Die Bundesregierung plant eine Reihe von Verschärfungen der außenwirtschaftsrechtlichen Investitionskontrolle bei „kritischen Unternehmenserwerben“.
Nachdem bereits Ende 2018 die Außenwirtschaftsverordnung im Hinblick auf den Erwerb kritischer Infrastrukturen geändert wurde, äußerte sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier in seiner Pressekonferenz vom 8. April 2020 zu einem, am selben Tag im Kabinett beschlossenen, Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 31. März 2020 zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Gesetze. Mit der Reform des Investitionsprüfungsrechts sollen ausländische Investitionen etwa in Unternehmen der kritischen Infrastruktur noch umfassender und vorausschauender geprüft werden können. Die Begründung des Gesetzesentwurfs macht aber bereits eingangs deutlich, dass der Fokus nunmehr auf den allgemeineren Begriff des „kritischen Unternehmenserwerbs“ gelegt werden soll.
So sieht der Entwurf des Änderungsgesetzes unter anderem vor, die Investitionskontrolle nach dem Außenwirtschaftsgesetz an die am 11. April 2019 in Kraft getretene Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union (sog. EU-Screening-Verordnung) anzupassen. Darüber hinaus soll die Investitionsprüfung im Hinblick auf rechtliche oder faktische Vollzugshandlungen während des Prüfverfahrens abgesichert werden.
Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes
Art. 1 des Änderungsgesetzes enthält die Änderungen des Außenwirtschaftsgesetzes unter anderem im Bereich der Investitionskontrolle.
Nach § 5 Abs. 2 AWG können Beschränkungen oder Handlungspflichten nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 AWG insbesondere angeordnet werden in Bezug auf den Erwerb inländischer Unternehmen oder von Anteilen an solchen Unternehmen durch unionsfremde Erwerber, wenn infolge des Erwerbs die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet ist. Dies setzt voraus, dass eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt.
Nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung würde nunmehr jedoch bereits eine voraussichtliche Beeinträchtigung ausreichen, der Entscheidungsspielraum bei der Prüfung wird somit erweitert. Zudem soll auch die voraussichtliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit eines anderen Mitgliedsstaats der Europäischen Union oder in Bezug auf Projekte oder Programme von Unionsinteresse im Sinne des Art. 8 der EU-Screening-Verordnung für die Anordnung von Beschränkungen oder Handlungspflichten ausreichen.
Die in § 15 Abs. 3 geregelte schwebende Unwirksamkeit von solchen Rechtsgeschäften, die dem Vollzug des Erwerbs eines inländischen Unternehmens oder einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einem inländischen Unternehmen dienen, soll auf alle meldepflichtigen Erwerbsgeschäfte (einschließlich der sektorübergreifenden Investitionsprüfung) erweitert werden.
Dem § 15 AWG soll ein neuer Absatz 4 hinzugefügt werden, wonach ein nach § 15 Abs. 3 AWG-Entwurf schwebend unwirksames Rechtsgeschäft es unter anderem verbietet, dem Erwerber die Ausübung von Stimmrechten unmittelbar oder mittelbar zu ermöglichen, ihm den Bezug von Gewinnauszahlungsansprüchen, die mit dem Erwerb einhergehen, oder ein wirtschaftliches Äquivalent zu gewähren sowie ihm unternehmensbezogene Informationen zu überlassen oder anderweitig offenzulegen, soweit sich diese auf bestimmte Unternehmensbereiche oder Unternehmensgegenstände beziehen. Das Bundeswirtschaftsministerium soll darüber hinaus anordnen können, dass bestimmte Informationen des inländischen Unternehmens als bedeutsam für die wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland oder für ihre öffentliche Sicherheit und Ordnung gelten, um einen vorzeitigen Vollzug eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 15 Abs. 2 AWG-Entwurf zu verhindern. Verstöße hiergegen sollen nach dem neuen § 18 Abs. 1b AWG-Entwurf mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe strafbewehrt sein.
Zudem soll das Bundeswirtschaftsministerium durch die Einfügung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 lit. e AWG Nationale Kontaktstelle im Sinne des Art. 11 der EU-Screening-Verordnung werden.
Änderung der Außenwirtschaftsverordnung
In dem Gesetzesentwurf werden auch Änderungen und Anpassungen der Investitionskontrolle im Rahmen der Außenwirtschaftsverordnung angekündigt, die unter anderem ebenfalls Anpassungen an die EU-Screening-Verordnung betreffen. Insbesondere soll aber die Investitionsprüfung für bestimmte kritische Technologien näher konkretisiert werden durch die Aufnahme eines klar umrissenen Katalogs ebendieser. In diesen Fällen soll sowohl eine Meldepflicht als auch eine Prüfmöglichkeit ab einer Schwelle von 10 % Anteilserwerb vorliegen. Der Katalog wird voraussichtlich unter anderem die kritischen Technologien künstliche Intelligenz, Robotik, Halbleiter, Biotechnologie sowie Quantentechnologie beinhalten.
Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass auch im Rahmen der Corona-Pandemie in den Vordergrund gerückte Technologiebereiche darin aufgenommen werden.
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