18. April 2019
Lohnpfändung Beendigung Arbeitsverhältnis
Arbeitsrecht

Lohnpfändung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Eine Lohnpfändung erfolgt oft im zeitlichen Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Für Arbeitgeber lauern hier Risiken.

Bereits dargestellt haben wir die Lohnpfändung im laufenden Arbeitsverhältnis. Dieser Beitrag betrifft den Fall, dass dem Arbeitgeber der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt wird und in diesem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis bereits gekündigt ist oder demnächst gekündigt werden soll.

Pfändung ist auch noch nach Kündigung möglich

Grundsätzlich gilt: Gläubiger können die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis auch pfänden, wenn das Arbeitsverhältnis bereits gekündigt ist.

Beispiel 1: Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer* am 4. April das Kündigungsschreiben ausgehändigt. Es handelt sich um eine ordentliche Beendigungskündigung. Da die Kündigungsfrist einen Monat zum Monatsende beträgt, endet das Arbeitsverhältnis am 31. Mai. Vorher, am 15. April, wird dem Arbeitgeber ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt. In diesem heißt es, gepfändet würden alle Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis.

In dem Beispiel erstreckt sich die Pfändung auf alle Ansprüche des Arbeitnehmers, die nach dem 15. April fällig werden (§ 832 ZPO). Enthält der Arbeitsvertrag keine abweichende Regelung, wird der Anspruch auf das Arbeitsentgelt am letzten Tag eines jeden Monats fällig (§ 614 BGB). Damit sind die pfändbaren Lohnbestandteile für April und Mai gepfändet.

Vergleich mit Arbeitnehmer ist trotz Pfändung möglich

Auch wenn eine Lohnpfändung vorliegt, kann der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer einen Vergleich schließen.

Beispiel 2: Der Arbeitnehmer aus dem Beispiel 1 erhebt Kündigungsschutzklage. Der Gütetermin findet, weil er wegen der allgemeinen Urlaubszeit mehrmals verlegt werden musste, erst am 3. August statt. Im Termin schließen Arbeitnehmer und Arbeitgeber einen Vergleich. Er sieht vor, dass die Kündigungsfrist um zwei Monate verlängert wird, das Arbeitsverhältnis also erst am 31. Juli geendet hat.

Dieser Vergleich ist problemlos möglich. Die Zustimmung des Gläubigers, der die Pfändung erwirkt hat, ist nicht erforderlich. Der Arbeitgeber sollte dem Gläubiger jedoch die Eckpunkte des Vergleichs mitteilen. Denn die Pfändung erstreckt sich auf alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, und durch den Vergleich sind neue Ansprüche hinzugekommen, nämlich zwei Monatsgehälter. Die Mitteilung des Arbeitgebers an den Gläubiger stellt eine Ergänzung seiner Drittschuldner-Auskunft dar.

Pfändungsfreibeträge gelten für jeden Monat

Ein Teil des Arbeitsentgelts ist unpfändbar. Nur der darüber hinaus gehende Betrag ist pfändbar. Die Pfändungsfreibeträge sollen gewährleisten, dass der Arbeitnehmer trotz der Pfändung noch so viel Geld erhält, um seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie zu bestreiten. Die Frage ist nun, wie die Pfändungsfreibeträge zu berechnen sind, wenn Gehalt für mehrere Monate als Einmalbetrag nachgezahlt wird.

Beispiel 3: Der Arbeitnehmer hat einen unterhaltsberechtigten Angehörigen. Aus seiner Brutto-Vergütung errechnet sich ein monatliches Netto-Gehalt von EUR 1.700. Nach dem Vergleich (oben Beispiel 2) werden im August die Gehälter für Juni und Juli in Höhe von insgesamt netto EUR 3.400 (zweimal EUR 1.700) ausgezahlt.

In solchen Fällen stehen Arbeitgeber oft vor der Frage, ob bei Berechnung des pfändbaren Betrages vom monatlichen Arbeitsentgelt oder von dem gezahlten Einmalbetrag auszugehen ist. Ginge man von dem Einmalbetrag aus, wären im Beispiel 3 (1 unterhaltsberechtigter Angehöriger, Einmalzahlung von netto EUR 3.400) EUR 2.480,25 unpfändbar und EUR 919,75 pfändbar. Dieser Berechnungsweise ist allerdings vom BGH eine Absage erteilt worden (Beschl. v. 25. Oktober 2012 – VII ZB 31/12; Beschl. v. 24. Januar 2018 – VII ZB 27/17): 

[Werden] Leistungen für mehrere Monate in einem Zahlbetrag zusammengefasst […], sind die Einzelbeträge […] für die Berechnung des pfandfreien Betrages dem Leistungszeitraum zuzurechnen, für den sie gezahlt werden.

Dies bedeutet, dass die pfändungsfreien Beträge für jeden Monat separat bestimmt werden müssen. Im Beispiel 3 ist also der Lohn für jeden Monat in einen unpfändbaren und einen pfändbaren Teil zu zerlegen. Von jedem Monatslohn von netto EUR 1.700 sind bei einem unterhaltsberechtigten Angehörigen EUR 1.630,25 unpfändbar und EUR 69,75 pfändbar.

Der Unterschied ist beachtlich: Bei dieser Berechnungsweise erhält der Gläubiger, der die Pfändung erwirkt hat, von zwei Monatslöhnen insgesamt nur EUR 139,50 (nämlich zweimal EUR 69,75). Nach der anderen Berechnungsweise erhielte er EUR 919,75.

Abfindung ist mitgepfändet

Wenn es im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss heißt, gepfändet würden alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, ist eine Abfindung mitgepfändet, auch wenn sie erst nach der Zustellung des Beschlusses vereinbart wird. Die Besonderheiten, die für die Abfindung gelten, werden wir demnächst in einem eigenen Blog-Beitrag darstellen.

Pfändung gilt auch für binnen neun Monaten begründetes neues Arbeitsverhältnis

Eine wichtige Vorschrift sollten Arbeitgeber kennen: Endet das Arbeitsverhältnis und begründen Arbeitnehmer und Arbeitgeber innerhalb von neun Monaten ein neues Arbeitsverhältnis, so erstreckt sich die Pfändung auch auf die Forderungen aus dem neuen Arbeitsverhältnis (§ 833 ZPO). Wurde das Arbeitsverhältnis beispielsweise nur beendet, um dem Arbeitnehmer eine Weltreise zu ermöglichen, und kehrt der Arbeitnehmer binnen neun Monaten zum Arbeitgeber zurück, lebt der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wieder auf.

*Gemeint sind Beschäftigte jeder Geschlechtsidentität. Lediglich der leichteren Lesbarkeit halber wird künftig bei allen Bezeichnungen nur noch die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Abwicklung Arbeitsverhältnis Beendigung Gehalt Lohn Pfändung Pfändungsfreibetrag