Mindestlohn Übersicht: Rechte und Pflichten für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer. Wir zeigen, worauf in der Praxis zu achten ist.
Das Mindestlohngesetz (MiLoG) ist seit Beginn des Jahres in Kraft. Jeden Arbeitgeber trifft die Pflicht, sicherzustellen, dass seine Arbeitnehmer mindestens mit 8,50 EUR / Stunden entlohnt werden. Dies gilt auch für Minijobber, Aushilfen und in der Regel auch für Praktikanten.
Die Einhaltung wird durch den Zoll überwacht, der hierfür weitreichende Kontrollrechte hat. Bei Verstößen drohen massive Sanktionen, die zu Bußgeldern von bis zu 500.000 EUR reichen können. Zudem besteht bei einer Mindestlohnunterschreitung das Risiko, dass Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt wurden.
Anlass genug, die Regelungen zum Mindestlohn in einer Übersicht darzustellen.
Mindestlohn gilt für alle Arbeitnehmer
Es gilt ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 EUR brutto / Stunde (§ 1 MiLoG). Der Mindestlohn lässt höhere tarifliche Mindestlöhne unberührt. Dabei kann sich die Bindung an die Tarifentgelte aus der beiderseitigen Verbandsmitgliedschaft ergeben (auf Seiten des Arbeitgebers im entsprechenden Arbeitgeberverband; auf Seiten der Arbeitnehmer kraft Mitgliedschaft bei Ver.di). Daneben kommen firmenbezogene Tarifverträge in Betracht oder solche, die kraft Allgemeinverbindlichkeit gelten (wie der Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sowie Tarifvertrag zur Entgeltfortzahlung Rheinland-Pfalz). Allgemeinverbindliche Entgelttarifverträge existieren aktuell im Einzelhandel nicht.
Erfasst werden alle Arbeitnehmer (§ 22 MiLoG) – einschließlich Aushilfen und Praktikanten. Praktikanten sind nur dann ausgenommen, wenn es sich um ein Pflichtpraktikum, ein Praktikum zur Orientierung oder ein begleitendes Praktikum handelt und dieses Praktikum maximal 3 Monate andauert, § 22 Abs. 1 MiLoG.
Ausgeschlossen vom Mindestlohn sind: Teilnehmer an einer Einstiegsqualifizierung oder Berufsvorbereitung nach den gesetzlichen Vorschriften; Kinder / Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung; Azubis; ehrenamtlich Tätige; Langzeitarbeitslose, die unmittelbar zuvor mindestens ein Jahr arbeitslos waren, für die ersten sechs Monate der Beschäftigung.
Berechnung des Mindestlohns – Vorsicht vor Mindestlohnunterschreitung
8,50 EUR pro Stunde: So einfach es klingt – Fragen ergeben sich im Detail:
Bei Monats- oder Jahresvergütungen ergibt sich das Einhalten erst, wenn die geleistete Arbeitszeit ins Verhältnis zur gewährten Vergütung gesetzt wird. Die Vergütung ist durch die im Vergütungszeitraum tatsächlich geleisteten Stunden zu teilen. Das Ergebnis muss mindestens 8,50 EUR brutto betragen.
Hat der Arbeitnehmer mehr gearbeitet als geplant, droht bei knapper Kalkulation der Monatsvergütung eine Mindestlohnunterschreitung. Dies gilt insbesondere bei sogenannten „Minijobbern″. Auch bei vereinbarter Vergütung von 450 EUR / Monat muss sichergestellt sein, dass bei Herunterbrechen der erbrachten Arbeitszeit mindestens 8,50 EUR pro Stunde gezahlt werden. Bei wiederholtem Ableisten von mehr Stunden kann es zum Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze im Sozialversicherungsrecht kommen. Das gilt übrigens selbst dann, wenn der Mindestlohn unter Verstoß gegen das MiLoG tatsächlich nicht gezahlt wird. Denn sozialversicherungspflichtiges Entgelt ist das, was der Mitarbeiter an Vergütung beanspruchen kann, nicht was ihm tatsächlich gezahlt wurde – sogenanntes Entstehensprinzip.
Zulagen werden für die Erreichung des Mindestlohns berücksichtigt, wenn nicht eine über die geschuldete Normalleistung hinaus gehendende Leistung vergütet wird. Hier ist vieles noch unklar. Von der Berücksichtigung ausgeschlossen sind z.B. Überstunden-, Schmutzzulagen, Akkord- und Qualitätsprämien.
Fälligkeit – bis wann muss spätestens gezahlt werden?
Der Mindestlohn ist spätestens am letzten Bankarbeitstag des Folgemonats zu zahlen – bei früherer vereinbarter Fälligkeit früher (§ 2 Abs. 1 S. 1 MiLoG). Bei Arbeitszeitkonten darf davon nur abgewichen werden, wenn die Arbeitszeitkonten schriftlich vereinbart sind und der Mindestlohnanspruch innerhalb von zwölf Monaten erfüllt wird (ggf. auch durch Freizeitausgleich), § 2 Abs. 2 S. 1 MiLoG. Es darf nicht mehr als 50 % der monatlichen Arbeitszeit auf das Arbeitszeitkonto eingestellt werden (§ 2 Abs. 2 S. 3 MiLoG).
Wegen der Fälligkeitsregelung dürften auch Einmalzahlungen sowie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld beim Mindestlohn nur eingeschränkt berücksichtigungsfähig sein – nämlich nur für den Fälligkeitszeitraum, in dem diese gezahlt werden. Konkret bedeutet dies z.B.: Wird das Weihnachtsgeld im November ausgezahlt, kann es für die Einhaltung des Mindestlohnes in den Monaten Oktober und November mit berücksichtigt werden – nicht darüber hinaus.
Dokumentationspflichten
Nach § 17 MiLoG bestehen neue Dokumentationspflichten. Zwar soll dies eine Lockerung der Dokumentationspflichten darstellen, doch geht diese ins Leere. Für alle „Minijobber″ muss der Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit spätestens bis zum Ablauf des siebten Kalendertages nach dem Arbeitstag aufgezeichnet werden. Diese Aufzeichnungen sind mindestens für zwei Jahre aufzubewahren.
Kontrolle und Folgen der Mindestlohnunterschreitung
Die Einhaltung der Zahlung von Mindestlohn sowie der formellen Dokumentationspflichten wird vom Zoll überwacht. Der Zoll kann zu diesem Zweck Kontrollen durchführen (§ 15 MiLoG i.V.m. mit dem SchwarzArbG). Er hat das Recht, Geschäftsräume zu betreten und dort Einsicht in Arbeitsverträge und andere Geschäftsunterlagen zu nehmen, die Auskunft über die Erfüllung der Verpflichtungen nach dem MiLoG geben können. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind verpflichtet, bei den Kontrollen mitzuwirken und insbesondere die Unterlagen vorzulegen.
Die Nicht- oder verspätete Zahlung des Mindestlohns ist bußgeldbewehrt. Das Bußgeld kann bis zu 500.000 EUR betragen (§ 21 Abs. 3 MiLoG). Wird der Mindestlohn unterschritten, kann dies zudem ein strafbares Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen darstellen. Denn der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers entsteht mindestens in der Höhe des Mindestlohns. Entsprechend fallen hierauf auch Sozialversicherungsbeiträge an. Werden diese vorsätzlich nicht abgeführt, erfüllt dies den Tatbestand der Veruntreuung von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB). Auch der Verstoß gegen die Dokumentationspflichten sowie gegen Mitwirkungspflichten bei Kontrollen des Zoll ist Bußgeld bewährt.
Auftraggeberhaftung (§ 13 MiLoG)
Jeder Auftraggeber haftet für Mindestlohnverstöße seiner Subunternehmer (§ 13 MiLoG i.V.m. § 14 AEntG). Zudem begeht der Auftraggeber eine Ordnungswidrigkeit, wenn er Werk- oder Dienstleistungen durch einen anderen Unternehmer in erheblichem Umfang ausführen lässt, obwohl er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass der Nachunternehmer den Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig gewährt (§ 21 Abs. 2 MiLoG).
Mindestlohn ist kein Nischenthema
Im vergangenen Jahr hat sich in der Praxis gezeigt, dass das Thema Mindestlohn in jeder Branche Einzug halten kann. Der EuGH hat bestätigt, dass der Mindestlohn ein Mindestmaß an sozialem Schutz garantieren soll. Wer sich fahrlässig nicht damit beschäftigt, riskiert hohe Strafen und Bußgelder.