Die Bundesregierung prüft, ob Minijobs insbesondere für Zweitverdiener in einer Ehe weiterhin steuerfrei bleiben. Ist der Minijob in Gefahr?
Minijobs sind in Deutschland sehr beliebt. Eine Vielzahl von Menschen nutzt die geringfügige Beschäftigung als Möglichkeit eines steuerfreien Hinzuverdienstes zu ihrem regulären Arbeitsentgelt. Andere gehen ausschließlich einer geringfügigen Beschäftigung nach.
Mit der Schaffung von steuerfreien Minijobs verfolgte der Gesetzgeber ursprünglich das Ziel, Arbeitnehmern die Möglichkeit zu geben, in eine sozialversicherungspflichtige Vollbeschäftigung zu gelangen. Anders als erhofft, haben sich die Minijobs aber nicht als Brücke in die Vollbeschäftigung entwickelt.
Nun stehen die Minijobs auf dem Prüfstand. Die Bundesregierung lässt derzeit untersuchen, ob die Minijobs – insbesondere für Zweitverdiener in einer Ehe – weiterhin steuerfrei bleiben sollen. Dazu hat der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) in seinem Ende April 2015 veröffentlichten Gutachten „Potenziale nutzen – mehr Fachkräfte durch weniger Arbeitsmarkthemmnisse″ Empfehlungen abgegeben.
Minijobs – Attraktiver Hinzuverdienst
Aus arbeitsrechtlicher Sicht unterscheidet sich ein geringfügig Beschäftigter (Minijobber) nicht von einem Arbeitnehmer, der in einem regulären Arbeitsverhältnis beschäftigt ist. Bei einem Minijob handelt sich um ein „normales″ Arbeitsverhältnis, lediglich mit Besonderheiten im sozialversicherungsrechtlichen Bereich. Auch bei geringfügiger Beschäftigung (§ 8 SGB IV) besteht – entgegen teilweise anders laufender Praxis – ein Anspruch auf bezahlten Urlaub, Kündigungsschutz, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie an Feiertagen etc.
Minijobs sind steuer- und sozialabgaben frei; sie unterliegen weder der Einkommenssteuer noch der Sozialversicherungspflicht (§ 7 SGB V, § 27 II SGB III). Ab einem Einkommen von 450,01 € liegt dagegen ein Arbeitsverhältnis in der sog. Gleitzone (sog. Midijob) vor, das sozialversicherungspflichtig ist.
Empfehlung des Beirats: Abschaffung der Steuerfreiheit für Minijobs von Zweitverdienern
Minijobs seien nach Aussage des Beirats insbesondere für Verheiratete interessant, die einer hohen Grenzsteuerbelastung unterliegen. Durch diese hohe Belastung sei es für die meisten Minijobber sehr unattraktiv in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung einzutreten. So überschreite das Nettoeinkommen eines Zweitverdieners im Bereich von 450,01 € bis 760,00 € brutto das Nettoeinkommen eines Minijobs nicht. Das Nettoeinkommen erhöhe sich erst (geringfügig, nämlich auf 790,00 € brutto) bei einer Verdreifachung der Arbeitsstunden. Deshalb bleibe es regelmäßig bei der ausschließlich geringfügigen Beschäftigung als Zweitverdiener. Diese „Fehlanreize″ kritisiert der Beirat, da hierdurch vor allem Frauen von einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung abgehalten werden würden. Männer nutzen den steuerfreien Minijob eher als Nebenverdienst neben einer Vollbeschäftigung.
Der Beirat empfiehlt daher eine Reform der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse und die Abschaffung der Steuerfreiheit für Minijobs von Zweitverdienern in einer Ehe.
Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht zu diesem Thema nur eine sehr vage Formulierung vor. Darin heißt es, man wolle „die Übergänge aus geringfügiger in reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erleichtern.″ Ein Tätigwerden noch in dieser Legislaturperiode erscheint daher zweifelhaft.
Unabhängig davon ist fraglich, ob mit der Abschaffung der Steuerfreiheit tatsächlich ein Anreiz geschaffen wird, in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung einzutreten oder die Abschaffung vielmehr dazu führt, dass Zweitverdiener in einer Ehe gar keiner Beschäftigung mehr nachgehen.
Änderungen durch das MiLoG – Minijob in Gefahr?
Seit Jahresbeginn ist ein Rückgang der Minijobs um 237.000 Stellen zu verzeichnen. Ein Zusammenhang mit der Einführung des Mindestlohngesetzes (MiLoG) zum 1. Januar 2015 ist dabei nicht gänzlich auszuschließen. Gehören steuerfreie Minijobs also bald der Vergangenheit an?
Seit der Einführung des MiLoG verdienen auch Minijobber 8,50 € und dürfen dementsprechend eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von ca. 12 Stunden nicht überschreiten. Daneben stellt das MiLoG diverse neue Anforderungen an Arbeitgeber.
Eine Neuerung betrifft die sehr weitgehende Dokumentationspflicht nach § 17 MiLoG, die auch für Minijobs gilt. Hiernach sind Arbeitgeber verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit geringfügig beschäftigter Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufzubewahren.
Zwar kündigte Arbeitsministerin Nahles erst am Dienstag an, dass die Dokumentationspflicht gelockert werden solle. Dem Minijob hilft dies jedoch nicht. Die Pflicht zur Aufzeichnung von Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit solle nämlich nur dann entfallen, wenn das regelmäßige monatliche Entgelt im letzten Jahr mindestens 2.000 € brutto betragen habe.
Verstößt der Arbeitgeber gegen seine Dokumentationspflichten, so liegt hierin eine Ordnungswidrigkeit (§ 21 I Nr. 7, 8 MiLoG), wofür eine Geldbuße von bis zu 30.000 Euro vorgesehen ist. Um den Änderungen durch das MiLoG gerecht zu werden, ist es für Arbeitgeber empfehlenswert, die Arbeitsverträge mit Minijobbern – entgegen der bisherigen Praxis – schriftlich zu schließen. Damit kann im Falle von Überprüfungen durch die Behörden der Zollverwaltung nachgewiesen werden, dass die Regelungen des MiLoG eingehalten wurden.
Fazit und Hinweis für die Praxis
Es bleibt abzuwarten, ob die Tage der steuerfreien Minijobs tatsächlich gezählt sind. Zumindest in naher Zukunft werden sie noch Bestand haben.
Ein weiterer Rückgang aufgrund des MiLoG ist gleichwohl nicht auszuschließen. Arbeitgeber müssen den geänderten Bedingungen aufgrund der Einführung des Mindestlohns Rechnung tragen. Eine lückenlose Dokumentation ist aufwendig, verhindert aber Sanktionen.
Sollte sich die Bundesregierung tatsächlich für eine Abschaffung der Steuerfreiheit für Minijobs von Zweitverdienern entscheiden, könnte dies einen weiteren Rückgang dieser Beschäftigungsform bedeuten. Zweifelhaft bleibt, ob die Abschaffung der Steuerfreiheit für Minijobs tatsächlich eine Beseitigung von Arbeitsmarkthemmnissen ist oder nicht vielmehr dazu führt, dass Zweitverdiener in einer Ehe überhaupt keiner Beschäftigung mehr nachgehen. Der aktuelle Koalitionsvertrag ist diesbezüglich allerdings zu vage formuliert, als das mit einer Entscheidung der Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode zu rechnen wäre.