Bittere Pille für das Bundeskartellamt: Die Bußgeldbescheide, die das Amt im Dezember 2007 gegen acht Apotheker wegen vermeintlicher Preisabsprachen erlassen hatte, sind in sieben Fällen hinfällig. Auf die Einsprüche der Betroffenen hin hat das Oberlandesgericht Düsseldorf das Bußgeldverfahren bereits kurz nach der Eröffnung eingestellt. Der Fall verdeutlicht, dass Verfahrensbetroffene trotz zuweilen verlockend klingender „Settlement-Angebote“ des Kartellamtes oder der EU-Kommission ihre Verteidigungsargumente stets sehr genau analysieren sollten.
Die Apotheker wandten sich gegen Bußgeldbescheide des Bundeskartellamtes aus dem Dezember 2007. Nach den Ermittlungen des Kartellamtes hatten rund 50 Apotheker aus dem Raum Hildesheim mit gemeinsamen Preisen für ausgewählte, nicht rezeptpflichtige Arzneimittel geworben. So sollten ein Preiswettbewerb untereinander und eine Discount-Apotheke in Hildesheim verhindert werden. Dieses Verhalten stufte das Bundeskartellamt als kartellrechtswidrige Preisabsprache ein und ahndete sie mit einer Buße von insgesamt 150.000 Euro. Den drei Apothekern, die die gemeinsame Aktion initiiert hatten, wurden Bußgelder in Höhe von 25.000 Euro auferlegt, fünf weitere aktiv beteiligte Apotheker erhielten Bußgelder in Höhe von je 15.000 Euro.
Diese Bußgelder müssen sieben der acht Apotheker nun nicht zahlen. Nachdem zunächst alle Apotheker Einspruch eingelegt hatten, sollte das Oberlandesgericht demnächst über die nach einer Rücknahme sieben verbliebenen Einsprüche entscheiden. Drei Verhandlungstermine waren schon angesetzt.
Die Apotheker machten unter anderem geltend, dass die kartellrechtliche Unzulässigkeit der gemeinsamen Werbeaktionen für sie als Laien nicht erkennbar gewesen sei. Diesem Argument war das Bundeskartellamt im Bußgeldverfahren entgegen getreten: Das Vorbringen führe nicht zum Ausschluss des Vorsatzes, weil es sich lediglich um einen so genannten Verbotsirrtum handeln könne – also das Fehlen der Einsicht, etwas Unerlaubtes zu tun, weil man das Bestehen oder die Anwendbarkeit einer Rechtsvorschrift nicht kenne. Die Voraussetzungen dafür seien aber sehr hoch. Eine Ahndung wegen vorsätzlicher Begehung scheide nur dann aus, wenn der Täter in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum handelte. An dessen Vorliegen stelle die Rechtsprechung strenge Anforderungen. Sie seien in diesem Fall nicht erfüllt – was sich schon daraus ergebe, dass die handelnden Personen keine Rechtsberatung zur Frage der Zulässigkeit ihrer Aktion eingeholt hätten.
Unter anderem diesen Punkt bewertete das Oberlandesgericht aber offenbar anders. Nach dem ersten Verhandlungstag erklärte der zuständige Senat, die Beweislage sei nach der vorläufigen Einschätzung schwierig. Auch hätten die Apotheker möglicherweise die Unzulässigkeit der Aktion nicht erkennen können.
Die Folge: Das Gericht stellt das Verfahren überraschend schon kurz nach der Eröffnung ein – die sieben Einspruchsführer gehen bußgeldfrei aus. Für sie hat sich das Kämpfen also gelohnt. Vermutlich hätten sie die Chance des Einspruchs nicht wahrgenommen, wenn das Verfahren im Wege eines Settlements mit dem Bundeskartellamt beendet worden wäre. Trotz der Vorteile, die die neuerdings oft ins Spiel gebrachten Settlements ohne Frage bieten können, führt der Apotheker-Fall doch einmal mehr vor Augen, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf mitunter andere Maßstäbe anlegt als das Bundeskartellamt. Und dass es sich lohnen kann, den Weg nach Düsseldorf zu gehen.