Eine überragende Bekanntheit verleiht Marken besonderen Schutz. Den hat nun auch "ROLEX" für sich beansprucht.
„Coca-Cola“, „adidas“, „LEGO“ und Co. – diese Marken haben allesamt eines gemeinsam: Sie sind weltweit bekannt und rufen bei den meisten Menschen wohl bestimmte Assoziationen hervor. Doch was folgt markenrechtlich aus einer solch überragenden Bekanntheit einer geschützten Marke? Mit genau dieser Frage hat sich das Bundespatentgericht (BPatG) mit Beschluss vom 12. August 2022 (Az. 26 W (pat) 32/20) auseinandergesetzt.
Wer an teure Luxusuhren denkt, der denkt mit hoher Wahrscheinlichkeit an die Marke „ROLEX“. Seit 2009 genießt der Schweizer Uhrenhersteller Schutz in der Europäischen Union aus seiner registrierten Wortmarke in den Klassen 14, 35 und 37, u.a. für (Armband-)Uhren. Im Jahr 2017 wurde beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eine Wort-Bild-Marke mit dem Wortbestandteil „ROLESS“ in den Klassen 2, 19 und 20, u.a. für verschiedene Möbel, eingetragen. Unter diesem Wortbestandteil stand in kleiner Schrift das Wort „FURNISHING“. Über den beiden Wortbestandteilen befand sich ein Symbol, das zwei verschnörkelten „R“ ähnelte, wobei einer der Buchstaben gespiegelt war („ЯR“). Darüber war eine einfach gehaltene Krone mit drei kurzen Zacken und dazwischen zwei Punkten zu erkennen.
Markenstelle des DPMA sah nur teilweisen Löschungsgrund
Gegen diese Eintragung erhob der Schweizer Uhrenhersteller aus seiner Wortmarke „ROLEX“ und unter Verweis auf deren überragende Bekanntheit Widerspruch. Die Markenstelle des DPMA folgte dem Widerspruch zum Teil, lehnte eine vollständige Löschung der „ROLESS“-Marke aber ab. Das begründete die Markenstelle damit, dass ein Löschungsgrund nur hinsichtlich solcher Waren vorliege, die – ebenso wie wertvolle Uhren – Sammlerstücke oder Wertanlagen sowie Statussymbole darstellen. In Bezug auf die anderen Waren bestehe keine hinreichende Ähnlichkeit.
Überragende Bekanntheit der Marke „ROLEX“ ist offenkundig
Das sah das BPatG anders. Es folgte im Wesentlichen der Begründung des Uhrenherstellers, dass die Marke „ROLEX“ eine besondere Bekanntheit genieße und damit auch auf andere Warenklassen ausstrahle.
Eine weit überdurchschnittliche, überragende Bekanntheit i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG bemisst sich i.d.R. nach verschiedenen Faktoren wie dem Marktanteil, der geographischen Ausdehnung, der Benutzungsdauer und dem Umfang der Investitionen der Markeninhaberin. Auf die Prüfung konkreter Nachweise verzichtete das BPatG hier aber, da es davon ausging, dass die überragende Bekanntheit und Berühmtheit der Luxusmarke jedenfalls offenkundig sei (vgl. § 291 ZPO). Darüber hinaus war die Behauptung der Bekanntheit auch unwidersprochen geblieben.
Maßgeblich ist allein der Wortbestandteil „ROLESS“
Darüber hinaus bescheinigte das Gericht den beiden Marken eine hochgradige Ähnlichkeit jedenfalls in klanglicher Hinsicht. Dabei werde der klangliche Gesamteindruck der angegriffenen Marke allein durch das Zeichenwort „ROLESS“ geprägt, das mit dem gegenüberstehenden Wort „ROLEX“ in allen Kriterien der klanglichen Ähnlichkeit (Vokalfolgen, Silbengliederung, Markennamensanfang, Betonung, Klangrhythmus, Schlusslaut) übereinstimme.
Der weitere Wortbestandteil „Furnishing“ der angegriffenen Marke trete dabei nach Ansicht des BPatG zurück. Dieser Bestandteil habe einen inhaltlich rein beschreibenden Charakter und sei optisch eindeutig nachrangig. Gleiches gelte für den Bildbestandteil oberhalb der Wortzeichen, der grafisch sehr einfach und schematisch gehalten sei. Selbst wenn darin eine Krone zu erkennen sei, so handele es sich dabei um ein „abgegriffenes und verbrauchtes Bildmotiv“, dem nur eine eingeschränkte Kennzeichnungskraft zukomme.
Gedankliche Verknüpfung auch hinsichtlich absolut unähnlicher Waren
Anders als die Markenstelle des DPMA beurteilte das BPatG die Frage, ob die angesprochenen Verkehrskreise das angegriffene „ROLESS“-Zeichen mit der Widerspruchsmarke „ROLEX“ auch hinsichtlich absolut unähnlicher Waren gedanklich verknüpfen. Nach Ansicht des BPatG sei die angegriffene Marke an die Widerspruchsmarke derart angenähert, dass sie wie eine Nachbildung der bekannten Marke „ROLEX“ wirke. Es sei daher im Wege der gebotenen Gesamtabwägung davon auszugehen, dass der Verkehr allein bei klanglicher Wiedergabe der angegriffenen Marke eine gedankliche Verknüpfung herstelle.
Das gelte ebenfalls für die absolut unähnlichen Waren der angegriffenen Marke, also auch, soweit sie weder Sammlerstücke noch Wertanlagen noch Statussymbole darstellen:
Überragend bekannte Marken- und zugleich Firmenzeichen, wie „ROLEX“ lösen sich mit zunehmender Bekanntheit von den Waren und Dienstleistungen, für die sie Schutz genießen und auch benutzt worden sind. So wird das Zeichen selbst zunehmend unabhängig von den Waren und Dienstleistungen, für die es geschützt ist und benutzt wird, zu einem wertvollen, einer selbständigen wirtschaftlichen Verwertung zugänglichen Besitzstand.
Gefahr einer Verwässerung der bekannten Luxusmarke gegeben
In der Konsequenz kam das BPatG zu dem Ergebnis, dass allein die Benutzung des angegriffenen „ROLESS“-Zeichens die Gefahr begründe, dass die Unterscheidungskraft der „ROLEX“-Marke geschwächt werde und damit eine sog. „Verwässerung“ eintreten könne. Unter einer Verwässerung ist die Minderung der Kennzeichnungskraft durch die Benutzung eines identischen oder zumindest ähnlichen Zeichens zu verstehen.
Angesichts der überragenden Bekanntheit der Widerspruchsmarke sowie ihres gleich lautenden Firmenzeichens begründet allein die […] Benutzung der jüngeren Marke, in der die Widerspruchsmarke deutlich erkennbar bleibt, ohne weiteres die Gefahr, dass der Verkehr sich von der bekannten Marke in abnehmendem Maß beeinflussen lässt und die Eignung dieser Marke, die Widerspruchswaren als von der Widersprechenden stammend zu identifizieren, geschwächt wird.
Diese Beeinträchtigung erfolge – lt. BPatG – auch in unlauterer Weise. Ein rechtfertigender Grund dafür, sich derart eng an eine berühmte Produktmarke anzulehnen, war weder von der Markeninhaberin vorgetragen worden noch aus sonstigen Gründen ersichtlich.
Vorsicht bei der Anlehnung an eine (überragend) bekannte und berühmte Marke
Es lässt sich also festhalten, dass aus einer überragenden Bekanntheit und Berühmtheit einer Marke ein umfassender Löschungsgrund folgen kann, unabhängig davon, welche Waren betroffen sind. Die Voraussetzungen hierfür sind jedoch hoch, sodass die Zahl der überragend bekannten Marken überschaubar bleibt. Dennoch ist Vorsicht geboten, wenn man sich allein von einem Bekanntheitsgrad einer Marke bzw. dem Marken- und Firmenzeichen leiten lässt und die eigene Marke an eine solche anlehnt, obwohl ein solches Vorgehen wirtschaftlich erstmal verlockend scheinen mag.
Auch wenn die Entscheidung des BPatG richtig ist, kann hinterfragt werden, ob dem stilisierten Kronensymbol über dem „ROLESS“-Zeichen nicht zu wenig Bedeutung beigemessen wurde. Zwar ist dem Gericht dahingehend zuzustimmen, dass Kronen als häufig verwendete Symbole keine besondere Kennzeichnungskraft haben. Hier war jedoch offensichtlich, dass dieses Symbol dazu diente, sich dem Erscheinungsbild der Luxusmarke anzunähern und bei den angesprochenen Verkehrskreisen gewisse Assoziationen hervorzurufen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Schweizer Uhrenhersteller allein aus der Wortmarke und nicht aus der Wort-Bild-Marke mit der ebenfalls bekannten ROLEX-Krone vorgegangen ist. Ein direktes Aufeinandertreffen der beiden Kronen gab es mithin nicht.
Der Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit Antonia Seefisch erstellt.