15. Dezember 2016
Portabilitäts-Verordnung
TMC – Technology, Media & Communications

Portabilitäts-Verordnung: Europaweite Nutzung digitaler Inhalte

Das Europäische Parlament billigt den Verordnungsentwurf zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten.

Die Verordnung zur „Gewährleistung der grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten″ (sog. Portabilitäts-Verordnung) ist momentan das Einzige, was von der groß angelegten Strategie der Europäischen Kommission zu einem einheitlichen digitalen europäischen Binnenmarkt ernsthaft vorangetrieben wird; man könnte auch sagen: was übrig geblieben ist. Die Änderungen des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments sind eher marginal.

Die Portabilitäts-Verordnung sieht vor, dass in Zukunft jeder, der im Heimatland einen Vertrag über portable Online-Dienste (wie Sky oder Netflix) abgeschlossen hat, diese auch im EU-Ausland unbeschränkt nutzen können soll. Voraussetzung ist allerdings, dass sich der Nutzer nur vorübergehend im Ausland aufhält.

Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments billigt Portabilitäts-Verordnung

Bereits im Dezember 2015 präsentierte die EU-Kommission einen Vorschlag zur grenzüberschreitenden Nutzung von digitalen Inhalten.

Hintergrund für die Portabilitäts-Verordnung war die breit angelegte Strategie der EU-Kommissare Ansip und Oettinger zur Schaffung eines einheitlichen digitalen Binnenmarktes (Digital Single Market). Diese sah ursprünglich sogar die völlige Abschaffung territorialer Gebietslizenzen und damit des tradierten Territorialitätsprinzips vor.

Nach einem Aufschrei in der Film- und Fernsehwirtschaft, die die Finanzierbarkeit europaweit verwerteter Spielfilme für Verleiher und Produzenten erschwert sahen, hat die EU-Kommission dieses Vorhaben mittlerweile aufgegeben. Übrig blieb die Portabilitäts-Verordnung.

Die Kommission präsentierte im April 2016 weitere Änderungen der Verordnung. Das Geoblocking und damit das gezielte Ausschließen eines Nutzers von geschützten Inhalten aufgrund seines Aufenthaltsortes soll in Teilen verboten werden. Nun hat auch der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments am 29. November 2016 den Verordnungsentwurf gebilligt. Der Rechtsausschuss hat einige Änderungen vorgenommen, die die wesentlichen Grundgedanken der Verordnung jedoch nicht ändern.

Content-Anbieter muss Qualitätsstandard gewährleisten

Nunmehr ist ausdrücklich aufgenommen, dass der Content-Anbieter sicherstellen muss, dass der Service im gleichen Umfang (Anzahl der Geräte etc.) gewährleistet wird wie im Mitgliedstaat des Wohnsitzes des Kunden. Bereits im alten Entwurf wurde festgeschrieben, dass der Content-Anbieter keine bestimmte Qualität der Inhalte schuldet; zumindest nicht dieselbe Qualität wie im Heimatland des Kunden.

Die Änderungen im Entwurf sehen nunmehr vor, dass die Qualität der Services zumindest nicht schlechter sein darf, als der übliche Qualitätsstandard, den der Online-Anbieter in dem jeweiligen Land, in dem der Nutzer sich gerade aufhält, gewährt. Für eine mangelhafte Qualität des Services soll der Online-Anbieter nur haften, wenn er hierfür eine entsprechende Garantie übernommen hat. Vorab muss der Anbieter seine Nutzer über die Qualität des Abrufs des Contents im Ausland informieren.

Hauptwohnsitz des Nutzers darf überprüft werden

Um den tatsächlichen Hauptwohnsitz des Nutzers zu ermitteln, darf der Online-Anbieter bestimmte Informationen zur Verifizierung einfordern (ID, Bankdaten, Ort der Installation von Decodern etc.). Wenn der Kunde diese Informationen nicht erbringt, muss die Portabilität nicht gewährleistet werden. Wenn trotz Verifizierung Zweifel bleiben, soll der Online-Anbieter erneut nach Verifizierungsmitteln fragen dürfen (max. 1 mal jährlich).

Die im Rahmen der Verifizierung gesammelten Daten soll der Provider bis zur vollständigen Verifizierung einbehalten. Sie sollen nur für den Zweck der Verifizierung genutzt und dürfen nach der Portabilitäts-Verordnung nicht den Rechteinhabern oder Dritten übermittelt werden.

„Vorübergehend“ im Sinne der Portabilitäts-Verordnung zu ungenau

Leider bleiben auch nach der Revision des Rechtsausschusses wichtige Fragen offen. So ist Voraussetzung der grenzüberschreitenden Nutzung der portablen Inhalte, dass sich die Person nur „vorübergehend″ (temporarily) im Ausland aufhält. Wie lange der vorübergehende Aufenthalt dauern darf, ist nach wie vor unklar. Erwägungsgrund 2 der Portabilitäts-Verordnung bleibt dazu undeutlich:

The concept of ‚temporary presence‘ should be proportionate to the objective of this Regulation, namely to provide the cross-border portability of online content services to subscribers present temporarily in another EU Member State while habitually residing in their Member State of residence.

Danach ist nach wie vor nicht abschließend geklärt, inwieweit z. B. Au-pair- oder Erasmus-Auslandsaufenthalte unter die Verordnung fallen. Klar ist, dass der vorübergehende Aufenthalt nicht nur an wenigen Tagen fest gemacht werden darf. Ein über sechsmonatiger Aufenthalt würde jedoch die Bedeutung des Begriffs „vorübergehend″ arg strapazieren.

Nicht unwichtig ist auch der Zweck des Aufenthalts. Der Entwurf spricht hier von Freizeit-, Studien- oder Arbeitszwecken. Dies ist recht weitgehend. Vor allem der Hinweis auf den Studienzweck spricht dafür, auch in zeitlicher Hinsicht den Aufenthalt nicht nur auf wenige Wochen zu beschränken.

Der finale Text der Verordnung wird nun zwischen den EU-Abgeordneten und den Regierungen der Mitgliedsstaaten verhandelt. Nach momentaner Planung soll die Verordnung im Juni 2017 in Kraft treten.

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