9. März 2023
Steuerrecht

Photovoltaik, Immobilien und Steuerrecht

CMS Podcast: Relevanz von Photovoltaik und erneuerbaren Energien für Investments und Projektentwicklung. Fokus: Schnittstelle von Energy, Real Estate und Tax.

Photovoltaik und erneuerbare Energien haben in den letzten Jahren an Relevanz sowohl bei Investments als auch bei Projektentwicklung und Bestandshaltern gewonnen. Anlass genug, im CMS To Go Podcast beigeSTEUERt über die Schnittstelle mit Niklas Ganssauge (Energy), Sebastian Orthmann (Real Estate) und Tobias Schneider (Tax) zu sprechen.

Was macht das Thema so aktuell?

15 Jahre lang waren Projekte mit erneuerbaren Energien eigentlich ein Nischenprodukt für auf Wind- oder auch Solarprojekte spezialisierte Unternehmen. Der in den letzten Jahren steigende und zunehmend volatile Strompreis an der Börse (2020: ca. 4 Cent/kWh, 2021: ca. 16 Cent/kWh, 2022: ca. 15–45 Cent/kWh) beschäftigt allerdings zunehmend Unternehmer* anderer Branchen bei der Kalkulation und wirkt sich auf die Rendite aus, sodass sie Alternativen zum Einkauf von Strom prüfen. Der Gesetzgeber setzt (steuer-)rechtliche Incentives, macht aber auch Vorgaben, die bei Neubau oder umfassenden Erneuerungen zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus entsteht (gesellschaftlicher) Druck durch die Themen Nachhaltigkeit und ESG, die bei vielen Unternehmen auf der Agenda stehen. Zuletzt ist das Flächenpotenzial in Deutschland bei Fassaden und Dächern enorm.

Gibt es eine gesetzliche Pflicht?

Jedes Bundesland hat seine eigenen Vorstellungen entwickelt und ca. die Hälfte der Bundesländer hat bereits eine Pflicht zum Einsatz von Photovoltaikanlagen umgesetzt. Die Inhalte sind sehr unterschiedlich: Teilweise gilt die Pflicht nur für Gewerbeimmobilien, teilweise nur für Neubau, teilweise auch für die Dacherneuerung, d.h., wer künftig sein Dach erneuert, muss dann auch Photovoltaik verwenden. Das heterogene Bild erschwert interessierten Marktteilnehmern den Einstieg, die der gesellschaftlichen Entwicklung, der Taxonomieverordnung in der EU und der nationalen Gesetzgebung gerecht werden wollen.

Immobilienunternehmen wollen attraktiv sein

Der Klimaschutz und das Thema Energiesicherheit sowie die Dezentralisierung und die damit verbundene Netzentlastung stehen im Vordergrund. Außerdem können Immobilienunternehmen dadurch ihren Mietern etwas Gutes tun, indem sie Strom zu einem konstanten Preis aus erneuerbaren Energien anbieten können. Das betrifft Bestandsimmobilien und Neuimmobilien.

Auch lässt sich weitere Miete generieren, wenn das bisher ungenutzte Dach jetzt für eine Photovoltaikanlage vermietet werden kann.

Eignen sich bestimmte Immobilien besser als andere?

Da eine Photovoltaikanlage eine größere Investition ist, bieten sich großflächige Objekte sehr gut an, d.h. Logistikimmobilien mit großen Dächern oder große Supermärkte mit ihren großen Flach- oder auch Schrägdächern. Aber auch im Denkmalschutz werden jetzt Dachziegel entwickelt, die einerseits die Denkmalschutzvorgaben einhalten und andererseits eben auch Solarstrom produzieren. Bei Wohnimmobilien können Immobilieneigentümer den selbst produzierten Strom günstiger als die Energieversorger an die Mieter verkaufen, sodass sich deren Nebenkosten reduzieren. Damit kann der Immobilieneigentümer sicherstellen, dass die Mieter trotz der Inflation weiterhin in der Lage sind, die Miete zu zahlen. Gerade solche Mieterstrommodelle lassen sich gut mit Batteriespeichern verbinden.

Wie gelingt der rechtlich optimale Einstieg für Immobilieneigentümer?

15 Jahre lang war das ein Nischenprodukt, d.h., Immobilieneigentümer haben höchstens ihre Dachfläche an einen Anlagenbetreiber vermietet, der dann die Anlagen errichtet und den Strom verkauft hat. Heutzutage fragen sich aber viele Immobilienunternehmen: Kann ich auch mehr als nur eine Dachfläche vermieten? Ja, sie können auch Anlagen selbst errichten und betreiben. Bspw. gibt es im Bereich der geförderten Direktvermarktung gesetzliche Tarife. Bis zu einem Megawatt bedarf es nicht einmal einer Ausschreibung. Alternativ kann man sich durch sog. Power Purchase Agreements (PPA) bspw. mit dem Mieter einer Gewerbeimmobilie (On-site PPA) langfristig binden, sodass das aktuelle Niveau des Strommarktes für die Zukunft gesichert werden kann. Gerade bei den derzeit hohen Strompreisen sind die Ertragsaussichten bei Vertragslaufzeiten von 10 bis 15 Jahren sehr gut. Vorteil ist, dass keine Abgaben, Netzentgelte oder Ähnliches für den verkauften Strom anfallen, weil er nicht ins öffentliche Netz eingespeist wird. Alternativ kann man den Strom einspeisen und dann an Unternehmen oder auch Stromhändler verkaufen (Off-site PPA).

Was ist steuerlich zu beachten?

Ganz allgemein ist zwischen der Vermögensverwaltung, d.h. dem Vermieten einer Immobilie, und einer gewerblichen Tätigkeit zu unterscheiden, wobei die Vermögensverwaltung in Deutschland eher milder bzw. ermäßigter besteuert wird. Das Betreiben einer Photovoltaikanlage hingegen ist eine gewerbliche Tätigkeit. Trotzdem gilt es für gewerbliche Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten, die Gewerbesteuerbelastung (ca. 50 % der Steuerbelastung) ungeachtet des Betriebs einer Photovoltaikanlage zu reduzieren. Bis zum Jahr 2020 war das ein steuerliches No Go, da der Betrieb dieser Photovoltaikanlage die Mieterträge „infiziert″ und zu einer Gewerbesteuerpflicht auf alle Erträge der Gesellschaft geführt hätte. Mit dem Fondsstandortgesetz im Jahr 2021 hat der Gesetzgeber eine Regelung geschaffen, wodurch dieses Nebeneinander von Vermietung und dem Betrieb einer Photovoltaikanlage möglich ist. Dies ist keine generelle „Erlaubnis″, sondern sie ist begrenzt auf eine sogenannte Bagatellgrenze: Das heißt, die Einnahmen aus dem Betrieb einer solchen Photovoltaikanlage dürfen bis zu 10 % der Mieterträge ausmachen. Der Gewerbetreibende muss diese 10 %-Grenze überwachen. Hierbei fließen die Erträge aus dem Betrieb von Stromtankstellen in die Begrenzung ein. Bei der Veräußerung verbleiben weitere Fallstricke.

Zu Thema Stromsteuer: Bei einer Anlage von weniger als 2 Megawatt fällt im Rahmen eines On-site PPA keine Stromsteuer an.

Gibt es Besonderheiten bei Immobilienfonds?

Spezial-Immobilienfonds nutzen das Privileg, sich steuerlich transparent behandeln zu lassen. Jedoch ist dann eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung nicht möglich, wozu der Betrieb einer Photovoltaikanlage führen kann. Mit dem JStG 2022 hat der Gesetzgeber eine zusätzliche Bagatellgrenze für solche Einnahmen geschaffen. Im Umkehrschluss heißt das, wenn dieser zusätzliche Puffer überschritten werden sollte oder aber Einnahmen aus anderer aktiver unternehmerischer Bewirtschaftung die Schädlichkeitsgrenze überschreiten, könnten die Immobilienfonds ihren steuerlichen Status verlieren, was mit gravierenden steuerlichen Folgen einhergeht.

Was sind die aktuellen Herausforderungen?

Eine gesetzliche Photovoltaikanlagen-Pflicht zwingt jetzt die gesamte Immobilienwirtschaft, sich mit dem Thema konkret zu befassen. Das beschleunigt die Entwicklung der Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energiequellen und fördert die Ziele Klimaschutz, Energiesicherheit und Netzsicherheit. Derzeit kann die Nachfrage aufgrund dieser Entwicklung kaum noch bedient werden. Daher gilt es, sich rechtzeitig mit diesen Themen zu befassen und zu planen.

Was kommt auf die Immobilienwirtschaft zu?

Die Immobilienwirtschaft plagt sich mit vielen regulatorischen Vorgaben und Neuerungen. Daher ist an den Gesetzgeber zu appellieren: Je niedriger die Hürden für den Einsatz der erneuerbaren Energien gestaltet sind, desto eher werden diese nicht nur bei den Neubauprojekten, sondern natürlich auch bei den Bestandsimmobilien und damit dem größeren Anteil von Immobilien in Deutschland eingeführt werden. Steuerlich ist der Anfang gemacht. Aber wenn die deutschen Dächer in absehbarer Zukunft wirklich voll werden sollen, wären deutlich mutigere Schritte auch im Steuerrecht wünschenswert und wohl auch erforderlich.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Energiewirtschaft & Klimaschutz Real Estate Steuerrecht