung von Vor- und Nachnamen fest, wurde als Folge eine weitere Entgeltzahlung zugunsten des betroffenen Mitarbeiters eingestellt und die zuständige Behörde informiert.

Gegen dieses „automatisierte Screening-Verfahren″ brachten die Betriebsräte der Arbeitgeberin vor, dass das Verfahren der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bedürfe. In den ersten beiden Instanzen hatten sowohl das ArbG Magdeburg (Az. 7 BV 14/13 HBS) als auch das LAG Sachsen-Anhalt (Az. 4 TaBV 29/13) jedoch – ebenso wie das BAG – ein entsprechendes Mitbestimmungsrecht abgelehnt.

Mitbestimmung verlangt Einsatz einer technischen Einrichtung i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG

Das BAG hat hierzu in seinem Beschluss – in insoweit ständiger Rechtsprechung – ausgeführt, dass das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG darauf gerichtet sei, das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer vor einem Einsatz technischer Überwachungseinrichtungen zu schützen, der nicht durch schützenswerte Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt und der zudem unverhältnismäßig ist. Dies sei erforderlich, da aufgrund der Ermittlung und Aufzeichnung von Informationen über Arbeitnehmer bei der Durchführung ihres Arbeitsverhältnisses mittels technischer Vorrichtungen die Gefahr bestehe, dass diese „zum Objekt einer Überwachungstechnik″ gemacht würden, die anonym personen- oder leistungsbezogene Informationen verarbeitet.

Nach Auffassung des BAG sei daher im Rahmen des Mitbestimmungsrechtes nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Vorgang erforderlich, durch den Informationen über das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern in technischer Weise erhoben und – jedenfalls in der Regel – aufgezeichnet würden, um sie auch im Nachhinein einer Wahrnehmung zugänglich zu machen.

Elektronischer Namensabgleich vermittelt keine Aussage über Arbeitnehmerverhalten

Nach diesen Maßstäben sei der im streitigen Fall von der Arbeitgeberin vorgenommene Datenabgleich nach Auffassung des BAG jedoch keine mitbestimmungspflichtige Maßnahme. Dies beruhe darauf, dass der automatisierte bloße Namensabgleich nach Art und Inhalt gerade nicht dazu bestimmt sei, die Leistung oder das Verhalten des Arbeitnehmers zu überwachen.

Unter dem Begriff des „Verhaltens″ – der als Oberbegriff auch die „Leistung″ mit umfasse – sei ein vom Willen des Arbeitnehmers getragenes oder gesteuertes Tun oder Unterlassen zu verstehen. Ein Abgleich der Statusdaten der Arbeitnehmer mit denen der in den „Terrorlisten″ aufgeführten Personen vermittle lediglich eine Auskunft darüber, dass sich gegen sie eine Verbotsmaßnahme – nämlich das Bereitstellungsverbot – richte. Eine darüber hinausgehende Aussage über das betriebliche oder außerbetriebliche Verhalten des Arbeitnehmers hinsichtlich seines Arbeitsverhältnisses werde hingegen nicht getroffen.

Etwas anderes – so das BAG – folge auch nicht daraus, dass die Feststellung einer vollständigen oder teilweisen Übereinstimmung der Namen auch Auswirkungen auf die weitere Durchführung des Arbeitsverhältnisses haben könne. Es sei unschädlich und keine technische Verhaltenskontrolle, dass mithilfe von Informationen, die automatisiert mit dem „Screening″ verknüpft werden, erstmals ein Bezug zu einem möglichen Verhalten des Arbeitnehmers hergestellt werde.

BAG entscheidet damit zugunsten des Informationsbedarfes des Arbeitgebers

Das Spannungsverhältnis zwischen dem Informationsbedarf des Arbeitgebers und dem Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers rückt durch die stetig ansteigende Digitalisierung immer mehr in den Vordergrund. Neue Technik und mithin neue technische Überwachungsmöglichkeiten stellen für den Arbeitgeber in Bezug auf seinen Aufwand für die Deckung seines (berechtigten) Informationsbedarfes eine deutliche Erleichterung dar. Arbeitnehmer könnten hierin hingegen eine Gefährdung ihrer Persönlichkeitsrechte sehen. Dies gilt vor allem deshalb, weil der Einsatz technischer Kontrolleinrichtungen für den Arbeitnehmer oftmals nicht erkennbar und damit nicht abwehrbar ist und die durch die Überwachung gewonnenen Daten auf Dauer gespeichert und verarbeitet werden könnten.

Das BAG hat sich mit seinem Beschluss zu diesem Spannungsverhältnis geäußert. Dabei hat es das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer mangels Überwachung ihres Verhaltens im oder außerhalb des Betriebes als nicht hinreichend gefährdet angesehen und dem Informationsbedarf der Arbeitgeberin Vorrang eingeräumt. Bei einem bloßen Namensabgleich bedarf es daher – dem BAG zufolge – auch keiner Beteiligung des Betriebsrates.

Entscheidung ist begrüßenswert

Der Beschluss des BAG ist zu begrüßen. Er verdeutlicht, dass es einer Mitbestimmung des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nur bedarf, wenn die technische Einrichtung eine Verhaltensüberwachung ermöglicht. Die Erfassung und Speicherung sowie der Abgleich bloßer Statusdaten – wie Vor- und Nachnamen – lassen hingegen keine Rückschlüsse auf das Verhalten des Arbeitnehmers im Betrieb zu und können dessen Persönlichkeitssphäre daher nicht übermäßig berühren. Insofern ist es sachgerecht, das Interesse des Arbeitgebers an der Gewinnung bestimmter Informationen vorrangig zu berücksichtigen.

Im Zusammenhang mit den sog. Anti-Terror-Verordnungen ermöglicht die Entscheidung den Unternehmen, dem dort vorgesehenen Bereitstellungsverbot gerecht zu werden, indem eine zeitnahe Umsetzung des automatisierten Namensabgleichs – ohne Beteiligung des Betriebsrats – und ggf. eine unverzügliche Gehaltseinstellung erfolgen kann.

Tags: Betriebsrat Mitbestimmungspflicht Namensabgleich

Isabel Meyer-Michaelis