27. November 2012
Arbeitsrecht

Up in the Air? Oder: Zur Bodenständigkeit deutscher Arbeitsgerichte

Sich zum Vorstellungsgespräch einfliegen lassen – das hebt sicherlich das Selbstwertgefühl eines jeden Stellenbewerbers. Doch wer mit diesem Gedanken spielt, hat die Rechnung ohne das Arbeitsgericht Düsseldorf (Entscheidung vom 15. Mai 2012 – 2 Ca 2404/12) gemacht. In einer unlängst bekannt gewordenen Entscheidung haben die Richter geurteilt, dass die Erstattung von Flugkosten für ein Vorstellungsgespräch nur unter besonderen Umständen in Betracht kommt.

Im Einzelnen: Entstehen einem Bewerber bei der Anreise zu einem Vorstellungsgespräch Kosten, so muss der Arbeitgeber diese ersetzen, sofern der Bewerber „sie nach den Umständen für erforderlich halten durfte“ – so das Bürgerliche Gesetzbuch. Das Arbeitsgericht Düsseldorf bezog jüngst dazu Stellung, wie diese weiche Formulierung auszulegen ist.

Im zu entscheidenden Fall reiste ein Bewerber mit dem Flugzeug aus Hamburg nach Düsseldorf zu einem Vorstellungsgespräch. Ausgeschrieben war eine Stelle als Teamleiter für die Abteilung IT- und Kommunikationstechnik. Nachdem er eine Absage erhalten hatte, verlangte er die Erstattung seiner Vorstellungskosten in Höhe von EUR 470. Darin enthalten waren insbesondere die Flugkosten von Hamburg nach Düsseldorf. Das Unternehmen war der Ansicht, dass die Flugkosten nicht erstattungsfähig seien. Es zahlte lediglich einen Betrag in Höhe von EUR 235 aus. Daraufhin klagte der Bewerber auf Zahlung des Restbetrages.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf holte ihn jedoch auf den Boden der Tatsachen zurück: Es urteilte, dass Flugkosten nur erstattet werden können, wenn entweder der Arbeitgeber die Erstattung zugesagt habe oder die ausgeschriebene Stelle so bedeutend sei, dass der Bewerber die Anreise mit dem Flugzeug für erforderlich halten durfte. Letzteres bemesse sich insbesondere nach der üblichen Vergütung für die ausgeschriebene Stelle. Für beides waren vorliegend keine Anhaltspunkte erkennbar. Insbesondere sollte sich die Vergütung für die ausgeschriebene Stelle nach BAT KF (Bundes-Angestellten-Tarifvertrag in kirchlicher Fassung) richten. Demnach handele es sich nicht um einen Stelle, bei der die Benutzung eines Flugzeuges sozial adäquat oder üblich gewesen wäre. Im Übrigen wäre es dem Bewerber ohne Weiteres möglich gewesen, zu einem auf 14 Uhr festgesetzten Vorstellungsgespräch mit dem Zug oder Auto anzureisen, ohne unzumutbare Nachteile in Kauf nehmen zu müssen.

Tags: 2 Ca 2404/12 Arbeitsgerichte BAT KF Flug Kosten Vorstellungsgespräch