Sportartikelhersteller dürfen nach einer aktuellen BGH Entscheidung künftig in Deutschland mit den Bezeichnungen "olympiaverdächtig" / "olympiareif" werben.
Olympia – dieser omnipräsente Begriff wird auf der gesamten Welt als Synonym für die Olympischen Spiele der Antike und der Neuzeit verstanden. Naturgemäß besteht insbesondere in der Sportartikelbranche und Werbeindustrie ein hohes Interesse, an dem Ruf und der Wertschätzung dieses Begriffs sowie an der dahinterstehenden Idee zu partizipieren.
Dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) war es aufgrund mangelnder Unterscheidungskraft jahrzehntelang nicht gelungen, gewerbliche Schutzrechte (Marken) für die Begriffe „Olympia″, „olympisch″ oder „Olympiade″ eintragen zu lassen. Erst im Jahr 2004 hat sich der deutsche Gesetzgeber entschieden, die olympischen Begriffe zumindest teilweise zugunsten des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland (heute: Deutscher Olympische Sportbund; kurz: DOSB) und des IOC zu monopolisieren. Dies freilich nur auf Druck des IOC, der die Vergabe zukünftiger Olympischer Spiele zuvor von dem Bestehen eben dieses nationalen Schutzes der olympischen Bezeichnungen zu seinen Gunsten bzw. zu Gunsten der jeweiligen nationalen Olympischen Sportverbände abhängig gemacht hatte.
OlympSchG zum Schutz der Wertschätzung und Symbolwirkung
Ausweislich der Gesetzesbegründung des 2004 eingeführten Gesetzes zum Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen (kurz: OlympSchG) sollen die darin zusammengefassten Normen dem Schutz der Wertschätzung und Symbolwirkung der olympischen Bezeichnungen dienen.
Zu diesem Zweck untersagt § 3 Abs. 2 OlympSchG u.a. die Kennzeichnung von Produkten und die Werbung mit den olympischen Bezeichnungen, wenn hierdurch die Wertschätzung der Olympischen Spiele oder der Olympischen Bewegung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt wird.
Werbung mit „Olympiaverdächtig″ oder „Olympiareif″ kein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 OlympSchG
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 7. März 2019 – I ZR 225/17) hat nunmehr entschieden, dass die Verwendung der Bezeichnungen „olympiaverdächtig″ oder „olympiareif″ für die Bewerbung von Sportbekleidung im geschäftlichen Verkehr – isoliert betrachtet – nicht gegen diese Regelung im deutschen OlympSchG verstößt.
In dem konkreten vom BGH entschiedenen Fall hatte ein Textilgroßhändler während der olympischen Spiele 2016 auf seiner Internetseite mit den Aussagen „olympiaverdächtig″ und „olympiareif″ für Sportbekleidung geworben. Gegen diese Werbeaussagen war der DOSB unter Verweis auf seine Rechte aus dem OlympSchG gerichtlich vorgegangen.
Zur Begründung führt der BGH an, dass das OlympSchG die Benutzung der olympischen Bezeichnungen als Angabe über Merkmale und Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen im Grundsatz ausdrückliche erlaube. Untersagt werde durch § 3 Abs. 2 OlympSchG alleine die unlautere Ausnutzung der Wertschätzung der olympischen Bezeichnungen durch geschäftliche Handlungen Dritter.
Eine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung der Olympischen Spiele liege nicht schon in jeglicher Verwendung von Bestandteilen der olympischen Bezeichnungen, die eine optimale Ausnutzung der kommerziellen Verwertungsrechte der olympischen Bezeichnungen durch den DOSB oder das IOC beeinträchtigen könnte.
Die Grenze zum unlauteren Verhalten werde erst dann überschritten, wenn die Wertschätzung der Olympischen Bewegung in einem Umfang ausgenutzt wird, wie es nur offiziellen Olympiasponsoren oder offiziellen Athletenausstattern zustehe. Bei Waren mit Bezug zum Olympiasport – wie zum Beispiel Sporttextilien – könne dies der Fall sein, wenn der Werbende ausdrücklich auf die Olympischen Spiele und/oder die Olympische Bewegung hinweist. Zulässig sei dagegen die Verwendung von Begriffen, die den olympischen Bezeichnungen lediglich ähnlich sind und die somit eine bloße „Anlehnung″ an die Wertschätzung der olympischen Bezeichnungen darstellen. Die Verwendung von produktbezogen Bezeichnungen wie „olympiareif″ und „olympiaverdächtig″ als Synonym für eine außergewöhnlich gute Leistung, begründe für sich genommen keinen hinreichend ausdrücklichen Hinweis auf die Olympischen Spiele oder die Olympische Bewegung.
Wirtschaftliche Monopolisierung durch den DOSB wird eingeschränkt
Insgesamt ist diese Rechtsprechung des BGH zu begrüßen, da sie mit Augenmaß die Monopolisierung der olympischen Begriffe durch den DOSB auf den Umfang begrenzt, der zur Erfüllung des Gesetzeszwecks des OlympSchG, namentlich dem Schutz der olympischen Bewegung vor einer Beeinträchtigung ihrer Wertschätzung, tatsächlich notwendig ist.
Die Entscheidung schiebt damit dem Versuch des DOSB, Ansprüche aus dem OlympSchG abzuleiten, die Augenscheinlich rein der wirtschaftlichen Monopolisierung der olympischen Bezeichnungen dienen, einen klaren Riegel vor.
Für Unternehmen der Sportartikelbranche bedeutet die aktuelle BGH Entscheidung mehr Rechtssicherheit bei der Verwendung von Begriffen mit einem ähnlichen Bestandteil wie „Olympia″, „olympisch″ oder „Olympiade″ und der damit verbundenen erlaubten „Partizipation″ an der Wertschätzung der olympischen Idee.
Wichtig ist es jedoch zu beachten, dass sich die neue BGH Rechtsprechung nicht ohne Weiteres auf die Verwendung des Olympia-Emblems (Olympische Ringe) als Kennzeichnung oder Werbung im geschäftlichen Verkehr übertragen lässt. Die Verwendung des Olympia-Emblems wird auch weiterhin – aufgrund der höheren Wahrscheinlichkeit des Bestehens einer Verwechslungsgefahr – gem. § 3 Abs. 1 OlypmSchG jedem, der keine Erlaubnis des Rechtsinhabers besitzt, in aller Regel untersagt bleiben.