20. Oktober 2022
Metaverse Arbeitsbedingungen
Metaverse

Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen am virtuellen Arbeitsplatz – Was müssen Unternehmen beachten?

Mit der Arbeit im Metaverse stellt sich für Unternehmen die Frage, bleibt alles beim Alten oder gibt es neue arbeitsrechtliche Fallstricke am virtuellen Arbeitsplatz?

51 % der in der jährlichen Work-Trend-Index-Umfrage von Microsoft Befragten aus der Generation Z sind der Meinung, dass sie in den nächsten zwei Jahren zumindest einen Teil ihrer Arbeit in einer Metaverse-Umgebung erledigen werden. Arbeitgeber* müssen sich also über kurz oder lang mit den rechtlichen Besonderheiten des Metaverse auseinandersetzen und entsprechende Maßnahmen vornehmen.

Auch wenn es den Begriff „Metaverse“ bereits seit mindestens 1992 gibt, ist er erst in den letzten Jahren dank Innovationen massentauglich geworden und wird von einzelnen Unternehmen als virtueller Arbeitsplatz erprobt. Insbesondere aufgrund der Neuheit des Arbeitsortes stehen Unternehmen vor der Herausforderung die rechtlichen Bedingungen für den virtuellen Arbeitsplatz festzulegen. Gibt es für Unternehmen Handlungsbedarf oder sind die Regelungen für den physischen Arbeitsplatz ausreichend übertragbar und anwendbar?

Hinsichtlich der Arbeit im Metaverse sind zwei Grundsätze festzuhalten:

  • Das Metaverse ist kein rechtfreier Raum. Rechtliche Vorschriften für den physischen Arbeitsort – somit auch die arbeitsrechtlichen Vorschriften – finden in der Regel Anwendung.
  • Ein neuer Arbeitsort wirft aber auch neue Fragen auf, weil sich neue Probleme in der virtuellen Welt ergeben, die in der realen Welt nicht denkbar sind. Hierfür müssen Unternehmen neue Regeln festlegen, ehe die Mitarbeiter anfangen im Metaverse zu arbeiten.

Diese beiden Feststellungen gelten nicht nur für den Schutz vor Diskriminierungen und Belästigungen, sondern für jegliche Form der arbeitsrechtlichen Regelungen, wie etwa zu der Frage der Arbeits- und Gesundheitsschutzvorschriften und Vergütungsfragen. Welche Auswirkungen die Arbeit im Metaverse auf diese Regelungen hat, soll im Folgenden aufgezeigt werden.

Metaverse: Die Frage nach dem anwendbaren Recht

Die Frage, wo sich das Metaverse befindet, ist wohl kaum zu beantworten. Wie das Internet, ist das Metaverse nämlich überall. Wirft man einen Blick in die 7 Regeln des Metaverse-Kodex‘ – eine Art Fundament für die virtuelle Welt –, wird die Suche nach der Antwort auf den Ort sogar noch komplexer. Regel 1 „Es gibt nur ein Metaverse“ und Regel 3 „Niemand kontrolliert das Metaverse“ lassen vermuten, dass das Metaverse eben nicht auf einen bestimmten Ort und eine zuständige Stelle fixiert werden kann. 

Mithin ist die Frage nach dem anwendbaren Recht eben nicht eindeutig zu beantworten. Keinesfalls sollte aber daraus die Schlussfolgerung gezogen werden, dass dann eben kein Arbeitsrecht gilt. Im Gegenteil: für die Frage nach dem anwendbaren Arbeitsrecht, braucht es eine Einzelfallbetrachtung. Hierbei kommen verschiedene Anknüpfungspunkte in Betracht: das Recht des Herkunftslandes des im Einzelfall Betroffenen, das Recht des Plattformbetreibers, das internationale Privatrecht oder internationale Vereinbarungen oder eben auch ein speziell für das Metaverse geltender Nutzungsvertrag. Was bedeutet das im Umkehrschluss für Unternehmen? Nur weil der physische Arbeitsort beispielsweise auf deutschem Boden liegt, bedeutet dies nicht, dass dies auch für die Arbeit im Metaverse anwendbar ist. Vielmehr müssen Unternehmen die Frage vor der Einführung des Metaverses klären, welches Recht für die Arbeitsbedingungen gilt. 

Arbeits- und Ruhezeiten – Parallelen zum Remote Work

In Deutschland gibt es klare Vorschriften zu der Arbeitszeit, deren Einhaltung von Arbeitgebern zu gewährleisten sind. Das gilt auch für die Arbeit im Metaverse. Dass somit auch im Metaverse die reguläre Arbeitszeit von acht Stunden nicht überstiegen werden darf und Pausenzeiten einzuhalten sind, dürfte Unternehmen nicht überraschen. Problematischer ist allerdings die Frage nach dem „Offline-sein“. Bereits in der Remote Work-Debatte stellte sich für Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Herausforderung, klare Grenzen zu ziehen. Mit der spielartigen Gestaltung der virtuellen Welt verschwimmen die Grenzen von Arbeit und Privatleben aber noch weiter. 

Hinzu kommt, dass es im Metaverse als solches keine bestimmte Zeit gibt, es sei denn Unternehmen legen entsprechende zeitliche Rahmenbedingungen fest, die im Metaverse die reale Zeit wiedergeben. Gibt es im Metaverse also Kernarbeits- und Kernruhezeiten? Kann von Nachtschichten die Rede sein? Auch hier braucht es wohl einer Einzelfallbetrachtung. Mangels eines Rechtsrahmens für die Arbeit in der virtuellen Welt, sind im Zweifel wohl die Regularien und Ausarbeitungen für das Homeoffice / Remote Work anzuwenden. Insbesondere sind also auch im Metaverse alle Maßnahmen zu treffen, die das Wohlbefinden der Arbeitnehmer schützen. Auch Regeln zum Abschalten, wie es etwa in Frankreich gilt, müssen von Arbeitgebern im Metaverse umgesetzt werden. Eine arbeitsbezogene Nachricht nach den Arbeitszeiten an Arbeitnehmer wäre in diesem Fall also kaum zulässig. Auch wenn es in Deutschland einem solchen expliziten Recht fehlt, sind den Arbeitnehmern aber keinesfalls die Ruhezeiten zu nehmen. Angesichts der kürzlich veröffentlichten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Arbeitszeiterfassung müssen Unternehmen auch die sich daraus ergebenden Konsequenzen bei der Arbeitszeit im Metaverse berücksichtigen.

Vorsicht vor gesundheitlichen Schäden – Gesundheitsschutz im Metaverse

Für den physischen Arbeitsplatz gelten zum Schutz der Arbeitnehmer diverse Arbeitsschutzvorschriften. So wird der Arbeitgeber im Arbeitsschutzgesetz dazu verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen.

Die erste Frage, die sich Arbeitgeber stellen, ist wohl, ob diese Schutzpflichten im Metaverse überhaupt Sinn ergeben. Wenn der Avatar eines Arbeitnehmers beispielsweise einen Arbeitsunfall hat, muss wohl keiner Erste Hilfe leisten oder um die Gesundheit des Arbeitnehmers fürchten. Der Avatar ist somit im Metaverse sicher. Auch wenn also keine besondere Gefahr im Metaverse gegeben ist, so bestehen aber Verletzungsrisiken außerhalb des Metaverses. Beispielsweise im Wohnzimmer des Arbeitnehmers, wo sich dieser mit seiner VR-Brille aufhält. Letztendlich wird der virtuelle Arbeitsplatz über einen physischen Arbeitsplatz gefördert. Also muss auch hier der Arbeitgeber alles in seinem Machtbereich Mögliche tun, um die Sicherheit zu gewährleisten. Der Arbeitgeber sollte die für das Homeoffice / Remote Work ergriffenen Maßnahmen prüfen und auf das Metaverse übertragen. 

Daneben sind aber auch neue Gefahren zu berücksichtigen: so kann das längere Tragen einer VR-Brille zu gesundheitlichen Schäden führen. Hier müssen also Arbeitgeber neue Schutzmaßnahmen, wie etwa Pausenzeiten in bestimmten Zeitabschnitten einführen. Auch müssen Arbeitnehmer die Ausgrenzung von Arbeitnehmern im Metaverse verhindern. Beispielsweise ist sicherzustellen, dass schwerbehinderte Menschen nicht von der Zusammenarbeit im Metaverse ausgeschlossen werden.

Neuer Arbeitsort, aber alte Währung für den Arbeitslohn

Wird die Arbeit schon an einem virtuellen, digitalen Ort verbracht, warum dann nicht auch das Arbeitsentgelt in Kryptowährungen ausgezahlt bekommen? Im Metaverse wird in der Regel mit NFTs und Kryptowährungen gehandelt. 

Die Bezahlung des Arbeitsentgeltes in Krypto geht aber mit erheblichen Risiken einher. Die täglichen Schwankungen im Wert von Kryptowährungen lassen wohl kaum das Gehalt in einer Kryptowährung beziffern. Alternative wäre wohl die Umrechnung des vereinbarten Euro-Gehalts zum Auszahlungstag in Krypto denkbar. Aber auch hier trägt dann der Arbeitnehmer das Risiko, dass sein ausgezahltes Gehalt enorm an Wert verliert. 

Zudem macht etwaigen Gedanken bereits die Gewerbeordnung einen Strich durch die Rechnung: so schreibt § 107 Abs. 1 GewO vor, dass das Arbeitsentgelt in Euro auszubezahlen ist. Auszahlungen in Kryptowährungen wären demnach nur als Sachbezüge nach § 107 Abs. 2 S. 1 der GewO denkbar. Kurzum bedeutet das: auch wenn Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern eine neue Art der Arbeit ermöglichen, muss diese auf die altbekannte Weise vergütet werden.

Regelwerk für das Metaverse: geltende Arbeitsbedingungen auf den Prüfstand stellen

Die Chancen und Risiken der Arbeit im Metaverse sind zwei Seiten einer Medaille. Da Unternehmen das Metaverse wohl kaum als dauerhaften Arbeitsort nutzen werden, sondern als eine „nette Alternative“ zum gelegentlichen Arbeiten, müssen Unternehmen das Zusammenspiel zwischen physischen Arbeitsort und virtuellen Arbeitsort erforschen und entsprechend in der Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen berücksichtigen. Ein in diesem Beitrag nicht beleuchteter, aber für das Metaverse sehr relevanter Bereich, ist der des Datenschutzes. Dieser wird gesondert in einem Beitrag im Rahmen dieser Serie beleuchtet.

Arbeitgeber müssen die Regelungen für die Arbeitsbedingungen auf den Prüfstand stellen, um Besonderheiten des Metaverse ergänzen oder eben neue Regelwerke einführen. Ein Risiko besteht in der Hinsicht, dass es für den virtuellen Arbeitsplatz kein gesondertes Regelwerk gibt. Grundsätzlich sind die geltenden Arbeitsvorschriften aber auf den virtuellen Raum übertragbar und da wo Lücken bestehen, wird mit der Zeit der Gesetzgeber nachbessern müssen.

In unserem CMS-Blog informieren wir Sie im Rahmen unserer Blog-Serie „Metaverse“ fortlaufend mit aktuellen Beiträgen zum Metaversum. Nach einer Einführung in das „Metaverse“ sind wir bereits eingegangen auf Arbeit im Metaverse, auf Rechtsberatung im Metaverse und geben einen Überblick über Steuern im Metaverse sowie über die Umsatzsteuer bei der Vermietung von virtuellem Land im Metaverse. Darüber hinaus haben wir uns mit dem Markenschutz für Blockchain- und andere Krypto-Projekte, dem Markenschutz vs. Kunstfreiheit bei mit NFTs verlinkten Medien sowie dem Markenschutz für digitale Produkte im „Metaverse“ und den EUIPO-Leitlinien zur Eintragung virtueller Waren und NFT beschäftigt.

Informationen zu unserem CMS New-Work-Beratungspaket finden Sie hier.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Arbeitsbedingungen Arbeitsrecht Gesundheitsschutz Metaverse