19. Juli 2017
Umstrukturierung Arbeitsrecht
Arbeitsrecht

Arbeitsrechtliche Besonderheiten bei Umwandlungen

Bei der Umwandlung sind nicht nur gesellschaftsrechtliche Vorgaben zu beachten. Auch das Arbeitsrecht spielt eine ausschlaggebende Rolle. Erfahren Sie mehr.

Die gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung eines Unternehmens hat regelmäßig Auswirkungen auf die im Unternehmen Beschäftigten. Die Intensität der Auswirkung kann allerdings variieren. Gesellschaftsrecht und Arbeitsrecht sind bei Umwandlungen daher – einmal mehr – eng verbunden.

Entscheidend ist, dass bei der Betrachtung der Auswirkungen einer Umwandlung stets bedacht wird, dass die Umwandlung als gesellschaftsrechtlicher Vorgang grundsätzlich die Unternehmensebene betrifft. Die zugleich gegebenenfalls vorliegende Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG berührt allerdings die Betriebsebene. Zwar liegen häufig beide Maßnahmen gleichzeitig vor, zwingend ist dies jedoch nicht.

Umwandlungsplan muss dem Betriebsrat zugeleitet werden

Zu Beginn soll die Beteiligung des Betriebsrats stehen. Gerade diesbezüglich ist es entscheidend, zwischen Unternehmen und Betrieb zu unterscheiden. Es ist ohne weiteres denkbar, dass ein Unternehmen eine Umwandlung vollzieht, die die Betriebsstruktur nicht berührt. So etwa bei der Spaltung eines Unternehmens ohne gleichzeitige Spaltung der einzelnen Betriebe.

Ebenso sei vorweggenommen, dass nicht alle Unternehmen durch einen oder mehrere Betriebsräte mitbestimmt sind. Um ein umfassendes Bild zu geben, wird vorliegend von einem mitbestimmten Betrieb und einer Auswirkung der Umwandlung auf die Betriebsstruktur ausgegangen.

Der Umwandlungsvertrag/-plan bzw. sein Entwurf sind den zuständigen Betriebsräten in den beteiligten Unternehmen einen Monat vor dem endgültigen Beschluss der Anteilseigener über die Umwandlung zuzuleiten. Der Nachweis über die Zuleitung ist als Anlage der Anmeldung zum Handelsregister beizufügen und zwingende Voraussetzung für die Eintragung.

Die Zuständigkeit der Betriebsräte folgt dabei den allgemeinen Regeln des BetrVG. Das heißt, der Gesamtbetriebsrat (sofern ein solcher besteht) ist wegen der Auswirkungen auf mehrere oder alle Betriebe des Unternehmens regelmäßig der richtige Adressat. Unsicherheit besteht demgegenüber bezüglich der Beteiligung des Konzernbetriebsrats. Diese Unsicherheit kann in der Praxis gegebenenfalls dadurch umgangen werden, dass die Zuleitung an alle potentiell zu beteiligenden Betriebsräte mit Ausnahme des Europäischen Betriebsrats erfolgt.

Kein Verzicht auf die Zuleitung möglich

Der Betriebsrat kann auf diese Zuleitung nicht verzichten, wohl aber auf die Einhaltung der Monatsfrist, was allerdings schriftlich und ausdrücklich erfolgen muss. Besteht in einem Unternehmen kein Betriebsrat, so entfällt die Zuleitungspflicht.

Um der Zuleitungspflicht zu genügen, reicht es nicht aus, den arbeitsrechtlichen Mindestinhalt des Umwandlungsvertrages oder -plans gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG, die Beschreibung der Auswirkung der Umwandlung auf die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen sowie die insoweit vorgesehenen Maßnahmen, zuzuleiten. Vielmehr müssen die Gremien den vollständigen Entwurf samt Anlagen erhalten.

Die Zuleitung ersetzt nicht die Unterrichtung der Mitarbeiter, sofern die Umwandlung auch einen Betriebsübergang darstellt. Die Informationen in beiden Darstellungen sollten jedoch dringend aufeinander abgestimmt sein. So können die Unwirksamkeit beider Informationen vermieden werden.

Auswirkungen auch auf das Betriebsratsmandat

Der Betriebsrat ist von der übertragenden Umwandlung jedoch in der Regel noch unmittelbarer betroffen als nur durch das Zuleitungsrecht des zugrundeliegenden Vertrages.

Hat die Umwandlung Auswirkungen auf den Betrieb, besteht damit auch die von einem Betriebsrat vertretene Einheit nicht fort. Der übertragene Teil eines Betriebes wird von einem maximal sechs Monate andauernden Übergangsmandat des bisherigen Betriebsrates gem. § 21a BetrVG betreut. Allerdings nur sofern er selbst betriebsratsfähig ist und nicht in einen bestehenden Betrieb, der wiederum mitbestimmt ist, eingegliedert ist.

Das Übergangsmandat kann durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung um weitere sechs Monate verlängert werden. Der verbleibende Betriebsteil wird dagegen weiterhin vom bestehenden Betriebsrat mitbestimmt, sofern auch er betriebsratsfähig bleibt. Andernfalls kommt in beiden Fällen nur ein Restmandat gem. § 21b BetrVG in Betracht, welches nur auf die Abwicklung der Übertragung ausgerichtet ist. Neben der Betriebsratsfähigkeit ist darauf abzustellen, ob die Identität des Betriebes durch die beispielsweise Abspaltung oder aber durch die Aufnahme eines Betriebsteils erhalten bleibt.

Beide Varianten sind endlich und auf die Wahl eines neuen Betriebsrats für die neue Unternehmensstruktur ausgerichtet.

Weitergeltung von kollektivrechtlichen Regelungen

Durch den Übergang der Arbeitsverhältnisse auf einen anderen Rechtsträger nach dem Umwandlungsgesetz verlieren die vor der Umstrukturierung geltenden kollektivrechtlichen Regelungen wie Betriebsvereinbarungen nicht immer ihre Wirkung. Auch hier wird auf die Wahrung der Identität des Betriebsteils abgestellt, der durch die Übertragung einem anderen Unternehmen zugeordnet wird. Bewahrt der Betrieb oder Betriebsteil seine Identität, so gelten nach der Rechtsprechung auch die Betriebsvereinbarungen als solche weiter.

Neben der Weitergeltung nach dem Umwandlungsgesetz kommt auch die Fortgeltung im Rahmen eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB in Betracht. Sofern dessen Voraussetzungen vorliegen, gelten die Betriebsvereinbarungen in der Regel kollektivrechtlich im übergegangenen Arbeitsverhältnis weiter. Dazu muss allerdings der übergehende Betriebsteil seine Identität bewahren.

Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse – § 613a BGB bleibt unberührt

Wie bereits angedeutet, wird mit einer übertragenden Umwandlung häufig auch ein Betriebsübergang oder ein Betriebsteilübergang gem. § 613a BGB verbunden sein. Ausdrücklich normiert für diese Fälle das Umwandlungsgesetz in der Rechtsgrundverweisung des § 324 UmwG, dass die Regelungen des § 613a BGB unberührt bleiben.

Ist im Umwandlungsvertrag oder -plan auch bestimmt, dass einzelne Arbeitsplätze, die keinen Betrieb oder Betriebsteil bilden, übergehen sollen, so geschieht dies auf einzelvertraglicher Basis. Beide Vorgänge haben Auswirkungen auf die Arbeitnehmer. Diese sind im Pflichtteil des Umwandlungsvertrages bzw. Umwandlungsplans darzustellen.

Kündigungsregelungen dürfen sich für zwei Jahre nicht verschlechtern

Darüber hinaus bestimmt § 323 UmwG, dass sich die kündigungsrechtliche Stellung eines Arbeitnehmers durch die Übertragung seines Arbeitsverhältnisses für zwei Jahre nicht verschlechtert. Bei aller Diskussion über die Bedeutung der „kündigungsrechtlichen Stellung″ besteht jedenfalls darüber Einigkeit, dass der Schutz, der sich aufgrund der Betriebsgröße aus dem Kündigungsschutzgesetz ergibt, unabhängig von der Größe des aufnehmenden Betriebes für zwei Jahre erhalten bleibt. Dies wirkt sich insbesondere auf das Erfordernis der sozialen Rechtfertigung einer Kündigung aus.

Auch hier sei der bereits zuvor genannte Hinweis erlaubt, dass es sich anbieten kann, Betriebsstrukturen bereits vor der Maßnahme so herauszuarbeiten, dass bestimmte Arbeitnehmer einen Betriebsteil bilden. Der Übergang einzelner Mitarbeiter kann ebenso unabhängig von und zeitlich vor der Umwandlung selbst geschehen.

Längere Haftung der beteiligten Rechtsträger

Die Haftungsregelung im Umwandlungsrecht sehen eine erhebliche Verlängerung der Haftung des übertragenden Rechtsträgers im Gegensatz zu der Regelung der Haftung im bloßen Betriebsübergang gem. § 613a BGB vor. Diese längere Haftung ist daher – sofern anwendbar – vorrangig.

Der übertragende Rechtsträger haftet gesamtschuldnerisch, also mit dem übernehmenden Rechtsträger gemeinsam für alle vor der Übertragung begründeten Verbindlichkeiten, die innerhalb von fünf Jahren nach der Übertragung fällig werden (§ 133 UmwG). Für Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung verlängert sich diese Haftung sogar auf zehn Jahre.

Handlungsempfehlung – frühzeitige Planung verspricht reibungslosen Ablauf

Wegen der vielfältigen Abgrenzungsfragen empfiehlt es sich, vor dem Beginn einer geplanten Umstrukturierung mit Ihren Beratern zu sprechen. Hierbei beginnt der Beratungsbedarf häufig bereits vor der unternehmerischen Entscheidung. Die Besonderheiten der Haftung sind bei der Prüfung der beteiligten Unternehmen von großer Bedeutung. Arbeitsrecht und Gesellschaftsrecht tragen hier durch frühzeitige gemeinsame Planung maßgeblich zum Erfolg der Umstrukturierung bei.

Unsere Beitragsreihe stellt wichtige Aspekte rund um das Umwandlungsrecht nach dem UmwG vor. Hier zeigen wir die Möglichkeiten einer Unternehmensumstrukturierung auf, stellen einzelne Aspekte heraus, schildern Herausforderungen und skizzieren die ein oder andere Lösungsidee. Bisher erschienen ist ein Überblick über die umwandlungsrechtliche Verschmelzung, ein Beitrag zum Verschmelzungsvertrag sowie zum Formwechsel. Weiter haben wir die Möglichkeiten im Rahmen einer Unternehmensspaltung, die partielle Gesamtrechtsnachfolge sowie den Ablauf einer Spaltung erläutert. Zuletzt sind wir auf die Schlussbilanz und die Besteuerung von Umwandlungen eingegangen.

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