16. Mai 2014
Arbeitsrecht

Kündigung wegen Facebook-Post – rechtliche Situation bei „unternehmensschädigenden″ Äußerungen in sozialen Netzwerken

Kann ein Facebook-Beitrag mit Jobbezug zur Kündigung führen? Diese Frage entwickelt sich zum arbeitsrechtlichen Dauerbrenner. Nun liegt erstmals eine Gerichtsentscheidung zu der Frage vor, ob bei einer unerlaubten Veröffentlichung von arbeitsplatzbezogenen Bildern auf Facebook eine Kündigung gerechtfertigt ist (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. April 2014 – 17 Sa 2200/13; noch nicht veröffentlicht).

Rund 27 Millionen aktive Facebooknutzer gibt es derzeit in Deutschland, was bedeutet, dass Facebook derzeit das Netzwerk mit den meisten aktiven Nutzern und der höchsten Nutzungsfrequenz in Deutschland ist. Die überwiegende Anzahl der Besucher nutzt das soziale Medium, um Neuigkeiten über Freunde zu erfahren, deren Bilder anzuschauen oder persönlichen Kontakt aufzunehmen.

Zudem erstellen sie eigene Beiträge, posten Videos oder Bilder. Aus arbeitsrechtlicher Sicht sind solche Beiträge immer dann interessant, wenn diese einen Bezug zum Arbeitgeber aufweisen.

Patientenfotos im Facebookprofil

Die Klägerin wurde in einem Krankenhaus als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin beschäftigt. Zu ihren Tätigkeiten gehörte unter anderem die Betreuung eines Kindes auf der Kinderintensivstation, dessen Zwillingsschwester unmittelbar nach der Geburt verstorben war und dessen Mutter sich von ihm laut der Pressemitteilung des Gerichts „losgesagt″ hatte.

Die Klägerin veröffentlichte nun, ohne Einwilligung der Mutter, Fotos des Kindes auf ihrem Facebookprofil und kommentierte diese unter anderem mit dem Hinweis, dass die Zwillingsschwester verstorben ist. Nachdem ihr Arbeitgeber hierauf aufmerksam wurde, löschte die Klägerin die Bilder unmittelbar. Dennoch sprach das Krankenhaus eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung aus.

Persönlichkeitsrecht, Schweigepflicht und emotionale Bindung

Das LAG Berlin-Brandenburg sah in der Veröffentlichung der Bilder einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 2 BGB, der an sich die außerordentliche Kündigung rechtfertigen könne. Dies folge zum einen aus dem Umstand, dass die Bilder die Persönlichkeitsrechte des Kindes verletzen und die Klägerin durch die Veröffentlichung der Patientenbilder gegen ihre Schweigepflicht in erheblicher Weise verstoßen habe.

Zum anderen würdigt das Gericht aber auch in besonderem Maße die Umstände einer Veröffentlichung auf Facebook. So verletze die Veröffentlichung der Bilder in einem sozialen Netzwerk in besonderer Weise das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, da eine weitere Verbreitung der Bilder nicht kontrolliert werden könne.

Im Rahmen der Interessenabwägung stellt das LAG Berlin-Brandenburg jedoch fest, dass sowohl die außerordentliche als auch die hilfsweise ordentliche Kündigung unverhältnismäßig sei. Das Gericht berücksichtigt insoweit positiv, dass die Klägerin eine emotionale Bindung zum Kind aufgebaut habe und sowohl das Kind als auch die Beklagte letztlich nicht zu identifizieren gewesen seien.

Zudem sei das Kind durch die Veröffentlichung nicht bloß gestellt worden, diese sei vielmehr geeignet gewesen, den „Betrachter für das Kind einzunehmen″, so dass das Verhalten der Klägerin die Beklagte nur zum Ausspruch einer Abmahnung berechtigt. Die Revision an das BAG wurde nicht zugelassen.

Rechtliche Problematik bei „unternehmensschädigenden″ Äußerungen auf Facebook

Dieser Fall zeigt einmal mehr, wie risikoreich arbeitgeberbezogene Äußerungen auf Facebook sein können. Die Arbeitsgerichte prüfen im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung auf der ersten Stufe, ob ein wichtiger Grund vorliegt, der an sich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann.

Dies ist allgemein immer dann anzunehmen, wenn die Äußerung auf Facebook die Grenzen der an sich zulässigen Polemik oder Satire überschreitet und vom Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG nicht mehr gedeckt wird. Insbesondere unwahre Tatsachenbehauptungen oder sogenannte Schmähkritiken werden von der Meinungsfreiheit nicht mehr umfasst.

Weiterhin sind aber auch verschiedene Kriterien zu berücksichtigen, wie insbesondere die Art der Äußerung und der branchenübliche Umgangston. So können beispielsweise Hasspostings bei Facebook schnell zu einer Kündigung führen. Zwar kann der Arbeitnehmer nach ständiger Rechtsprechung des BAG in einem „vertraulichen Gespräch″ unter Arbeitskollegen grundsätzlich darauf vertrauen, dass seine Äußerungen nicht nach außen getragen werden. Eine Kündigung ist hier nicht gerechtfertigt, auch dann, wenn der vermeintlich vertrauenswürdige Gesprächspartner die Äußerung verbreitet.

Ob eine solche Vertraulichkeit besteht, ist bei Facebook abhängig vom Adressatenkreis der Äußerung. Nur dann, wenn die Äußerung in einer privaten Nachricht gesendet, in einer geschlossenen Facebookgruppe gepostet oder sogenannten „engen Freunden″ zugänglich gemacht wird, kommt eine entsprechende Vertraulichkeit in Betracht. Dies wird in der Praxis jedoch der Ausnahmefall bleiben.

Auf der zweiten Stufe müssen im Rahmen der Interessenabwägung neben den bekannten Kriterien, wie Alter und Betriebszugehörigkeit, vor allen Dingen die besonderen Umstände von Äußerungen auf Facebook berücksichtigt werden. Ob dies zu Gunsten oder zu Lasten des „Postenden″ geht, wird unterschiedlich beantwortet.

Facebook wirkt schwerer als persönliches Gespräch

Richtigerweise wird man davon ausgehen müssen, dass eine Äußerung auf Facebook schwerer wiegt als eine Äußerung in einem persönlichen Gespräch (so auch das ArbG Duisburg, Urteil vom 26. September 2012 – 5 Ca 949/12; anders LAG Hessen, Urteil vom 28. Januar 2013 – 21 Sa 715/12; vermittelnd insoweit LAG Hamm, Urteil vom 10. Oktober 2012 – 3 Sa 644/12).

Die Veröffentlichung auf Facebook hat eine Perpetuierungsfunktion, da der Post in der Regel für einen längeren Zeitraum auffindbar ist, kopiert werden kann und dadurch nachhaltig wirkt („das Internet vergisst nicht″). Zudem haben andere Nutzer die Möglichkeit, den Beitrag unmittelbar zu kommentieren und so der Äußerung eine stärkere Qualität zu verleihen.

Beweisproblem für den Arbeitgeber

Neben den angesprochenen rechtlichen Problematiken bestehen in der Praxis jedoch auch erhebliche Beweisprobleme für den Arbeitgeber. Arbeitnehmer können sich unter Umständen auf die Position zurückziehen, dass auch Dritte Zugang zu ihrem Account haben und sie daher nicht Urheber der Äußerung seien (so erfolgreich in ArbG Dessau-Roßlau, Urteil vom 21. März2012 – 1 Ca 148/11).

In der nun vorliegenden Entscheidung hatten sich die Arbeitsgerichte erstmals mit der Veröffentlichung von arbeitsplatzbezogenen Bildern auf Facebook zu beschäftigen, für die die oben genannten Grundsätze ebenfalls gelten. Allerdings bestand hier die Besonderheit, dass die Bilder zwar arbeitsplatzbezogen waren und den Patienten in seinem Persönlichkeitsrecht verletzten. Allerdings waren die Bilder nicht „unternehmensschädigend″, da sie keinerlei Bezug zum Arbeitgeber aufwiesen.

Social Media Guidelines

Unternehmen sollten Social Media Guidelines einführen, die den Umgang des Arbeitnehmers und auch des Arbeitgebers mit den sozialen Medien festlegen. Mit den Guidelines können nicht nur berufsbezogene Aktivitäten des Arbeitnehmers geregelt werden. Der Arbeitnehmer kann auch im Umgang mit sozialen Medien in seiner Freizeit sensibilisiert werden. Dies kann letztlich sogar Einfluss auf die Wirksamkeit einer möglichen Kündigung haben, da solche Umstände bei der Interessenabwägung Berücksichtigung finden können.

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