3. Juli 2019
Defense Manual
Corporate / M&A

Defense Manuals – gute Vorbereitung ist alles

Börsennotierte Unternehmen werden regelmäßig mit kritischen Situationen konfrontiert. In einigen Fällen helfen Defense Manuals bei der Bewältigung.

Die Szenarien, mit denen sich börsennotierte Gesellschaften auseinandersetzen müssen, sind vielfältig. Beispielsweise sehen sie sich zunehmend mit aktivistischen Aktionären (Shareholder Activism), anderen aktivistischen Investoren (Investor Activism) sowie Umwelt- und Sozialaktivisten konfrontiert. Der Vorstand muss das Unternehmen auf solche kritischen Situationen vorbereiten. In einigen Fällen kann ein Verteidigungsleitfaden (Defense Manual) helfen.

Begriff des Defense Manuals

Das Defense Manual ist ein Leitfaden, der den Mitarbeitern eines Unternehmens Verhaltensmaßregeln und Reaktionsmöglichkeiten für den Umgang mit kritischen Situationen wie feindlichen Übernahmen, Maßnahmen aktivistischer Investoren oder Cyberangriffen aufzeigt.

Defense Manuals zur Abwehr feindlicher Übernahmen oder Short Attacks

Die meisten größeren börsennotierten Unternehmen haben Defense Manuals in der Schublade für den Fall von „feindlichen″, d.h. nicht mit dem Zielunternehmen abgestimmten, Übernahmeversuchen. Häufig werden auch Leitfäden für den Umgang mit aktivistischen Aktionären vorgehalten.

Eine neuere Entwicklung in Deutschland sind Attacken von Leerverkäufern (Short Seller), die auf einen fallenden Börsenkurs wetten und anschließend negative Berichte über das Unternehmen veröffentlichen, um den Börsenkurs zu drücken (sogenannte Short Attack). Zumindest Unternehmen, die sich als potentielle Opfer solcher Angriffe sehen, halten zunehmend auch für diesen Fall Verteidigungsleitfäden bereit.

Defense Manuals sollen kurzfristige und zielgerichtete Handlungen ermöglichen

In den meisten Anwendungsfällen von Defense Manuals ist es für das Unternehmen wichtig, möglichst schnell zu reagieren. Erfolgt die Reaktion zu spät oder ist sie, vielleicht auch wegen des hohen Zeitdrucks, unangemessen, lassen sich die negativen Folgen oft nicht mehr abwenden oder wenigstens abschwächen. Ein Hauptzweck des Leitfadens besteht also darin, das Unternehmen in die Lage zu versetzen, kurzfristig und zielgerichtet auf die – meist unerwartet und plötzlich eintretende – kritische Situation reagieren zu können.

Zu diesem Zweck beschreibt das Defense Manual die möglichen Szenarien sowie den rechtlichen Rahmen und zeigt erste Schritte auf. Es enthält Maßnahmenkataloge und Zeitpläne und trifft organisatorische Vorkehrungen, indem es Verantwortlichkeiten beschreibt und zuweist. So legt es dar, welche Gremien, Abteilungen und Berater unter welchen Kontaktdaten zu informieren sind und aus welchen Personen (z.B. Vorstandsmitglieder, Mitarbeiter, externe Berater) sich das Team zusammensetzt, das die Verteidigung koordiniert.

In wesentlichen Teilen ist das Defense Manual ein Kommunikationsleitfaden: Es enthält Listen von Kontaktpersonen sowie „Opinion Formern″ (wie Wirtschafts- und Finanzpublikationen oder Analysten), die eine möglichst weite Verbreitung der eigenen Botschaften ermöglichen, führt auf, welche Kommunikationsformen gewählt werden können, und enthält konkrete Formulierungsvorschläge für verschiedene Arten von Mitteilungen und Nachrichten.

Ergänzt wird der Leitfaden häufig durch kurze, an die Leitungs- und Kontrollgremien gerichtete Darstellungen von „Dos and Don‘ts″. Alle Regelungsinhalte des Defense Manuals müssen an den konkreten Gegebenheiten des Unternehmens ausgerichtet werden.

Gesetzliche Pflicht für Defense Manuals

Eine gesetzliche Pflicht zum Vorhalten eines Defense Manuals gibt es nicht. Allerdings müssen die Vorstandsmitglieder (börsennotierter) Aktiengesellschaften die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters führen. Dies kann es erforderlich machen, Vorbereitungsmaßnahmen für Szenarien, die für das betroffene Unternehmen, seine Aktionäre oder Mitarbeiter negative Konsequenzen haben könnten, zu treffen.

Um dem gesetzlichen Sorgfaltsmaßstab zu genügen, kann das Vorhalten des Defense Manuals daher empfehlenswert und sogar notwendig sein, wenn das Unternehmen besonders gefährdet ist. Um nicht für jede mögliche kritische Situation ein Defense Manual vorhalten zu müssen, bereiten einige Unternehmen zumindest allgemein gehaltene Organisations- bzw. Kommunikations-Leitfäden vor.

Weitere Maßnahmen notwendig

Nur einen Verteidigungsleitfaden vorzuhalten, genügt bei vielen drohenden Szenarien nicht. Vielmehr können weitere Maßnahmen geboten sein. Dazu gehören etwa

  • Mitarbeiterschulungen,
  • im Bereich aktivistischer Aktionäre und Investoren auch die Beobachtung von Handelsbewegungen,
  • eine transparente und intensive Investor Relations- und Öffentlichkeitsarbeit sowie
  • gegebenenfalls die Anpassung rechtlicher Rahmenbedingungen bei der Gesellschaft.

Fazit: Defense Manuals als Unterstützung für den Ernstfall

Beim Auftreten kritischer Situationen wie feindlichen Übernahmeversuchen, Short Attacks oder sonstigen unerwünschten Handlungen von Investor- oder anderen Aktivisten gilt es, zügig und effektiv zu reagieren. Defense Manuals unterstützen hierbei und sollten von börsennotierten Unternehmen jedenfalls im Hinblick auf Risiken, für die sie besonders anfällig sind, vorgehalten werden.

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Tags: Defense Manual Short Attack Übernahmeversuch