16. Februar 2024
elektronische Rechnung
Steuerrecht

Die elektronische Rechnung – erste Einordnungen und Ausblicke in die praktische Umsetzung

Die geplante Änderung des § 14 UStG soll künftig überwiegend die Verwendung von sog. elektronischen Rechnungen zur Geltendmachung der Vorsteuer voraussetzen.

Der Gesetzesentwurf des Wachstumschancengesetzes vom 15. November 2023 beinhaltet insbesondere die künftige beabsichtigte Verpflichtung von deutschen Unternehmen zur flächendeckenden Nutzung von strukturierten automatisierbaren elektronischen Rechnungen (sogenannten elektronische Rechnungen oder E-Rechnungen). 

Mit diesem Gesetzesvorhaben wird sich am 21. Februar 2024 der Vermittlungsausschuss beschäftigen. 

Bisherige Verwendung der elektronischen Rechnung im In- und Ausland

Im öffentlichen Sektor ist die E-Rechnung in Deutschland bereits seit 2018 in der sogenannten E-Rechnungsverordnung (ERechV) etabliert. Hierbei wird die Verwaltung verpflichtet, im Rahmen der Abrechnung bestimmter öffentlicher Aufträge lediglich E-Rechnungen, also Rechnungen in einem strukturierten elektronischen Format, zu akzeptieren (§§ 1, 2 Abs. 2 ERechV). Dementsprechend waren die Lieferanten und Dienstleister diverser juristischen Personen des öffentlichen Rechts weit überwiegend zum Versand von E-Rechnungen gezwungen.

Als Vorteile wurden damals eine (zumindest proklamierte) vereinfachte Rechnungsstellung, verkürzte Durchlaufzeiten für eine schnellere Bearbeitung, Einsparpotentiale im Rechnungsversand durch Wegfall von Portokosten sowie die Schonung der Umwelt durch weniger Papierverbrauch und den Wegfall von Transportwegen ins Feld geführt.

Im Ausland wird die elektronische Rechnung in mehreren Staaten als gängiges Rechnungsformat etabliert. In Italien wird die Rechnungsstellung im XML-Format bereits seit 2019 verpflichtend angewandt. Frankreich und Polen werden ihre Unternehmen ab 2024 zur Verwendung strukturierter Rechnungen verpflichten. Entsprechende Gesetzesvorhaben wurden bereits beschlossen. In Spanien und Ungarn bestehen ähnliche Vorhaben. Rumänien beabsichtigt ebenfalls die baldige Verpflichtung zu elektronischen Rechnungen. Jenseits der Europäischen Union haben Saudi-Arabien und Taiwan ihre Unternehmen zur Ausstellung elektronischer Rechnungen verpflichtet.

Bislang besteht im deutschen Steuerrecht keine Verpflichtung zur Verwendung eines bestimmten Rechnungsformats 

§ 14 Abs. 1 Satz 7 und 8 UStG spricht zwar bereits von einer

elektronischen Rechnung (…), die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

Allerdings sind die jeweiligen Unternehmer frei im Hinblick auf das verwendete Format und im Hinblick auf die Art und Weise der Übermittlung. Aufgrund der weiten Verbreitung im Markt wird weit überwiegend das PDF-Format angewandt. Rechnungen werden als PDF-Dokumente erstellt und via E-Mail versandt.

Bislang bestehen somit im deutschen Recht zwei Begriffe der elektronischen Rechnung:

Künftig zwei Typen von Rechnungen: die elektronische Rechnung (E-Rechnung) und die sonstige Rechnung

Die derzeitige Fassung der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie lässt eine analoge Vorgehensweise im Rahmen der Umsatzsteuer in der Europäischen Union nicht zu, da insoweit der Papierrechnung Vorrang vor der E-Rechnung eingeräumt wird und Ausstellung und Empfang einer E-Rechnung nur vorbehaltlich der Zustimmung des Rechnungsempfängers möglich sein sollen. Es wird allerdings erwartet, dass die Regeln auf EU-Ebene ab 2028 geändert werden, sodass EU-weit die Ausstellung von E-Rechnungen grundsätzlich verpflichtend zu erfolgen hat.

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich wie die zuvor genannten europäischen Staaten dafür entschieden, diesem Vorhaben bereits vorzugreifen, und erhielt von dem Rat der Europäischen Union die Möglichkeit, die E-Rechnung bereits vorher zur gängigen Praxis zu machen. 

Diese vorgenannte Divergenz zwischen dem UStG und dem ERechV soll dadurch bei Inkrafttreten des Wachstumschancengesetzes bereits vor 2028 nicht mehr bestehen, nämlich sukzessive bereits ab 2026 abgeschafft werden, da § 14 Abs. 1 Satz 3 UStG-E eine elektronische Rechnung als Rechnung definiert, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht.

Parallel dazu definiert § 14 Abs. 1 Satz 5 UStG-E die „sonstige Rechnung“ als eine Rechnung, die in einem anderen elektronischen Format oder auf Papier übermittelt wird.

Künftig wird es im deutschen UStG somit zwei Typen von Rechnungen geben, die elektronische Rechnung (E-Rechnung) und die sonstige Rechnung.

Die Verwendung der E-Rechnung ist entsprechend dem Gesetzesentwurf grundsätzlich für Lieferungen oder sonstige Leistungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erforderlich, wenn Leistungserbringer und Leistungsempfänger im Inland ansässig sind und der Umsatz nicht von der Umsatzsteuer befreit ist.

Der Gebrauch der E-Rechnung wird durch die avisierte Neuregelung erheblich auf den privaten Wirtschaftssektor ausgeweitet. Entsprechend der Gesetzesbegründung zielt der Gesetzgeber langfristig auf die Einführung einer Verpflichtung zur transaktionsbezogenen Meldung von Umsätzen im B2B-Bereich durch Unternehmer an ein bundeseinheitliches elektronisches System der Finanzverwaltung. Die intendierte Verpflichtung zur Verwendung von E-Rechnungen soll diese Zielsetzung vorbereiten und die Nutzung der bestehenden Möglichkeiten der Digitalisierung in der Wirtschaft fördern. Die jetzige verpflichtende Nutzung von E-Rechnungen ist somit nur ein Zwischenschritt hin zu diesem weiteren Ziel.

Außerdem sollen Bürokratie abgebaut, Prozesse vereinfacht und Fehler, die bisher bei der manuellen Rechnungsstellung vorkommen, vermieden werden. 

Was ist ein strukturiertes Format, das eine elektronische Verarbeitung erlaubt? 

Die bisher geläufigen Rechnungen in PDF-Form, die regelmäßig per E-Mail versandt werden, sind keine elektronischen Rechnungen i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 3 UStG-E, da sie kein strukturiertes Format aufweisen. Sie gelten als sonstige Rechnungen. Gleiches gilt für TIF-, JPEG oder E-Mail-Text-Formate.

Bei einer E-Rechnung in einem strukturierten Format handelt es sich um eine Rechnung, die in ihrem Originalformat von Menschen nicht ohne Weiteres gelesen werden können, sondern erst nach einer Konvertierung. Zusätzlich setzt § 14 Abs. 1 Satz 4 UStG-E die Verwendung bestimmter Syntaxe gemäß der Richtlinie 2014/55/EU vom 16. April 2014 (ABl. L 133 vom 6. 5. 2014, S. 1) voraus. Es kommen eine Reihe von Formaten in Frage, von denen nachfolgend die prominenteren Beispiele erläutert werden: 

Das EDI-Format:

Bereits bislang ist das sogenannte EDI (Electronic Data interchange)-Format für Rechnungen verbreitet. Hierbei handelt es sich um ein strukturiertes Format, das eine automatisierte Verarbeitung ohne weitere manuelle Eingriffe ermöglicht. Das EDI-Verfahren leitet sich insbesondere aus der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 ab. Die Syntaxe des EDI-Verfahrens erfüllen jedoch nicht die Anforderungen des § 14 Abs. 1 Satz 4 UStG n.F., sodass es sich in diesem Rahmen nicht für die Nutzung als Rechnungsformat eignet (siehe aber unten „Sanktionen und zeitlicher Horizont“; das EDI-Verfahren soll als Übergangslösung einen längeren Bestandsschutz bis zum 31.12.2027 genießen).

Das XML-Format:

Das am weitesten verbreitete Format dürfte das sogenannte 
XML (Extensible Markup Language)-Format sein. Rechnungen in diesem Format werden insbesondere im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe bereits in den letzten Jahren eingesetzt und auch als X-Rechnung (Nicht zu verwechseln mit der E-Rechnung; die X-Rechnung ist eine Form der E-Rechnung) bezeichnet. XML ist vereinfacht gesagt ein textbasiertes Format für den Austausch hierarchisch strukturierter Informationen. Ein XML-Format beschreibt durch Markup-Symbole, sogenannte „Tags“, verschiedene Parameter einer Datei. So würde im Falle einer XML-Rechnung der Tag „<VendorName>Verkäufer XY<VendorName>„ dem Empfänger einer XML-Rechnung bzw. dessen System vermitteln, dass der Name des Verkäufers „ Verkäufer XY“ ist. Das System des Rechnungsempfängers kann diese und weitere Informationen nutzen, um die Rechnung automatisiert zu verarbeiten, d.h., den Zahlungsprozess einzuleiten sowie die Verbuchung sicherzustellen.

Dabei stellt die Struktur von XML-Dateien sicher, dass Dokumente sowohl für Menschen als auch Maschinen lesbar sind, ohne dass spezifische Software oder Programme benötigt wird. XML ist als offener Dateistandard lizenzfrei erhältlich. XML wird insbesondere von der EU favorisiert und wurde als Rechnungsstandard in DIN EN 16931 festgeschrieben.

Das ZUGFeRD-Format:

Eine deutsche Lösung ist das sogenannte ZUGFeRD (Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschlands)-Format in der Version 2.2. Hierbei handelt es sich um eine Lösung, die einerseits den bisherigen Nutzern des PDF-Dokuments Bedienungskomforts bieten möchte und andererseits ein automatisierbares strukturiertes Format bietet. Das ZUGFeRD-Format kombiniert eine Rechnung im (unveränderbaren) PDF/A3-Format mit einer XML-Datei. Der Rechnungsempfänger hat (bislang) die Wahl, ob er die elektronische Rechnung als PDF öffnen, oder die XML-Datei zur automatischen Weiterverarbeitung direkt in seine Buchhaltungssoftware importieren möchte. Das BMF bestätigte bereits explizit die Zulässigkeit des ZUGFeRD-Formats im Rahmen des geplanten Umstellungsprozesses und legte ferner dar, dass im Falle einer inhaltlichen Abweichung zwischen der PDF/A3-Datei und der XML-Datei letztere den Vorrang genießt. 

Die Umstellung der Rechnungsprozesse dürfte sicherlich aus Sicht der Unternehmen nicht unerheblichen Aufwand auslösen. Dennoch ist auch auf die Vorteile zu verweisen. Derartige strukturierte Rechnungsformate bieten entsprechend dessen Grundgedanken die Möglichkeit, den gesamten Rechnungsprozess ohne weitere manuelle Eingriffe automatisch abzubilden. Eine eingehende Rechnung kann z.B. automatisch geprüft, mit dem zugrundeliegenden Auftrag und dem Lieferschein verglichen, verbucht und bezahlt werden. Manuelle Eingriffe sind regelmäßig nur notwendig, wenn Abweichungen oder Fehler bestehen. 

Es ist des Weiteren nicht ausgeschlossen, dass die stärkere Nutzung strukturierter Formate in der Wirtschaft dazu führen wird, dass mehr und mehr Anbieter solcher strukturierten Lösungen den Markt betreten werden. Schließlich besteht keine Verpflichtung hinsichtlich eines bestimmten strukturierten Formats, solange die Anforderungen des § 14 Abs. 1 Satz 3 und 4 UStG-E erfüllt werden.

Risiken und Handlungsoptionen

Rechnungen haben nicht nur im Rahmen des § 14 UStG Relevanz, sondern sind auch elementarer Bestandteil der Buchhaltung und der sonstigen Aufzeichnungen im Rahmen der §§ 140 ff. AO.

Die flächendeckende Nutzung digitaler Rechnungen muss insbesondere den Anforderungen des § 146 AO, insbesondere dem Inlandsbezug der Buchführung nach § 146 Abs. 2 bis 2b AO sowie dem Gebot der Unveränderbarkeit der Buchungen nach § 146 Abs. 4 AO, genügen. Verstöße hiergegen führen zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen.

Auch ist insbesondere im Hinblick hybrider Formate wie dem ZUGFeRD-Format offen, welche der beiden Dateien im Rahmen der allgemeinen Aufbewahrungspflicht gespeichert werden muss. 

Unternehmer dürften künftig gut beraten sein, falls sie es noch nicht tun, künftig ganzheitliche Systeme zu nutzen, die die Rechnungsstellung integrieren, und die Konformität mit den gesetzlichen Vorgaben im Vorhinein überprüfen. 

Auch für Anbieter von Lösungen im Hinblick auf strukturierte Rechnungssysteme ist es essentiell, nicht nur die umsatzsteuerliche Perspektive zu überprüfen, sondern auch eine Konformität mit sonstigen Anforderungen an die Buchhaltung bzw. sonstigen Aufzeichnungen sicherzustellen, folglich die Übereinstimmung mit § 146 AO zu gewährleisten.

Die Einführung einer E-Rechnung bringt des Weiteren auch eine ganze Reihe von Folgefragen mit sich, nämlich, wie Rechnungen korrigiert werden können oder wie Gutschriften erfolgen können. Auch die Behandlung fehlerhafter Rechnungsinhalte, die Folgewirkungen nach § 14c UStG auslösen würden, ist nicht trivial. In diesem Zusammenhang gibt es im Rahmen der E-Rechnungen nach der ERechV bereits Handlungsanweisungen. Es bleibt abzuwarten, ob diese analog auch im Rahmen des UStG bald breitere Anwendung finden werden.

Sanktionen und zeitlicher Horizont

Sollten entgegen der gesetzlichen Verpflichtung keine „elektronischen Rechnungen“ genutzt werden, verfügt der Rechnungsempfänger über keine Rechnung, die den Anforderungen nach § 14 UStG-E entspricht und kann somit nicht den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in Anspruch nehmen. 

Das Risiko der Nichtverwendung einer E-Rechnung wird somit auf den Rechnungsempfänger umgewälzt. Für den Rechnungsaussteller sind darüber hinaus, soweit bislang ersichtlich, keine Sanktionen vorgesehen, wenn er sich die avisierte gesetzliche Neuregelung nicht beachtet – dies ganz im Gegensatz zu dem internationalen Kontext. Im Ausland werden Rechnungsaussteller, die fehlerhafte Rechnungen ausstellen, mit teilweise signifikanten Geldbußen belegt. 

Bis zur tatsächlichen endgültigen Verpflichtung zur Nutzung von E-Rechnungen bestehen folgende Übergangsregelungen:

  • § 27 Abs. 39 Satz 1 Nr. 1 UStG n.F. erlaubt die Verwendung von Papierrechnungen und elektronische Rechnungen ohne strukturiertes Format (mit Zustimmung des Rechnungsempfängers) bis zum 31. Dezember 2025.
  • § 27 Abs. 39 Satz 1 Nr. 2 UStG n.F. erlaubt die Verwendung von Papierrechnungen und elektronische Rechnungen ohne strukturiertes Format (mit Zustimmung des Rechnungsempfängers) bis zum 31. Dezember 2026, wenn der Gesamtumsatz des Rechnungsausstellers im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als EUR 800.000 betragen hat. (In diesem Zusammenhang ist fraglich, wie der Rechnungsempfänger im Rahmen der Rechnungseingangskontrolle überprüfen kann, ob der Rechnungsaussteller diese Umsatzgrenze erfüllt. Es ist kaum vorstellbar, dem Rechnungsempfänger eine entsprechende Nachforschungspflicht aufzubürden. Insoweit besteht wohl (zumindest) Bedarf für eine entsprechende Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung.)
  • § 27 Abs. 39 Satz 1 Nr. 3 UStG n.F. bietet für Umsätze, die zwischen dem 1. Januar 2026 und dem 31. Dezember 2027 erbracht werden, zudem Bestandsschutz für die Nutzung des EDI-Verfahrens.

Kleinbetragsrechnungen unter EUR 250 können nach § 33 UStDV-E weiterhin – bislang unbeschränkt – als sonstige Rechnungen ausgestellt werden. Die Bedeutung des § 33 UStDV-E wird durch diese Ausnahmeregelung signifikant steigen. Auch Fahrausweise nach § 34 UStDV-E können weiterhin unbeschränkt in der Form sonstiger Rechnungen ausgestellt werden.

Die Übergangsfristen sollten proaktiv genutzt werden

Infolge der wachsenden internationalen Verbreitung der E-Rechnung wird sich diese aller Voraussicht nach als künftiger Rechnungsstandard etablieren. Der bereits etablierte Standard im XML-Format wird sich hierbei wohl durchsetzen. Gleichzeitig ist nicht auszuschließen, dass weitere Formate genutzt bzw. entwickelt werden, die mehr Bedienungskomfort bieten. Unternehmen in Deutschland sind (sofern noch nicht geschehen) gut beraten, sich der künftigen Anforderungen so bald wie möglich anzunehmen, um einen effizienten und gesetzeskonformen Einsatz der E-Rechnung zu gewährleisten.

Die Übergangsregelungen bringen einen gewissen zeitlichen Spielraum – jedenfalls bis zum 31. Dezember 2025. Dieser Zeithorizont sollte genutzt werden, um den Änderungsbedarf bestehender Prozesse zu prüfen, die Prozesse umzustellen und im Zuge dessen deren Compliance mit den steuerlichen Pflichten sicherzustellen.

Dabei sollten die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Buchführung nicht außer Acht gelassen werden.

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