2. Juni 2016
AÜG
Arbeitsrecht

Reform des AÜG – ein letzter außerparlamentarischer Akt!

Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Missbrauchs bei Zeitarbeit und Werkverträgen beschlossen. Inkrafttreten Anfang 2017 zu erwarten.

Wir haben zuletzt bereits ausführlich über die am 10. Mai 2016 getroffene Verständigung im Koalitionsausschuss zur Reform des Fremdpersonaleinsatzes berichtet.

Der jetzt am 1. Juni 2016 beschlossene Gesetzentwurf (in der Fassung vom 20. Mai 2016) sieht neben der Umsetzung der im Koalitionsausschuss am 10. Mai 2016 abstimmten Änderungen noch einige weitere, im Ergebnis sicherlich überraschende Anpassungen vor, die nachfolgend zusammengefasst werden sollen:

Höchstüberlassungsdauer = arbeitnehmerbezogen

In § 1b AÜG-E wird ein weiterer Satz aufgenommen, nämlich wörtlich:

„Der Entleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate tätig werden lassen.″

Durch diese ergänzende Regelung wird nochmals auf die grundsätzlich geltende Höchstüberlassungsdauer verwiesen, aber gleichzeitig klargestellt, dass diese arbeitnehmer- und nicht arbeitsplatzbezogen zu verstehen ist.

Der einzelne Zeitarbeitnehmer darf nicht ununterbrochen 18 Monate von dem Kunden beschäftigt werden; diesem ist es aber nicht verwehrt, einen Zeitarbeitnehmer bis zu 18 Monate auf einem Arbeitsplatz einzusetzen, um diesen dann gegen einen anderen zu überlassenden Mitarbeiter auszutauschen.

„Festhaltenserklärung″

Die sog. „Festhaltenserklärung″ des Zeitarbeitnehmers verhindert die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zu dem Kunden, wenn z.B. die Höchstüberlassungsdauer nicht eingehalten wird. Es wird klargestellt, dass diese Erklärung erst abgegeben werden kann, wenn die dafür maßgebliche Frist von 1 Monat bereits angelaufen ist.

Der Gesetzgeber möchte auf diese Art klarstellen, dass insbesondere bereits im Vorfeld vor dem Einsatz abgegebene „Vorratserklärungen″ der Zeitarbeitnehmer nicht wirksam sind. Es entspricht – so heißt es in der Gesetzesbegründung – dem Gedanken des Arbeitnehmerschutzes, dass die Erklärung erst während des Laufs der Monatsfrist und damit in Kenntnis des neuen Vertragspartners (hier: des Kunden) abgegeben werden kann.

Arbeitskampf: Einsatzverbot und Leistungsverweigerungsrecht

Neben dem grundsätzlichen Einsatzverbot von Zeitarbeitnehmern im Arbeitskampf beim Kunden findet sich im überarbeiteten Gesetzesentwurf nunmehr auch das bereits bekannte und in der bisher gültigen Fassung des AÜG enthaltene Leistungsverweigerungsrecht des Zeitarbeitnehmers wieder. Dieser ist danach nicht verpflichtet, bei einem Kunden tätig zu werden, soweit dieser unmittelbar von einem Arbeitskampf betroffen ist.

Die Ergänzung ist dem Umstand geschuldet, dass das vormals im Gesetzesentwurf absolut formulierte Einsatzverbot während eines Streiks beim Kunden inzwischen „aufgeweicht″ wurde. Wenn zulässigerweise während eines Arbeitskampfes eine Überlassung stattfinden kann, soll der Zeitarbeitnehmer – so wohl die Denke des Gesetzgebers – dazu aber immerhin nicht gezwungen werden können.

Neuer Bußgeldtatbestand

Es soll nun auch der Verstoß gegen die fehlende, nicht richtige oder nicht rechtzeitige Konkretisierung der zu überlassenden Personen bußgeldbewehrt sein (bis zu EUR 30.000). Dies kann insbesondere bei dem kurzfristigen Austausch von Zeitarbeitnehmern, z.B. aufgrund einer Krankheit, zu praktischen Umsetzungsschwierigkeiten und einem weiteren nicht unerheblichen Organisationsaufwand führen.

Inkrafttreten für Anfang 2017 geplant

Der Kabinettsbeschluss vom 1. Juni 2016 ist zunächst der letzte außerparlamentarische Akt. Nunmehr wird das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren angestoßen. Es dürfte davon auszugehen sein, dass sich der Bundestag im September/Oktober 2016 mit dem Gesetz befassen wird, bevor es im November 2016 dem Bundesrat vorgelegt wird. Sollte der Zeitplan eingehalten werden, könnten die geplanten Änderungen – wie bisher vorgesehen – am 1. Januar 2017 in Kraft treten.

Ob es im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu zeitlichen Verzögerungen kommen wird, die auch eine Verschiebung der Umsetzung nach hinten auf den 1. April 2017 oder gar den 1. Juli 2017 erforderlich machen könnten, ist gegenwärtig nicht sicher vorherzusagen. Inhaltlich bleibt zu hoffen, dass es weitere Änderungen an dem Gesetzesvorhaben geben wird. Ob sich der „Strucksche Grundsatz″, dass kein Gesetz den Bundestag so verlässt, wie es hereingekommen ist, bleibt abzuwarten.

Über die weiteren Entwicklungen werden wir selbstverständlich berichten.

Update: Die AÜG-Reform passiert den Bundestag – mit einigen Änderungen auf der Zielgerade!

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