Seit dem 1. April 2024 ist der Konsum von Cannabis teillegalisiert. Was bedeutet das für Arbeitgeber?
„Gebt das Hanf frei!“ forderte Grünen-Urgestein Christian Ströbele 2002 auf einer Demonstration zur Legalisierung von Cannabis. Gesampelt und vertont von Stefan Raab und Shaggy erreichte dieser Slogan sogar die Top 10 der deutschen Singlecharts. Und nun – 22 Jahre später – ist es dank der Ampel-Regierung so weit. „Bubatz“, wie Bundesfinanzminister Lindner sagt, ist – in gewissen Grenzen – legal. Wir gehen der Frage auf den Grund, was das für Arbeitgeber bedeutet.
High arbeiten – (nicht) automatisch verboten?
Cannabiskonsum ist Erwachsenen nun also grundsätzlich erlaubt. Aber darf der Arbeitnehmer* deswegen auch high im Büro oder in der Produktion erscheinen – oder gar auf der Arbeit einen smoken?
Teilweise ist das gesetzlich eindeutig festgelegt. So untersagt beispielsweise § 4a Abs. 1 S. 1 LuftVG Piloten das Fliegen eines Flugzeuges unter dem Einfluss von Alkohol oder anderen psychoaktiven Substanzen. Wo das Gesetz keine Regelung vorsieht, kann auch der Arbeitgeber aktiv werden. Er kann von seinen Mitarbeitern verlangen, dass sie ihre Arbeit nicht unter dem Einfluss von Drogen verrichten, da nur so eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit gewährleistet ist.
Wenn aber weder durch Gesetz noch durch eine entsprechende arbeitgeberseitige Anordnung ein absolutes (betriebliches) Drogenverbot zum Tragen kommt, ist Cannabiskonsum nicht per se verboten. Dies gilt für die Zeit vor Arbeitsantritt, für die Pausen und für die Arbeitszeit selbst. Maßgeblich ist immer, ob der Arbeitnehmer noch in der Lage ist, seinen arbeitsvertraglichen Pflichten mit der von ihm arbeitsvertraglich geschuldeten Sorgfalt nachzukommen. Und nicht jeder kurze Zug am Joint zieht einen Rausch in der Form nach sich, dass dies nicht mehr gewährleistet wäre. Insgesamt wird es dabei – wie so oft in der Juristerei – auf die Umstände des Einzelfalls ankommen.
Konsequenzen bei Cannabismissbrauch
Wenn der Mitarbeiter entgegen entsprechenden gesetzlichen Vorgaben oder arbeitsrechtlichen Weisungen Cannabis konsumiert hat, oder wenn er ohne solche Anordnungen aufgrund von Cannabiskonsum außerstande ist, seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen, stehen dem Arbeitgeber die üblichen arbeitsrechtlichen Sanktionen zur Verfügung. In der Regel wird zunächst eine Abmahnung auszusprechen sein. Gerade im sicherheitskritischen Bereich, wenn es z.B. um das Führen von Fahrzeugen geht, kann unter Umständen aber auch eine Kündigung in Betracht kommen. Ist der Arbeitnehmer nicht in der Lage, seine Arbeit ohne Gefahr für sich oder Andere auszuführen, darf er im Übrigen nicht mehr beschäftigt werden. Er verliert seinen Vergütungsanspruch und macht sich unter Umständen sogar schadensersatzpflichtig.
Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
Den Arbeitgeber trifft insoweit eine Fürsorgepflicht. Unter Umständen muss er für seinen Mitarbeiter sogar noch den sicheren Heimweg organisieren. Beschäftigt er wissentlich nicht arbeitsfähige Arbeitnehmer und es kommt zu einem Unfall, kann dies auch strafrechtliche Konsequenzen für den Arbeitgeber haben.
Bußgelder für Arbeitnehmer
Arbeitsunfähigkeit am Arbeitsplatz durch Drogen begründet aber nicht nur eine Verletzung der arbeitnehmerseitigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Die einschlägigen berufsgenossenschaftlichen Vorschriften sehen hohe Bußgelder für Arbeitnehmer vor, die vorsätzlich oder fahrlässig gegen § 15 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 verstoßen und sich so in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können (§ 32 DGUV Vorschrift 1 iVm § 209 I 1 Nr. 1 SGB VII).
Arbeitgeber sollten klare Vorgaben schaffen
Wer als Arbeitgeber klare Verhältnisse schaffen möchte, sollte Cannabiskonsum im Betrieb verbieten. Der Konsum in der Freizeit darf Arbeitnehmern hingegen nicht untersagt werden, solange sie bei Arbeitsbeginn wieder vollumfänglich einsatzbereit sind. Ausnahmen sind allerdings denkbar, wenn Arbeitnehmer in der Freizeit mit Uniform oder sonstiger Dienstkleidung unterwegs sind, die auf den Arbeitgeber schließen lässt. Hat sich der Arbeitgeber entschieden, das Thema Cannabiskonsum im Betrieb aufzugreifen, stehen ihm verschiedene Optionen offen. Er kann Regelungen im Arbeitsvertrag treffen oder von seinem Weisungsrecht Gebrauch machen. Dabei ist in Betrieben mit Betriebsrat stets die betriebliche Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zu beachten, sodass auch eine Betriebsvereinbarung ein Weg zur Einführung eines Drogenverbots sein kann.
Regelungsbedürftige Punkte einer solchen arbeitsvertraglichen Regelung oder Betriebsvereinbarung sind beispielsweise:
- Umgang mit Cannabis und Alkohol als legale Drogen einerseits sowie mit illegalen Drogen andererseits
- Umgang mit Drogen und Alkohol bei Betriebsfeiern oder Firmenausflügen
- Verdacht von Drogenkonsum
- Zulässigkeit von Beschäftigungsverboten
- Zulässigkeit von Drogentests
- Zulässigkeit von ärztlichen Untersuchungen
- Umfang von Mitwirkungspflichten und Rechtsfolgen bei verweigerter Mitwirkung
Durchführung von Drogentests
Spannend ist die Frage, in welchem Umfang Arbeitgeber Drogentests initiieren können. Jedenfalls im bestehenden Arbeitsverhältnis sind anlasslose Drogentests nicht ohne weiteres möglich. Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützen den Arbeitnehmer.
Arbeitsvertraglich kann ein Arbeitnehmer zu Drogentests verpflichtet werden, wenn der Arbeitgeber daran ein berechtigtes Interesse hat. Dieses wird im Zweifel nur dann zu bejahen sein, wenn konkrete Verdachtsmomente vorliegen und der Arbeitnehmer in einem sicherheitskritischen Bereich arbeitet.
Drogentests in Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen sind ebenfalls nur erlaubt, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Durchführung hat.
Es ist zu beachten, dass die Durchführung von Drogentests immer freiwillig erfolgen muss und der Arbeitnehmer vorher über die Durchführung, den Zweck und die Konsequenzen des Tests aufgeklärt werden muss. Auch müssen die Ergebnisse des Tests vertraulich behandelt werden.
Handlungsoptionen für Arbeitgeber
Die Legalisierung von Cannabis wirkt sich auch auf das Arbeitsverhältnis aus. Arbeitgeber sind gut beraten, vorsorgliche Regelungen zum Umgang mit Cannabis im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis zu treffen. Geeignete Werkzeuge sind Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, aber auch Tarifverträge.
* Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet