3. Mai 2019
Immobiliengesellschaften Gewerbesteuer
Corporate / M&A Steuerrecht

Großer Senat schafft Klarheit zu erweiterter Kürzung bei Immobiliengesellschaften

Auch für Beteiligung an vermögensverwaltenden Immobilienpersonengesellschaften ist nun die bisher umstrittene Kürzung bei der Gewerbesteuer anwendbar.

Der Große Senat hat mit seinem aktuell veröffentlichten Beschluss vom 25. September 2018 den Zwist zwischen dem I. und IV-. Senat des BFH zu Gunsten von Immobiliengesellschaften beendet und die Gewerbesteuerentlastung auch für Grundstücke im Vermögen von vermögensverwaltenden Tochtergesellschaften anerkannt.

Die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen bei der Gewerbesteuer – faktische Gewerbesteuerfreistellung

Eine gewerblich geprägte Personen- oder Kapitalgesellschaft, deren Tätigkeit sich ausschließlich auf die Vermietung von eigenem Grundbesitz beschränkt, unterliegt zwar kraft Fiktion der Gewerbesteuer, jedoch kann diese Gesellschaft auf Antrag von der Gewerbesteuer entlastet werden. Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG kann der Gewerbeertrag um die Erträge aus der Vermietung (Mieten abzüglich Aufwendungen) gekürzt werden mit der Folge, dass die Mieterträge faktisch gewerbesteuerfrei gestellt werden.

Voraussetzung für die Kürzung ist u.a., dass es sich bei dem vermieteten Grundbesitz um „eigenen“ Grundbesitz handelt. Zudem darf die Gesellschaft neben der Vermietung keine weiteren Tätigkeiten ausüben. Schädlich ist es danach insbesondere, wenn die Gesellschaft gewerbliche Leistungen erbringt, aber auch wenn Betriebsvorrichtungen mit dem Grundstück mitvermietet werden. Versagt wird die Kürzung beispielsweise auch dann, wenn die Gesellschaft während des Erhebungszeitraums (im Normalfall des Kalenderjahres) keine Vermietungseinkünfte mehr hat. Zulässig sind jedoch beispielsweise Kapitaleinkünfte, wenn diese neben der Vermietung erzielt werden.

Streitfrage: Kann eine gewerblich geprägte Personengesellschaft für Grundstückerträge einer vermögensverwaltenden Immobilienpersonengesellschaft die Gewerbesteuerentlastung (erweiterte Kürzung für Grundstückserträge) erhalten?

Im Streitfall ging es um die Frage, ob die Kürzung auch dann möglich ist, wenn eine gewerblich geprägte Personengesellschaft eine Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Immobilienpersonengesellschaft hält (und diese Gesellschaft sonst keine für die Kürzung schädlichen Tätigkeiten ausübt). Für ertragsteuerliche Zwecke werden sowohl der Grundbesitz dieser Immobilienpersonengesellschaft als auch deren (Miet-)Erträge unmittelbar bei der Muttergesellschaft zugerechnet (§ 39 Abs. 2 AO). Für ertragsteuerliche Zwecke wird die Immobilienpersonengesellschaft damit im Ergebnis „ausgeblendet“. Fraglich war, ob die Mieterträge bei der Muttergesellschaft der Gewerbesteuer unterliegen oder nicht.

Senate des BFH waren uneins, ob die Kürzung möglich sein soll

Mit Urteil vom 19. Oktober 2010 (I R 67/09, BStBl II 2011, 367) hat der I. Senat des BFH die Kürzung versagt. Dies wurde damit begründet, dass es sich bei dem Grundbesitz nicht um „eigenen“ Grundbesitz handelt, wie es das Gesetz verlangt, sondern um fremden Grundbesitz, nämlich um Grundbesitz der Tochterpersonengesellschaft. Hinzukomme, dass das Halten der Beteiligung an der Tochterpersonengesellschaft eine schädliche, nicht erlaubte Tätigkeit sei. Der I. Senat des BFH wendet eine rein zivilrechtliche Betrachtung an und lehnt damit die erweiterte Kürzung ab.

Abweichend hiervon vertritt der IV. Senat des BFH eine wirtschaftliche Betrachtungsweise (Urteil v. 21. Juli 2016 – IV R 26/14, BStBl II 2017, 202). Aufgrund der wirtschaftlichen Zuordnung des Grundbesitzes zum Betriebsvermögen der Muttergesellschaft nach § 39 Abs. 2 AO soll es sich um „eigenen“ Grundbesitz der Muttergesellschaft handeln. Aus steuerlicher Sicht ist deshalb keine Beteiligung an einer Gesellschaft gegeben, so dass auch keine schädliche Tätigkeit „Halten einer Beteiligung″ gegeben sein kann. Aufgrund der Abweichung zur Auffassung des I. Senats hat der IV. Senat die Frage dem Großen Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Klärung durch den Großen Senat: Kürzung für Grundstückserträge bei der Gewerbesteuer möglich

Der Große Senat des BFH hat mit Beschluss vom 25. September 2018 (GrS 2/16) die Frage zugunsten der Kürzung entschieden. Der BFH arbeitet in dem Urteil sehr ausführlich die Gesetzeshistorie, die Auffassung der Rechtsprechung (beginnend mit der Rechtsprechung des RFH), der Finanzverwaltung und der Literatur auf.

In den Urteilsgründen weist der BFH auf die zweifache Begrenzung der Kürzung hin: zum einen die gegenständliche Begrenzung auf die Nutzung von „eigenem Grundbesitz“ und zum anderen die Begrenzung von Art, Umfang und Intensität der Tätigkeit auf die ausschließliche Nutzung und Verwaltung dieses Grundbesitzes.

Der Große Senat stellt klar, dass der Grundbesitz einer vermögensverwaltenden (nicht gewerblich geprägten) Tochterpersonengesellschaft im Umfang der Beteiligungsquote als eigener Grundbesitz im Sinne der Kürzungsvorschrift der gewerblich geprägten Muttergesellschaft zuzurechnen ist. Maßgebend sei die ertragsteuerliche Zurechnung des Grundbesitzes der vermögensverwaltenden Tochtergesellschaft zum Betriebsvermögen des Gesellschafters.

Hieraus resultiert auch, dass die Gesellschafterin der rein vermögensverwaltenden GbR keine Tätigkeit ausübt, die kürzungsschädlich wäre, vorausgesetzt ihre Verwaltungs- und Mitwirkungsrechte entsprechen ihren Miteigentumsanteilen. Es soll in diesem Fall nichts anderes gelten wie im Falle von Bruchteilseigentum, dessen gemeinschaftliche Verwaltung nach der ständigen Rechtsprechung des BFH für die erweiterte Kürzung nicht schädlich ist. Das „Halten der Beteiligung“ an der vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist in diesem Fall allein noch keine Tätigkeit, die über das nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zulässige Maß hinausgeht.

Auswirkungen für die Praxis

Das Urteil ist sachgerecht und für die Praxis zu begrüßen. So eröffnet es auch in den Fällen, in denen ein Grundstück in einer vermögensverwaltenden Tochterpersonengesellschaft gehalten wird, die Anwendung der erweiterten Kürzung. Um die Kürzung zu erhalten ist es damit nicht erforderlich, dass ein gemeinschaftliches Grundstück im Miteigentum gehalten werden muss.

Für die Praxis relevant sind auch die Ausführungen des Großen Senats zur Verwaltung des Grundstücks. Entsprechen die Verwaltungsrechte der Beteiligungsquote soll es sich bei der Verwaltung nicht um eine schädliche Tätigkeit handeln. Der IV. Senat hatte im Vorlagebeschluss diesbezüglich noch weitere Varianten geprüft. So kam der IV. Senat zum Ergebnis, dass es schädlich sein könnte, wenn nur ein Gesellschafter die Geschäfte der vermögensverwaltenden (nicht gewerblichen) Personengesellschaft führt. Der geschäftsführende Gesellschafter (nicht die anderen) dürfte in diesem Fall dem Grunde nach eine schädliche Tätigkeit ausüben. In diesem Zusammenhang ist folgendes relevant: Die gewerbliche Prägung einer GmbH & Co. KG kann durch die Geschäftsführungsbefugnis eines Kommanditisten vermieden werden. Damit ist in der Praxis Vorsicht geboten. Die Geschäftsführung wäre bei dem geschäftsführenden Kommanditisten eine schädliche Tätigkeit. Bei der Strukturierung müsste deshalb darauf geachtet werden, dass der geschäftsführende Kommanditist ein nicht gewerblicher Kommanditist ist oder dieser nur mit einer geringen Quote beteiligt ist. Denn nach Auffassung des IV. Senats wäre wohl auf Ebene des geschäftsführenden Gesellschafters (Obergesellschaft) die sog. erweiterte Kürzung nicht möglich und die Mieterträge würden bei diesem im Umfang seiner Beteiligung der Gewerbesteuer unterliegen. Nach Auffassung des Gerichts sollte die Geschäftsführung jedoch wohl auch dann unschädlich sein, wenn diese unentgeltlich ausgeübt wird. Zu diesen weitergehenden Ausführungen des IV. Senats hat sich der Große Senat leider nicht geäußert.

Die in einer ähnlichen Frage noch offenen Verfahren werden nun fortgesetzt werden (Anerkennung der sog. erweiterten Kürzung: FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 6. Mai 2014 – 6 K 6091/12; BFH – IV R 27/14; FG München, Urteil v. 29. Februar 2016 – 7 K 1109/14I R 21/16); Ablehnung: Hessisches FG, Urteil v. 7. Mai 2012 – 8 K 2580/11IV R 24/12).

Offen bleibt weiterhin die Frage, ob das Halten der Beteiligung an einer gewerblich geprägten Tochterpersonengesellschaft als nicht erlaubte Tätigkeit anzusehen ist, die für die Anwendung der Kürzung auf Ebene der Muttergesellschaft schädlich ist. Diese Frage ist noch beim BFH anhängig (IV R 44/16 und IV R 45/16). Der Grundbesitz der gewerblich geprägten Personengesellschaft wird steuerlich nicht der Muttergesellschaft zugerechnet, so dass der BFH diese Frage durchaus abweichend entscheiden kann. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass auf Ebene der den Grundbesitz haltenden gewerblich geprägten Tochterpersonengesellschaft die Kürzung möglich ist. Offen ist die Frage, ob bei der Muttergesellschaft eine Kürzung für deren eigene Grundstücke ausscheidet.

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