31. Mai 2016
Berichtigung § 153 AO
Steuerrecht

BMF Schreiben zur Berichtigung gem. § 153 AO ist veröffentlicht 

Das BMF nimmt Stellung zu Abgrenzungsfragen der Berichtigung gemäß § 153 AO von einer strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO.

Im Sommer 2015 hat das Bundesfinanzministerium den Diskussionsentwurf versendet. Nun wurde das Schreiben zur Berichtigung gem. § 153 AO veröffentlicht. Alle im Diskussionsentwurf enthaltenen Beispiele sind entfernt und zahlreiche Anregungen nicht übernommen worden.

Das Unterlassen einer Berichtigung ist eine Steuerhinterziehung

Dem Petitum der Verbände, eine Berichtigungspflicht dann zu verneinen, wenn eine nachträgliche Kenntnis der Unrichtigkeit darauf beruht, dass sich die Auffassung der Finanzverwaltung geändert oder eine neue Rechtsprechung sich entwickelt hat, ist das BMF nicht nachgekommen.

Es bleibt offen, wie die Finanzverwaltung diese Aspekte werten wird. Angesichts der klaren Aussage, dass jede unterlassene Berichtigung eine Steuerhinterziehung ist, wäre diese Klarstellung wünschenswert gewesen. Unklar ist, ob dem Steuerpflichtigen zuzumuten ist, sämtliche mögliche bedeutsame Entscheidungen der Gerichte und nachträgliche Änderungen der Verwaltungsauffassung zu beobachten.

Das BMF hält weiterhin daran fest, dass das Erkennen im Sinne des § 153 AO zwingend positive Kenntnis hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit und der damit einhergehenden Minderung des Steueranspruchs voraussetzt. Ein bloßes Erkennen-Können oder Erkennen-Müssen reicht nach dem BMF Schreiben nicht aus.

Bedeutet dies, dass aktive Nachprüfungen zum Beispiel bei Fehlern, die systemisch angelegt sind und daher darauf schließen lassen, dass sie in mehreren Veranlagungszeiträumen vorkommen, nicht erforderlich sind? Vielmehr solche Nachforschungen tunlichst zu vermeiden sind, um nicht die positive Kenntnis zu erlangen?

Die Anzeige und Berichtigung hat unverzüglich zu erfolgen

Sowohl die Anzeige als auch die Berichtigung hat unverzüglich nach positiver Kenntnis zu erfolgen. Bedeutet die positive Kenntnis, dass der Steuerpflichtige ausreichend Zeit hat, die Tatsachen vollständig aufzuklären und bei Zweifel in der rechtlichen Würdigung Rechtsrat einzuholen?

Dazu schweigt der Erlass und bietet leider keine Hilfestellung.

„Unverzüglich“ bedeutet ohne schuldhaftes Zögern. Der Erlass empfiehlt ein abgestuftes Vorgehen, wenn die Aufbereitung der Unterlagen noch Zeit beansprucht, wobei die erforderliche Zeitdauer begründet werden soll. Dies bereitet in der Praxis Schwierigkeiten. Eine Anzeige ohne Berichtigung erfüllt nicht die Anforderungen einer Selbstanzeige.

Die stufenweise Berichtigung kann nur dann gewählt werden, wenn es ausgeschlossen ist, dass der „Fehler″ vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht ist. Auch an dieser Stelle wird – wie schon nach Einführung des Strafzuschlags gem. § 398a AO – die Unterscheidung zwischen Berichtigung und Selbstanzeige bedeutsam und der Schritt zur abgestuften Berichtigung sollte sorgsam gewählt werden.

Eine unterlassene Berichtigung führt zur Verlängerung der Verjährungsfrist

Bemerkenswert sind ebenfalls die Aussagen zu der Festsetzungsverjährung. Denn eine Berichtigung gem. § 153 AO ist nur innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist notwendig. Im Falle einer unterlassenen, aber gebotenen Berichtigung verlängert sich die Festsetzungsfrist auf 10 Jahre, wobei sie nach richtiger Lesart nicht von neuem beginnt.

Fehleraufdeckung durch Betriebsprüfung

Fehlerfeststellungen durch die Betriebsprüfungen machen für die in der Prüfungsanordnung genannten Zeiträume und Steuerarten eine Berichtigung entbehrlich. Diese Aussage ist konsequent, denn das Aufklärungsbedürfnis der Finanzverwaltung entfällt, wenn der Fehler durch die Betriebsprüfung entdeckt ist.

Gerade aber bei Dauersachverhalten wird eine Berichtigung für die nicht geprüften Zeiträume die logische Konsequenz sein.

Kein Anfangsverdacht wegen Höhe der Steuermehrbelastung

Erfreulicherweise geblieben ist die Feststellung, dass allein die Höhe der Steuermehrbelastung für einen Anfangsverdacht nicht ausreiche.

Soweit der Steuerpflichtige eine fehlerhafte Erklärung abgibt, habe die Finanzbehörde sorgfältig zu prüfen, ob der Anfangsverdacht einer vorsätzlichen oder leichtfertigen Steuerverkürzung gegeben ist. Vor Einleitung eines Strafverfahrens bedarf es weiterer Anhaltspunkte.

Innerbetriebliches Kontrollsystem kann dem Vorwurf einer Steuerhinterziehung oder -verkürzung entgegenstehen

Wenn der Steuerpflichtige ein in den Steuerfachkreisen bis dato unbekanntes innerbetriebliches Kontrollsystem eingerichtet hat, kann dies einer vorwerfbaren Steuerhinterziehung bzw. Steuerverkürzung entgegengehalten werden. Dieses Indiz wird weiter abgeschwächt, denn nach dem BMF Schreiben soll ein solches System nur „gegebenenfalls″ gegen Vorsatz oder Leichtfertigkeit sprechen. Das innerbetriebliche Kontrollsystem bleibt weiterhin ein nicht näher definierter Begriff. Das Institut der Wirtschaftsprüfer soll hierzu eine Verlautbarung herausgeben. Diese Verlautbarung hat jedoch nicht dieselbe Rechtsqualität wie ein BMF-Schreiben, an den die Finanzverwaltung gebunden ist.

Und was bedeutet „gegebenfalls″?

Letztlich bleibt also offen, in welchem Ausmaß die Erfüllung der steuerlichen Pflichten organisiert und mit welcher Kompetenz die steuerlichen Angelegenheiten erledigt werden müssen, um überhaupt als ein innerbetriebliches Kontrollsystem anerkannt zu sein.

Resümee: Der Erlass ist positiv zu werten

Viele Aspekte werden nun als Verwaltungsauffassung festgeschrieben, die schon herrschende Meinung darstellten. Begrüßenswert bleibt auch der Hinweis, dass ein innerbetriebliches Kontrollsystem vor dem Vorwurf der Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung schützen kann. Auf der anderen Seite bleibt der Entwurf dann doch in vielen Punkten unklar.

Die Praxis wird zeigen, ob dieser Erlass vor allem auch in den Betriebsprüfungen eine ausreichende Hilfestellung für die Beteiligten darstellt.

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