12. Mai 2022
Arbeitsvertrag Trainer Entlassung Erfolg
Arbeitsrecht

„Trainerentlassung“ wegen Erfolglosigkeit

Werden Trainer wegen Erfolglosigkeit von ihrem Amt entbunden, stellt dies nur in seltenen Fällen eine „Entlassung“ im arbeitsrechtlichen Sinne dar.

Es ist im professionellen Mannschaftssport keine Seltenheit, dass Trainer* vor dem eigentlich vereinbarten Vertragsende „entlassen“ werden, wenn sie nicht den sportlichen Erfolg erreichen, den der Club von ihnen erwartet – oder besser: erhofft. So trennte sich zuletzt der Bundesliga-Erstligist Hertha BSC von seinem Trainer Tayfun Korkut, nachdem dieser in 13 Spielen nur magere 9 Punkte holen konnte. 

Sowohl im Fall „Korkut“ als auch im Allgemeinen wird der Vorgang, durch welchen der erfolglose Trainer von seinen Aufgaben entbunden wird, oftmals als „Trainerentlassung“ bezeichnet. Dies führt, wie im Folgenden gezeigt wird, häufig zu dem Trugschluss, dass das zwischen Trainer und Club bestehende Arbeitsverhältnis durch die beschriebene Maßnahme einseitig vonseiten des Clubs beendet wird.

EuGH: „Entlassung“ meint jede vom Arbeitnehmer nicht gewollte, also ohne seine Zustimmung erfolgte Beendigung des Arbeitsvertrags

Nicht nur im allgemeinen Sprachgebrauch, sondern auch bei Zugrundelegung einer juristischen Verständnisweise ist unter dem Begriff der Entlassung ausschließlich die einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zu verstehen.

So definiert etwa der Europäische Gerichtshof (EuGH) den Begriff der Entlassung im Kontext des kündigungsschutzrechtlichen Massenentlassungsverfahrens als jede „vom Arbeitnehmer nicht gewollte, also ohne seine Zustimmung erfolgte, (sic!) Beendigung des Arbeitsvertrags“ (EuGH, Urteil v. 11. November 2015 – C-422/14). Das bedeutet im Umkehrschluss: Andere rechtliche Maßnahmen, die sich auf das Arbeitsverhältnis dergestalt auswirken, dass der Trainer von dem Club nicht weiter beschäftigt werden muss, stellen keine Entlassung im rechtlichen Sinne dar.

Einseitige Beendigung des Arbeitsvertrags in aller Regel nicht möglich

Nimmt man die geläufige Bezeichnung „Trainerentlassung“ also wörtlich, müsste die Maßnahme des Clubs, aufgrund welcher der Trainer künftig nicht weiterbeschäftigt werden soll, folglich zur Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrags führen. 

Dies wiederum ist unter rechtlichen Gesichtspunkten nur in Ausnahmefällen denkbar. Werden Arbeitsverträge – wie dies auch bei Trainerverträgen üblicherweise der Fall ist – auf bestimmte Zeit und damit befristet abgeschlossen, sind diese nur dann ordentlich kündbar, wenn eine entsprechende Kündigungsmöglichkeit einzelvertraglich oder in einem anwendbaren Tarifvertrag geregelt ist (§ 15 Abs. 3 TzBfG). Da im professionellen Mannschaftssport bislang keine Tarifverträge gelten und auch die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung aufgrund der im Profisport bestehenden Interessenlage typischerweise nicht vertraglich vereinbart wird, können Trainerverträge in aller Regel nicht ordentlich gekündigt werden.

Das mit dem Trainer bestehende Arbeitsverhältnis könnte zwar immer noch durch fristlose Kündigung aus wichtigem Grund beendet werden. Eine solche setzt aber voraus, dass Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zu dem vereinbarten Beendigungstermin nicht zugemutet werden kann (§ 626 Abs. 1 BGB). In diesem Zusammenhang wird von der Rechtsprechung zwar anerkannt, dass ein solcher „wichtiger Grund“ auch vorliegen kann, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer vorsätzliche „Schlechtarbeit“ leistet (vgl. LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 16. Mai 2007 – 6 Sa 441/06). Das bloße Ausbleiben sportlichen Erfolgs bei ansonsten ordnungsgemäßer Arbeitsleistung wird man hierunter jedoch nicht fassen können.

„Entlassung“ regelmäßig bloße Freistellung von der Arbeitspflicht

Kann ein Club den bei ihm angestellten Trainer im Falle des Ausbleibens des sportlichen Erfolgs (wie üblich) nicht kündigen und will er den Trainerposten dennoch umgehend neu besetzen, ist es gängige Praxis, dass er den Trainer von seiner vertraglichen Pflicht, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, freistellt. Der Club verzichtet damit auf die Arbeitsleistung des Trainers.

Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass die Freistellung von Arbeitnehmern mangels gesetzlicher Grundlage nicht ohne Weiteres zulässig ist. Es verhält sich vielmehr so, dass aus dem Arbeitsverhältnis nicht nur die Pflicht des Arbeitnehmers folgt, seine Arbeitsleistung für den Arbeitgeber zu erbringen, sondern darüber hinaus auch das Recht, von dem Arbeitgeber beschäftigt zu werden. Daher bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für die Freistellung grds. einer wirksamen arbeitsvertraglichen Vereinbarung. Liegt eine solche nicht vor, ist eine Freistellung nur dann möglich, wenn der Arbeitgeber ein besonderes schutzwürdiges Interesse an der Freistellung hat, das die Interessen des Arbeitnehmers an der Beschäftigung überwiegt (BAG, Urteil v. 17. Dezember 2015 – 6 AZR 186/14). Ist auch das nicht der Fall, muss der Arbeitgeber den betreffenden Arbeitnehmer weiterbeschäftigen, was aus Arbeitgebersicht insbesondere dann ungünstig ist, wenn eine Stelle – wie etwa die des Chef-Trainers – nur einmal besetzt werden kann bzw. soll.

Vor diesem Hintergrund sind Clubs gut beraten, sich vertraglich die Möglichkeit einräumen zu lassen, den Trainer von seiner Arbeitspflicht freizustellen, wenn unter Berücksichtigung des Beschäftigungsinteresses des Trainers ein überwiegendes Interesse des Clubs an einer Freistellung des Trainers vorliegt. Dies dürfte u.a. auch dann der Fall sein, wenn der sportliche Erfolg des Trainers ausbleibt. Hierfür spricht insbesondere die vom Leistungssport charakteristisch geprägte Eigenart der Arbeitsleistung des Trainers. Diese ist zwar nicht inhaltlich erfolgsgeprägt, da der Trainer als Arbeitnehmer keinen konkreten Erfolg, sondern lediglich die vertraglich vereinbarte Tätigkeit als solche schuldet. Bleibt jedoch der Erfolg auf sportlicher Ebene aus, kann hierdurch gleichwohl ein schutzwürdiges und i.d.R. überwiegendes Interesse des Clubs begründet werden, auf die Arbeitsleistung des Trainers vor Vertragsende im Wege der Freistellung zu verzichten.

Vergütung muss im Falle der Freistellung fortgezahlt werden

Stellt der Club den Trainer frei, gerät er mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug, ohne dass der Trainer seine Arbeitsleistung nochmals gesondert anbieten müsste (§ 297 BGB). Dies hat insbesondere zur Folge, dass der Club die Vergütung des Trainers fortzuzahlen hat, obwohl dieser seine Arbeitsleistung nicht mehr erbringt bzw. erbringen muss (§ 615 S. 1 BGB). Praktisch bedeutet dies, dass der freigestellte Trainer für die gesamte Restdauer des Vertrags von dem Club weiter zu vergüten ist, sofern nicht einvernehmlich eine frühere Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart wird (Näheres dazu unten).

Freistellung wirkt sich im Übrigen nicht auf Arbeitsvertrag aus

Im Übrigen wirkt sich die Freistellung nicht auf den Arbeitsvertrag und die darin getroffenen Regelungen aus. Welche Folgen dieser rechtliche Umstand haben kann, erfährt aktuell der FC Schalke 04. So führt dessen kürzlich besiegelter (Wieder‑)Aufstieg in die Fußball-Bundesliga dazu, dass sich der mit dem seit März 2022 freigestellten Trainer Dimitros Grammozis bestehende und eigentlich zum Ende der Saison 2021/22 auslaufende Arbeitsvertrag nicht nur um ein weiteres Jahr verlängert, sondern sich das zu zahlende Gehalt laut Medienberichten ab der neuen Saison von EUR 600.000 auf EUR 1,8 Mio. erhöht. 

„Zurückholen“ des Trainers rechtlich unter Umständen möglich

Abhängig von der verbleibenden Vertragsdauer kann die Freistellung eines Trainers für den Club teuer werden. Vor diesem Hintergrund könnte man die Überlegung anstellen, ob der Club den freigestellten Trainer vor Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit nicht wieder in seine Dienste zurückbeordern könnte. Dies könnte für den Club insbesondere dann interessant sein, wenn auch der Nachfolger nicht den erhofften Erfolg bringen konnte und man etwa aus Kostengründen nicht noch einen dritten Trainer unter Vertrag nehmen möchte.

Die Antwort auf die Frage lautet wie so oft: Es kommt darauf an – konkret auf die Art und Weise der Freistellung. Ist der Trainer nur widerruflich freigestellt, ist es dem Club rechtlich durchaus möglich, den Trainer – ggf. unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist – zurück auf die Trainerbank zu holen und seine Arbeitsleistung für die restliche Dauer der vereinbarten Vertragslaufzeit in Anspruch zu nehmen. Erfolgt die Freistellung, wie dies angesichts der praktischen Handhabung im Profisport der Regelfall sein dürfte, hingegen unwiderruflich, kann der Club den Trainer nicht wieder aus der Freistellung „zurückholen“.

Mögliche Alternative: Einvernehmliche Beendigung des Arbeitsvertrags

Das im Falle des Ausbleibens des sportlichen Erfolgs verfolgte Ziel des Clubs, den Trainer künftig nicht weiter beschäftigen zu müssen, kann auch dergestalt erreicht werden, dass sich die Arbeitsvertragsparteien – in aller Regel gegen Zahlung einer Abfindung – im Rahmen eines Aufhebungsvertrags auf die vorzeitige Beendigung des Arbeitsvertrags einigen.

Inwieweit von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, hängt im Profisport allerdings stark vom Einzelfall und von den Interessen der Arbeitsvertragsparteien ab. Der Trainer wird der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses angesichts der fehlenden Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung i.d.R. nur dann zustimmen, wenn sich ihm entweder eine neue Trainerstelle bietet, deren Beginn sich mit der Vertragsdauer des aktuellen Vertrags überschneidet, und er daher selbst frühzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden möchte oder ihm eine Abfindung gezahlt wird, deren Höhe der Restvergütung samt hypothetischer Prämien bis zum vereinbarten Befristungsende entspricht. Ob in letzterem Fall auch der Club zur Vertragsaufhebung bereit wäre, ist wiederum fraglich, da dies für ihn wirtschaftlich wenig interessant ist – müsste er diese Kosten doch „sowieso“ tragen. 

Besteht vonseiten des Trainers (ggf. vorerst) kein Interesse an der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, bleibt dem Club im Falle des Ausbleibens des sportlichen Erfolgs (ggf. zunächst) nur die Möglichkeit, den Trainer von seiner Pflicht zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der geschuldeten Vergütung freizustellen. Dass dies unter Umständen zu erheblichen und im Ergebnis mangels Gegenleistung unwirtschaftlichen Ausgaben führen kann, liegt auf der Hand, ist aber keine Seltenheit. So hatte etwa der Hamburger SV im Jahr 2018 zwischenzeitlich sogar vier Trainer gleichzeitig auf seiner Gehaltsliste.

Bei Vertragsgestaltung sollte besonderes Augenmerk auf Freistellungsklausel gelegt werden

Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass es sich bei der oftmals so bezeichneten „Entlassung“ eines Trainers aufgrund ausbleibenden sportlichen Erfolgs in aller Regel nicht um eine Entlassung im Rechtssinne handelt. Vielmehr wird der betreffende Trainer unter Fortzahlung der Vergütung von seiner Arbeitspflicht bis zum vereinbarten Beendigungstermin freigestellt, sofern das Arbeitsverhältnis nicht zuvor durch einen Aufhebungsvertrag einvernehmlich beendet wird. Da die Freistellung des Trainers in diesem Fall häufig auch die einzige Reaktionsmöglichkeit der Clubs ist, sollten diese vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei der Aushandlung und Gestaltung von Trainerverträgen ein besonderes Augenmerk auf die aus Arbeitgebersicht in jedem Fall aufzunehmende Freistellungsklausel legen.

Dieser Beitrag wurde unter Mitwirkung der Praktikantinnen Carina Ribeiro Marques und Clara Reinhart verfasst.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Lediglich der leichteren Lesbarkeit halber wird künftig bei allen Bezeichnungen nur noch die grammatikalisch männliche Form verwendet.

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