Die Durchführung einer grenzüberschreitenden Spaltung wird erstmalig durch das UmRUG ermöglicht.
Am 1. März 2023 trat das UmRUG (Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie) in Kraft und brachte mit der Einführung der grenzüberschreitenden Spaltung ein wirkliches Novum mit sich. Damit ist nun endlich für alle drei im Umwandlungsgesetzt geregelten nationalen Strukturmaßnahmen – Verschmelzung, Formwechsel und Spaltung – auch der Weg über die Grenzen eröffnet.
Möglichkeit grenzüberschreitend zu spalten bringt viele Vorteile mit sich
Vielfach wurde das Instrument der grenzüberschreitenden Spaltung in den vergangenen Jahren erwähnt, angedacht, geprüft – und dann als mögliche Strukturmaßnahme wieder verworfen und es wurden andere Wege gewählt. Denn während es für grenzüberschreitende Verschmelzungen bereits harmonisierte gesetzliche Regelungen gab und grenzüberschreitende Formwechsel – wenn auch verbunden mit Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der praktischen Umsetzung – aufgrund der Rechtsprechung des EuGH jedenfalls allgemein anerkannt waren, existierten für die grenzüberschreitende Spaltung weder Regelungen noch Rechtsprechung. Im Ergebnis wurde die im nationalen Kontext sehr beliebte Spaltung grenzüberschreitend nicht durchgeführt. Zu groß war die damit verbundene Rechtsunsicherheit.
Die Einführung von harmonisierten Regelungen durch das UmRUG wurde deshalb mit Freude erwartet. Bietet doch die Spaltung im Vergleich zur Einzelrechtsübertragung von Vermögensgegenständen den großen Vorteil der partiellen Gesamtrechtsnachfolge, d.h. Rechte und Pflichten können grundsätzlich auch ohne Zustimmung Dritter übertragen werden. Gerade bei der Spaltung von ganzen operativen Betrieben oder Betriebsteilen bringt dies enorme Erleichterungen mit sich. Im Gegensatz zur Einzelrechtsübertragung ist die Spaltung zudem im Falle der Übertragung eines Betriebsteils im steuerlichen Sinn auch ohne den Anfall von Ertragsteuern möglich.
Für viele Unternehmen und Konzerne wird die grenzüberschreitende Spaltung eine wertvolle Gestaltungsoption sein. Anwendungsfälle wird es vor allem in den folgenden Bereichen geben:
- Schaffung einer internationalen Holding-Struktur: Soll eine Gesellschaft zukünftig als Holding agieren, kann es eine Option sein, ihre Betriebsstätten im europäischen Ausland in Tochtergesellschaften auszugliedern.
- Vorbereitung von M&A Transaktionen: Im Rahmen von M&A Transaktionen können die Erwerbsgegenstände im Vorfeld durch Spaltungen bereits herausgelöst und in selbständige Rechtsträger überführt werden, die dann als Gesamtheit erworben werden können.
- Post-Merger Integration: Nach M&A Transaktionen bietet die Spaltung die Möglichkeit, das neue Unternehmen zu integrieren und Synergien zu schaffen, beispielsweise durch Abspaltung von ausländischen Betriebsstätten einer neuen Gesellschaft.
- Vorbereitung einer Joint-Venture Struktur: Zur Etablierung von Joint Ventures kann das erforderliche Betriebsvermögen durch Spaltungen an das Joint Venture Vehikel übertragen und durch den spaltungsimmanenten Anteilstausch die gewünschte Joint Venture Struktur geschaffen werden.
Nicht alle Formen der nationalen Spaltung sind auch grenzüberschreitend möglich
Im Vergleich zu nationalen Spaltungen sind grenzüberschreitend nicht alle Spielarten einer Spaltung zulässig. Während es im nationalen Recht möglich ist, sowohl auf bestehende Rechtsträger (Spaltung zur Aufnahme), als auch auf neue Rechtsträger (Spaltung zur Neugründung) zu spalten, ist die grenzüberschreitende Spaltung zunächst auf die Spaltung zur Neugründung beschränkt. Nur in Ausnahmefällen erlaubt das Gesetz die Spaltung zur Aufnahme, und zwar dann, wenn in den beteiligten Rechtsträgern in den sechs Monaten vor Bekanntmachung des Spaltungsplans im Handelsregister durchschnittlich weniger als vier Fünftel der Zahl der Arbeitnehmer, die für eine Mitbestimmung nach dem Recht des Staates maßgeblich sind, dem die übertragende Gesellschaft unterliegt (bei einer deutschen Gesellschaft also weniger als 400), beschäftigt sind.
Hintergrund für diese Einschränkung des Anwendungsbereichs ist, dass die dem UmRUG zugrunde liegende Umwandlungsrichtlinie zum Schutz der Mitbestimmung der Arbeitnehmer nur die Spaltung zur Neugründung erlaubt. Mit der oben genannten Ausnahme hat der deutsche Gesetzgeber also erfreulicherweise – richtlinienüberschießend – jedenfalls die Fälle der Spaltung zur Aufnahme erlaubt, in denen er keine Gefahr für die Mitbestimmung der Arbeitnehmer sieht. Ob von dieser Ausnahme in der Praxis Gebrauch gemacht werden kann, hängt allerdings von der Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie in den anderen beteiligten Mitgliedstaaten ab. Denn nur, wenn auch diese bei der Umsetzung von der Richtlinie abgewichen sind und die Spaltung zur Aufnahme erlauben, kann eine solche praktisch erfolgen.
Innerhalb dieses Anwendungsbereichs regelt das UmRUG wie im nationalen Recht für die grenzüberschreitende Spaltung die folgenden drei Unterfälle:
Aufspaltung | Die übertragende Gesellschaft überträgt ihr gesamtes Vermögen auf zwei oder mehrere neue (oder ggf. bestehende) Rechtsträger und erlischt dabei ohne ein Liquidationsverfahren. Die Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft erhalten als Gegenleistung Anteile an dem aufnehmenden Rechtsträger. Die übertragende Gesellschaft erlischt ohne ein Liquidationsverfahren
Abspaltung | Die übertragende Gesellschaft überträgt einen Teil ihres Vermögens auf einen oder mehrere neue (oder ggf. bereits bestehende) Rechtsträger. Die Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft erhalten als Gegenleistung Anteile an dem aufnehmenden Rechtsträger. Die übertragende Gesellschaft bleibt bestehen.
Ausgliederung | Die übertragende Gesellschaft überträgt einen Teil ihres Vermögens auf einen oder mehrere neue (oder ggf. bestehende) Rechtsträger. Die übertragende Gesellschaft bleibt bestehen. Im Unterschied zur Abspaltung erhält die übertragende Gesellschaft selbst und nicht ihre Anteilsinhaber Anteile an dem aufnehmenden Rechtsträger.
Zwei weitere Einschränkungen sind zu erwähnen:
Wie auch die grenzüberschreitende Verschmelzung und der grenzüberschreitende Formwechsel erlaubt das Umwandlungsgesetz nur Spaltungen innerhalb des EU/EWR-Raums. Eine Spaltung in einen oder aus einem Drittstaat ist auf dieser Basis nicht möglich.
Jedoch ist auch hier im Einzelfall zu prüfen, ob eine solche Spaltung mittelbar unter Zwischenschaltung eines anderen EU/EWR-Staats umgesetzt werden kann, der Umwandlungsmaßnahmen mit Drittstaaten erlaubt. Solche Maßnahmen sind beispielsweise in bestimmten Fällen in Österreich, Luxemburg oder Belgien umsetzbar.
Die Beschränkung grenzüberschreitender Umwandlungsmaßnahmen auf Kapitalgesellschaften gilt auch für grenzüberschreitende Spaltungen.
Der Ablauf – Im Gleichlauf mit der Verschmelzung
Der für die grenzüberschreitende Verschmelzung im Umwandlungsgesetz verankerte grundsätzliche Ablauf der Maßnahme wurde auch für die grenzüberschreitende Spaltung übernommen. Auch wenn das Umwandlungsgesetz durch den Verweisungsmechanismus an Übersichtlichkeit nicht gewonnen hat, bringt dies zumindest eine gewisse Kontinuität der für solche Strukturmaßnahmen relevanten Themen mit sich. Somit gliedert sich der Ablauf einer grenzüberschreitenden Spaltung in die folgenden Phasen:
Vorbereitung | Beschlussfassung | Rechtmäßigkeitskontrolle |
Auch für die Spaltung sollte damit der für die grenzüberschreitende Verschmelzung geschätzte Zeitaufwand von ca. 8 bis 10 Monaten realistisch sein. Neben mitbestimmungsrechtlichen Themen sind die größten „Zeitfresser“ dabei die Fristen, die zum Schutz der Gläubiger, Arbeitnehmer und Minderheitsgesellschafter zwingend sowohl von den beteiligten Rechtsträgern und Gesellschaftern als auch von den Registergerichten zu beachten sind. Die mit dem UmRUG eingeführte Verpflichtung der Registergerichte im Rahmen der durchzuführenden Rechtmäßigkeitskontrolle eine Missbrauchskontrolle durchzuführen, wenn Anhaltspunkte für missbräuchliche oder betrügerische Zwecke der Maßnahme vorliegen, kann noch zu weiteren Verzögerungen führen.
Mitbestimmung
Die Mitbestimmung im Rahmen grenzüberschreitender Spaltungen regelt das neue Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung (MgFSG). Die Regelungen sind konzeptionell weitgehend identisch mit den Regelungen über die Mitbestimmung bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen nach dem MgVG.
Daher muss unter bestimmten Voraussetzungen ein Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren in der zu spaltenden Gesellschaft durchgeführt werden, mit dem Ziel, eine Vereinbarung zwischen der Unternehmensleitung und den Arbeitnehmern (vertreten durch das sog. besondere Verhandlungsgremium – BVG) über die Mitbestimmung zu verhandeln und abzuschließen. Kommt eine Einigung nicht zu Stande, greift eine gesetzliche Auffanglösung, die den bisher im formwechselnden Rechtsträger geltenden Mitbestimmungsstatus absichert (Vorher-Nachher-Prinzip). Die Verhandlungen können bis zu sechs Monate und bei einvernehmlicher Verlängerung sogar bis zu einem Jahr dauern.
Voraussetzungen für das Beteiligungsverfahren
Ein Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren ist bei einer grenzüberschreitenden Spaltung durchzuführen, wenn die sich spaltende Gesellschaft
- bereits mitbestimmt war oder
- mindestens 4/5 des Arbeitnehmer-Schwellenwerts erreichte, der nach dem Recht des Wegzugsstaats die Mitbestimmung der Arbeitnehmer auslöst.
Die 4/5-Regelung soll verhindern, dass sich Unternehmen kurz vor Erreichen einer mitbestimmungsrelevanten Schwelle durch eine grenzüberschreitende Spaltung ins Ausland der drohenden Mitbestimmung entziehen. Beim Scheitern der Verhandlungen führt die gesetzliche Auffanglösung in diesem Fall aber grds. nicht zur Mitbestimmung. Dieser Status wird dann vorbehaltlich nachfolgender Umwandlungen auch eingefroren.
Im Unterschied zu den Regelungen für grenzüberschreitende Verschmelzungen kann die Unternehmensleitung des sich spaltenden Rechtsträgers das Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren nicht „überspringen“ und die gesetzlichen Auffangregelungen zur Geltung kommen lassen, wenn der sich spaltende Rechtsträger bereits mitbestimmt war. Das Beteiligungsverfahren ist also in jedem Fall durchzuführen, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen.
Sicherung von Mitbestimmungsrechten durch Missbrauchskontrolle
Unternehmen, die mind. 4/5 des relevanten nationalen Schwellenwerts für die Mitbestimmung erreichen, wird die grenzüberschreitende Spaltung also erschwert. Sie müssen ein Verfahren zur Sicherung von Mitbestimmungsrechten durchführen, obwohl solche Mitbestimmungsrechte (noch) gar nicht bestehen.
Der deutsche Gesetzgeber baut für solche Unternehmen noch eine weitere Hürde auf: Anhaltspunkt für eine missbräuchliche grenzüberschreitende Spaltung soll nämlich sein, dass
die Zahl der Arbeitnehmer mindestens vier Fünftel des für die Unternehmensmitbestimmung maßgeblichen Schwellenwerts beträgt, im Zielland keine Wertschöpfung erbracht wird und der Verwaltungssitz in Deutschland verbleibt.
Diese Regelung zur Missbrauchskontrolle findet keine Stütze in der Umwandlungsrichtlinie. Sie dürfte unionsrechtswidrig sein. Nichtsdestotrotz muss man sich in der Praxis in einschlägigen Konstellationen nunmehr damit auseinandersetzen.
Steuern nicht vergessen!
Zusätzlich zu den umwandlungsrechtlichen Vorgaben sind auch die steuerlichen Voraussetzungen für eine beabsichtigte Steuerneutralität der Spaltung sowohl im Ausgangs- als auch im Zielstaat zu prüfen und etwaige divergierende steuerliche Regelungen (bspw. zur steuerlichen Rückwirkung der Spaltung) entsprechend zu koordinieren.
Nach deutschen Grundsätzen sind grenzüberschreitende Spaltungen von Kapitalgesellschaften für Zwecke der deutschen Körperschaft- und Gewerbesteuer auf Antrag grds. ertragsteuerneutral zu steuerlichen Buchwerten möglich, wenn Gegenstand der Spaltung ein Teilbetrieb im umwandlungssteuerrechtlichen Sinne ist. Bei der grenzüberschreitenden Spaltung von Kapitalgesellschaften in Form der Abspaltung und der Aufspaltung ist dies ungeachtet der Ansässigkeit der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger möglich. Allerdings ist bei Ab- und Aufspaltungen für eine Ertragsteuerneutralität erforderlich, dass sowohl das auf den übernehmenden Rechtsträger übergehende Vermögen als auch das beim übertragenden Rechtsträger zurückbleibende Vermögen jeweils einen Teilbetrieb darstellt (sog. doppeltes Teilbetriebserfordernis). Ferner sind bei Ab- und Aufspaltungen steuerliche Spaltungshindernisse zu beachten, etwa im Zusammenhang mit (i) dem Erwerb oder Aufstocken eines Teilbetriebs innerhalb der zurückliegenden 3 Jahre vor dem Spaltungsstichtag, (ii) dem Vollzug einer Veräußerung bzw. deren Vorbereitung durch die Spaltung oder (iii) mit der Trennung von Gesellschafterstämmen.
Bei der Spaltung einer Kapitalgesellschaft in Form der Ausgliederung ist anders als bei der Ab- und Aufspaltung erforderlich, dass sowohl der übertragende als auch der aufnehmende Rechtsträger Sitz und Ort der Geschäftsleitung in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat haben bzw. alternativ zum Ansässigkeitserfordernis des übertragenden Rechtsträgers das deutsche Besteuerungsrecht an den im Rahmen der Ausgliederung erhaltenen Anteilen nicht ausgeschlossen oder beschränkt ist. Teilbetriebsanforderungen an das zurückbleibende Vermögen gibt es bei der Ausgliederung anders als bei der Ab- und Aufspaltung nicht.
Im Übrigen gelten die Grundsätze zur Verschmelzung entsprechend. Insofern kann es bspw. bei gegenseitigen Beteiligungen oder Forderungen u.U. zu ungewollten Steuereffekten kommen oder in Einzelfällen auch zu einer geänderten Zuordnung von einzelnen Wirtschaftsgütern zum ausländischen Stammhaus der übernehmenden Kapitalgesellschaft mit der Folge einer Entstrickungsbesteuerung. Auch auf Ebene der übernehmenden Kapitalgesellschaft oder deren Tochtergesellschaften kann es u.U. zu einem Untergang von ungenutzten steuerlichen Verlusten (einschließlich Verlustvorträgen) aufgrund Änderung der unmittelbaren oder mittelbaren Kapitalverhältnisse (> 50%) kommen. Entsprechendes gilt bei der Spaltung von Beteiligungen für ungenutzte steuerlichen Verluste hinsichtlich der unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungsgesellschaften.
Darüber hinaus gelten die Steuerneutralität und die steuerliche Rückwirkung für Ertragsteuerzwecke nicht automatisch auch für andere Steuerarten. Dies gilt insbesondere für die Grunderwerbsteuer: Sofern das übertragende Vermögen deutschen Grundbesitz beinhaltet (einschließlich mittelbaren Grundbesitz bei Abspaltung einer Beteiligung), kann dies u.U. zu ungewollten Steuerbelastungen führen.
Erhebliches praktisches Bedürfnis für grenzüberschreitende Spaltungen
Spaltungen sind auf nationaler Ebene ein unentbehrliches Gestaltungsinstrument. Endlich ist es nun möglich, auch grenzüberschreitend zu spalten. Anders als bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen und Formwechsel gab es bisher keine Praxiserfahrung mit dieser Umwandlungsmaßnahme. Mit den aufgezeigten Anwendungsfällen (insbesondere Umstrukturierung im Vorfeld oder Nachgang von M&A Transaktionen / Joint Ventures oder Schaffung einer Holding-Struktur) besteht für grenzüberschreitende Spaltungen jedoch ein erhebliches praktisches Bedürfnis. Daher ist mit zahlreichen grenzüberschreitenden Spaltungen in naher Zukunft zu rechnen.
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