Bezeichnet sich ein Arbeitnehmer während der vereinbarten Auslaufzeit auf XING als „Freiberufler“, rechtfertigt das allein keine fristlose Kündigung.
Wie das LAG Köln entschieden hat, darf der Arbeitnehmer nämlich bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses eine spätere Konkurrenztätigkeit vorbereiten. Die Grenze zu einer verbotenen Konkurrenztätigkeit überschreitet er erst, wenn er nach außen aktiv für eine solche wirbt (Urteil v. 17.02.2017 – 12 Sa 745/16).
Der Kläger hatte mit seiner Arbeitgeberin, der beklagten Steuerberaterkanzlei, einen Aufhebungsvertrag mit mehrmonatiger Auslauffrist vereinbart. Kurz vor Ende des Arbeitsverhältnisses erfuhr die Beklagte, dass der Kläger in seinem privaten XING-Profil den Status „Freiberufler“ führte. Die Beklagte ging davon aus, dass der Kläger dadurch aktiv Mandanten abwerben wollte und kündigte dem Kläger fristlos wegen unzulässiger Konkurrenztätigkeit.
Keine aktive Außenwerbung durch XING-Status
Das LAG Köln hat die Kündigung für unwirksam erklärt. Denn allein durch den fehlerhaften Status bei XING werde die Grenze zu einer unzulässigen Konkurrenztätigkeit nicht überschritten. Eine solche wäre erst dann anzunehmen, wenn weitere Umstände vorlägen, die eine aktiv nach außen tretende Werbung für eine Konkurrenztätigkeit bedingen bzw. nahelegen. Das war hier nicht der Fall, denn der Kläger hatte die Beklagte im XING-Profil weiterhin als aktuelle Arbeitgeberin angegeben. Zudem hatte er unter der XING-Rubrik „Ich suche“ keine Angaben dazu gemacht, dass freiberufliche Mandate gesucht werden. Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
Unzulässige Konkurrenztätigkeit durch XING-Profil möglich
Dass der XING-Status „Freiberufler“ keinen fristlosen Kündigungsgrund wegen einer unzulässigen Konkurrenztätigkeit darstellt, bedeutet nicht, dass Arbeitnehmer auf Social Media-Plattformen völlig uneingeschränkt tätig werden dürfen. Das Gericht hebt im Urteil zugunsten des Arbeitnehmers hervor, dass er die beklagte Steuerkanzlei bei XING immer noch als aktuelle Arbeitgeberin angegeben hatte und er zudem keine aktive Suche nach Mandaten unter der entsprechenden „Ich suche“-Kategorie betrieb. Die Betonung dieser Tatsachen legt nahe, dass andernfalls eine Kündigung möglicherweise erfolgreich gewesen wäre. Naturgemäß verläuft die Grenze zwischen der erlaubten Vorbereitung einer späteren Konkurrenztätigkeit und einer unzulässigen aktiven Außenwerbung fließend. Überschritten ist sie jedoch zumindest dann, wenn Neben- bzw. Rücksichtnahmepflichten nach §§ 241 Abs. 2, 242 BGB aus dem Arbeitsvertrag verletzt werden.
Bedürfnis nach Regulierung – Social Media-Richtlinien
Die mit der Nutzung von sozialen Medien einhergehenden neuen Risiken und Rechtsunsicherheiten rufen die Frage nach einer möglichen Regulierung auf den Plan. Während immer mehr Arbeitgeber Social Media-Richtlinien erstellen, um das diesbezügliche Verhalten der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit zu regeln, kann die Nutzung der Netzwerke durch Arbeitnehmer in der Freizeit grundsätzlich nicht eingeschränkt werden. Es kann daher im Interesse sowohl der Arbeitgeber- als auch der Arbeitnehmerseite sein, die durch die Rücksichtnahme- und Nebenpflichten festgeschriebenen gesetzlichen Grenzen zulässigen Arbeitnehmerverhaltens in Social Media klarstellend zu fixieren.