26. Oktober 2022
Verpackungsgesetz
Öffentliches Wirtschaftsrecht

Erweiterte Registrierungspflichten im Verpackungsrecht – hohe Bußgelder drohen!

Novelle des Verpackungsgesetzes 2021 erweitert Registrierungspflicht für Hersteller - betrifft alle Unternehmen, bei denen Verpackungen anfallen.

Seit dem 1. Januar 2019 regelt das Verpackungsgesetz (VerpackG) das Inverkehrbringen sowie die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen. Das Gesetz setzt die europäische Verpackungsrichtlinie um und hat die bis zu diesem Zeitpunkt gültige Verpackungsverordnung abgelöst.

Mit Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes hat auch die Zentrale Stelle Verpackungsregister (Zentrale Stelle) ihre Arbeit aufgenommen. Die Zentrale Stelle nimmt als beliehene Behörde die Aufgabe wahr, die Produktverantwortlichen im Verpackungsregister LUCID (LUCID) zu registrieren und die Einhaltung der Vorgaben des Verpackungsgesetzes zu überwachen. 

Das Verpackungsgesetz wurde bereits am 3. Juli 2021 erstmals umfassend novelliert. Einige der im Rahmen dieser Novellierung verabschiedeten Änderungen sind zum 1. Juli 2022 in Kraft getreten. 

Die beiden für Unternehmen wichtigsten Vorgaben des Verpackungsgesetzes betreffen zum einen die Registrierungspflicht für Hersteller bei LUCID und zum anderen die Systembeteiligungspflicht.

Verpackungsgesetz sieht Pflicht zur Beteiligung an Rücknahmesystemen vor

Die Systembeteiligungspflicht trifft Hersteller von sog. systembeteiligungspflichtigen Verpackungen. Sie müssen sich mit diesen Verpackungen zur Gewährleistung einer flächendeckenden Rücknahme der Verpackungen an einem (dualen) System beteiligen.

Eine Systembeteiligungspflicht besteht nur für mit Ware befüllte Verkaufs- und Umverpackungen, die nach dem Gebrauch typischerweise beim privaten Endverbraucher* oder vergleichbaren Stellen (bspw. Hotels und Gaststättenbetriebe, aber auch Museen oder Krankenhäuser) als Abfall anfallen. Insofern bewegt sich die konkrete Einstufung einer Verpackung an der Schnittstelle zum Abfallrecht und kann im Einzelfall Probleme bereiten. 

Nicht systembeteiligungspflichtig sind bspw. Transportverpackungen bereits deshalb nicht, weil sie keine Verkaufs- oder Umverpackungen sind. Ebenfalls nicht beteiligungspflichtig sind Mehrwegverpackungen, da sie nach ihrer Bestimmung nicht beim Endverbraucher verbleiben.

Registrierungspflicht auch ohne Systembeteiligungspflicht

Bis zum 30. Juni 2022 sah das Verpackungsgesetz vor, dass sich nur die Hersteller solcher systembeteiligungspflichtigen Verpackungen bei LUCID registrieren müssen. Daher mussten sich Unternehmen, die bspw. nur Mehrwegverpackungen in Verkehr bringen, bisher nicht registrieren lassen. Mit Wirkung zum 1. Juli 2022 wurde die Registrierungspflicht von der Systembeteiligungspflicht entkoppelt. 

Nunmehr müssen sich sämtliche Hersteller, die mit Ware befüllte Verpackungen in Verkehr bringen, unabhängig von einer etwaigen Systembeteiligungspflicht bei LUCID registrieren lassen. Im Rahmen der Registrierung ist aufzuschlüsseln, welche Verpackungen systembeteiligungspflichtig sind und welche nicht. Das erleichtert der Zentralen Stelle die Kontrolle, ob eine Systembeteiligungspflicht besteht.

Sofern eine Registrierung nicht erfolgt ist, drohen dem Hersteller empfindliche Konsequenzen. Unternehmen, die verpackte Produkte in Verkehr bringen, müssen daher handeln und prüfen, ob eine Registrierungspflicht besteht.

Hersteller i.S.d. Verpackungsrechts ist, wer Ware befüllt oder erstmals befüllt in Deutschland gewerbsmäßig in Verkehr bringt

Die Registrierungspflicht knüpft an den Begriff des Herstellers i.S.d. Verpackungsgesetzes an.

Die Verwendung dieses Begriffes ist zumindest missverständlich und weicht vom allgemeinen Verständnis des Herstellerbegriffs ab. Gemeint ist damit nämlich nicht der „Produzent“ der Verpackung, sondern derjenige, der die Verpackung erstmals mit Ware befüllt oder erstmals befüllt in Deutschland gewerbsmäßig in Verkehr bringt. Insofern können unter den Herstellerbegriff des Verpackungsgesetzes neben den eigentlichen Herstellern der Produkte auch Händler sowie Online- und Versandhändler gefasst werden. 

Besonderheiten können sich beim Dropshipping, bei dem der Händler die Ware direkt vom Hersteller an den Endverbraucher liefern lässt, ohne selbst in physischen Kontakt mit der Ware zu kommen, und bei der Inanspruchnahme eines Fulfillment-Dienstleisters ergeben.

Unter den verpackungsrechtlichen Begriff des Herstellers fallen ausdrücklich auch Importeure. Als Importeur in diesem Sinne ist derjenige zu verstehen, der zum Zeitpunkt des Grenzübertritts nach Deutschland die rechtliche Verantwortung für die Ware trägt, bspw. weil er das Transportrisiko trägt oder für die Einfuhrverzollung von Lieferungen aus Nicht-EU-Staaten verantwortlich ist. 

Liefert ein Versand- bzw. Onlinehändler mit Sitz im Ausland seine Ware direkt an den privaten Endverbraucher in Deutschland, ist er als Importeur und damit als Hersteller einzustufen und damit registrierungspflichtig. Komplizierter ist der Fall allerdings, wenn ein Versand- bzw. Onlinehändler mit Sitz in Deutschland die Ware bei einem Vertreiber im Ausland kauft. Wer Hersteller ist, ergibt sich in diesem Fall erst aus den konkreten vertraglichen Vereinbarungen der Beteiligten. Sofern solche vereinbart worden sind, können dabei die Incoterms Anhaltspunkte bieten, die den Gefahrübergang und Lieferort, die Transportkosten und das Transportrisiko im internationalen Warenverkehr regeln.

Bei fehlender Registrierung drohen Vertriebsverbot und Bußgelder

Herstellern ist es untersagt, Verpackungen in Verkehr zu bringen, wenn sie nicht oder nicht ordnungsgemäß im Verpackungsregister LUCID registriert sind. Bei einer fehlenden Registrierung besteht somit ein Vertriebsverbot für den Hersteller. Zudem sind die Betreiber von elektronischen Marktplätzen verpflichtet, Hersteller zu sperren, wenn diese nicht registriert sind. 

Ein Verstoß gegen das Vertriebsverbot stellt zudem eine Ordnungswidrigkeit dar, die von der zuständigen Behörde mit einem Bußgeld von bis zu EUR 100.000,00 geahndet werden kann. Sofern es sich um systembeteiligungspflichtige Verpackungen handelt und auch die Beteiligung an einem System nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erfolgt ist, droht sogar ein Bußgeld von bis zu EUR 200.000,00.

Durch die Möglichkeit, das Verpackungsregister öffentlich einzusehen, drohen bei einer fehlenden Registrierung zudem Abmahnungen durch Mitbewerber. Auch unter diesem Aspekt sind eine interne Überprüfung der Registrierungspflicht und ggf. eine schnellstmögliche Nachholung der Registrierung dringend geboten.

Registrierungspflicht nach Verpackungsgesetz auch für Serviceverpackungen

Grds. unterfallen seit dem 1. Juli 2022 auch Letztvertreiber von sog. Serviceverpackungen der umfassenden Registrierungspflicht. Darunter sind Verpackungen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, die Übergabe von Waren an den Endverbraucher zu ermöglichen oder zu unterstützen, wie bspw. Pizzakartons, Eisbecher oder Brötchentüten. 

Im Hinblick auf die Systembeteiligungspflicht sind Hersteller von Serviceverpackungen privilegiert, da sie vom Vorvertreiber verlangen können, dass dieser sich hinsichtlich der gelieferten unbefüllten Serviceverpackungen an einem System beteiligt und eine Bestätigung über die Beteiligung ausstellt. Diese Privilegierung gilt aber nicht für die Registrierungspflicht. Diese besteht auch für den Letztvertreiber, der die Serviceverpackung mit Ware befüllt und an den Endverbraucher abgibt. Bei der Registrierung gibt der Letztvertreiber ggf. lediglich die bestehende Übertragung der Systembeteiligungspflicht auf den Vorvertreiber an.

Enge Ausnahmen von der erweiterten Registrierungspflicht 

Von der künftig geltenden erweiterten Registrierungspflicht gibt es unter zwei Gesichtspunkten Ausnahmen. 

Zum einen sind bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift solche Verpackungen nicht von der Registrierungspflicht erfasst, die (noch) nicht befüllt sind. Eine Ausnahme bilden diesbezüglich allerdings die Vorvertreiber von Serviceverpackungen, die neben dem Letztvertreiber registrierungspflichtig sind. Zum anderen gilt die Registrierungspflicht nicht, wenn der Hersteller die Verpackungen nachweislich nicht im Geltungsbereich des Verpackungsgesetzes an den Endverbraucher abgibt. 

Sofern ein Unternehmen also nur Waren mit Verpackungen in den ausländischen Markt liefert, ist es nicht verpflichtet, sich im Verpackungsregister LUCID zu registrieren.

Kontrollpflichten für Betreiber elektronischer Marktplätze 

Betreiber von elektronischen Marktplätzen dürfen zukünftig das Anbieten von Verpackungen zum Verkauf nicht ermöglichen, wenn der Hersteller nicht oder nicht ordnungsgemäß im Verpackungsregister LUCID registriert ist oder systembeteiligungspflichtige Verpackungen nicht lizenziert worden sind. Betreiber von elektronischen Marktplätzen müssen die Einhaltung dieser Voraussetzung in ihrem Verfahren zur Zulassung neuer Händler prüfen.

Im Hinblick auf die bereits für den Marktplatz angemeldeten Bestandshändler stellt das den Betreiber dagegen vor eine große Herausforderung. Um den Verpflichtungen des Verpackungsgesetzes nachzukommen, sind Betreiber von elektronischen Marktplätzen im Ergebnis gezwungen, Händler, die ihre Registrierung nicht nachweisen, zu sperren.

Neue Pflichten für Fulfillment-Dienstleister im Verpackungsgesetz geregelt

Auch für Fulfillment-Dienstleister besteht künftig eine Kontrollpflicht. Fulfillment-Dienstleister sind Unternehmen, die mind. zwei der im Gesetz genannten Dienstleistungen Lagerhaltung, Verpacken, Adressieren oder Versand erbringen, ohne Eigentum an den entsprechenden Waren zu haben. Der Fulfillment-Dienstleister darf die genannten Dienstleistungen nicht mehr durchführen, wenn sein Auftraggeber nicht registriert ist. 

Verstöße gegen die vorgenannten Pflichten für Betreiber von elektronischen Marktplätzen oder Fulfillment-Dienstleister stellen ebenso Ordnungswidrigkeiten dar, die von den zuständigen Behörden mit Bußgeldern von bis zu EUR 100.000,00 geahndet werden können. Zudem besteht auch hier die Gefahr von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen durch Mitbewerber.

Neuer Mindeststandard für Recyclingfähigkeit von Verpackungen

Am 31. August 2022 hat die Zentrale Stelle im Einvernehmen mit dem Umweltbundesamt den jährlichen Mindeststandard der Recyclingfähigkeit von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen veröffentlicht. Die Recyclingfähigkeit ist für die Bemessung der an die dualen Systeme zu zahlenden Entgelte von Bedeutung. Hersteller recyclingfähiger Verpackungen profitieren dabei, sodass nachhaltiges Verpackungsdesign für Unternehmen auch unter ökonomischen Gesichtspunkten zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Die Zentrale Stelle hat im Zuge der Veröffentlichung des Mindeststandards zudem darauf hingewiesen, dass ein zunehmender Verzicht auf Kunststoffe, bspw. zugunsten von faserbasierten Kunststoffen, oftmals durchaus zu einer schlechteren Recyclingfähigkeit führe. Aus diesem Grund muss für bestimmte faserbasierte Verbundverpackungen zukünftig ein Nachweis über die Recyclingfähigkeit erbracht werden.

Weitergehende Pflichten für Unternehmen ab 1. Januar 2023

Mit den am 1. Juli 2022 in Kraft getretenen Änderungen des Verpackungsgesetzes ist die Entwicklung im Verpackungsrecht nicht abgeschlossen. Bereits zum 1. Januar 2023 treten weitere Änderungen in Kraft, die neue Anforderungen an das Angebot von Mehrwegalternativen mit sich bringen. So müssen ab diesem Zeitpunkt, mit Ausnahme kleiner Unternehmen, alle Letztvertreiber von Einwegkunststoffbehältern mit Lebensmitteln oder Getränken, insbesondere Restaurants und Cafés, zwingend eine Mehrwegalternative anbieten, ohne dass dafür ein höherer Preis verlangt werden darf. Auch hier drohen bei einer fehlenden Umsetzung Bußgelder und Abmahnungen. 

Die zunehmenden Vorgaben des Verpackungsrechts werden somit in Zukunft Unternehmen vor neue Herausforderungen stellen. Vor diesem Hintergrund ist es unerlässlich, sich bereits jetzt umfassend mit den bestehenden und zu erwartenden Anforderungen des Verpackungsgesetzes auseinanderzusetzen, um sich nicht der Gefahr von hohen Bußgeldern, Vertriebsverboten oder Abmahnungen durch Mitbewerber auszusetzen. 

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

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