25. Januar 2018
Befristeter Arbeitsvertrag Fußball
Arbeitsrecht

Fußball: Der Fall Heinz Müller vor dem BAG

BAG: Befristete Arbeitsverträge im Profifußball sind zulässig. Die Klage des Mainzer Torwarts hatte vor dem BAG keinen Erfolg.

Der befürchtete Präzedenzfall ist ausgeblieben und die Fußballwelt dürfte erleichtert sein: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in dem lang erwarteten Grundsatzurteil die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge im Profifußball bestätigt (Urteil v 16. Januar 2018 – 7 AZR 312/16). Warum dies nicht überraschend kam und welche Auswirkungen die Entscheidung für Befristungen über den Fußball hinaus hat, erläutern wir im Folgenden.

Fußballprofi bei Mainz für 5 Jahre befristet beschäftigt

Der ehemalige Fußballprofi Heinz Müller war bei dem Bundesligaverein 1. FSV Mainz 05 seit 2009 beschäftigt. Die Parteien schlossen zunächst einen auf drei Jahre befristeten Arbeitsvertrag und anschließend einen weiteren, bis zum 30.06.2014 befristeten Arbeitsvertrag. Der letzte Arbeitsvertrag enthielt für beide Seiten die Option, das Arbeitsverhältnis um ein weiteres Jahr zu verlängern. Allerdings nur, sofern Heinz Müller in der Bundesligasaison 2013/2014 auf mindestens 23 Bundesligaeinsätze kommt.

Nach einer Verletzung im Laufe der Bundesligasaison 2013/2014 wurde der Torwart von dem damaligen Mainzer Trainer Thomas Tuchel zu Beginn der Rückrunde vom Trainings- und Spielbetrieb der Profimannschaft ausgeschlossen. Heinz Müller erreichte dadurch nicht die erforderlichen Bundesligaeinsätze für die Verlängerungsoption.

Fußballprofi geht gegen Ausmusterung und Befristung gerichtlich vor

Der Fußballprofi ging ursprünglich lediglich gegen die Ausmusterung vor und begehrte die Weiterbeschäftigung bis zum 30.06.2015 auf Grundlage der Verlängerungsoption sowie entgangene Prämien für die Saison 2013/2014. Erst auf Grund eines Hinweises des Arbeitsgerichts Mainz zur möglichen Unzulässigkeit der Befristung klagte Heinz Müller auch auf Entfristung des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsgericht Mainz (Urteil v. 19. März 2015 – 3 Ca 1197/14) befand die Befristung für unwirksam, den Antrag auf Zahlung der entgangenen Prämien wies es jedoch zurück.

LAG erachtet befristete Arbeitsverträge im Profifußball als branchenüblich und zulässig

Das LAG Rheinland-Pfalz sah dies anders und hielt die im Profifußball branchenübliche Befristung von Arbeitsverhältnissen wegen des Sachgrundes der Eigenart der Arbeitsleistung (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG) für zulässig (Urteil v. 17. Februar 2016 – 4 Sa 202/15).

Das LAG begründete dies im Wesentlichen mit der bei Vertragsabschluss ungewissen Dauer der Leistungs- und Einsatzfähigkeit von Profisportlern. Weiterhin erfordere es der sportliche Wettbewerb, dass jede Profimannschaft über eine ausgewogene Altersstruktur verfüge. Ferner habe das Publikum ein Bedürfnis nach Abwechslung bei der Besetzung des Profikaders und verlange regelmäßig neue Leistungsträger. Auch die weiteren Anträge (Weiterbeschäftigung bis 30.06.2015 und entgangene Prämien) wies das Gericht ab. Das LAG war sich indes der Tragweite der Entscheidung bewusst und ließ daher die Revision zum BAG zu.

Die Entscheidung des BAG – Bestätigung der Entscheidung des LAG

Die vom Kläger eingelegte Revision zum BAG hatte keinen Erfolg. Ebenso wie das LAG Rheinland-Pfalz kam der Siebte Senat des BAG zu dem Ergebnis, dass die im Arbeitsvertrag des ehemaligen Fußballprofis enthaltene Befristung wirksam ist. Denn die Befristung sei wegen der „Eigenart der Arbeitsleistung″ nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt.

Zur Begründung führte das BAG in der vorliegenden Pressemitteilung aus, dass im kommerzialisierten und öffentlichkeitsgeprägten Spitzenfußballsport von einem Lizenzspieler im Zusammenspiel mit der Mannschaft sportliche Höchstleistungen erwartet und geschuldet würden. Und eben diese könne ein Profifußballer nur für eine begrenzte Zeit erbringen. Dies sei eine Besonderheit des Profisports, die in aller Regel ein berechtigtes Interesse an der Befristung des Arbeitsverhältnisses begründe.

Da der Kläger zudem nur in zehn Bundesligaspielen der Hinrunde der Saison 2013/2014 eingesetzt wurde, seien die Voraussetzungen der Verlängerungsoption und des geltend gemachten Prämienanspruchs für die Spiele der Rückrunde nicht erfüllt. Der Beklagte habe die Erfüllung dieser Voraussetzungen auch nicht treuwidrig vereitelt.

Mit seiner Entscheidung folgt das BAG damit dem LAG nicht nur im Ergebnis, sondern wohl auch in den Gründen.

Urteil des BAG unter dem Gesichtspunkt der Verschleißgefahr nicht überraschend

Das Urteil ist alles andere als überraschend und auch im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des BAG zur „Verschleißgefahr″ im Profisport. Denn das BAG hatte bereits im Jahr 1998 entschieden, dass die Befristung des Arbeitsvertrages eines Sporttrainers sachlich gerechtfertigt sein kann, wenn mit der Aufgabe, Spitzensportler oder besonders talentierte Nachwuchssportler zu betreuen, die Gefahr verbunden ist, dass die Fähigkeit des Trainers zur weiteren Motivation der anvertrauten Sportler regelmäßig nachlässt (Urteil v. 29. Oktober 1998 – 7 AZR 436/97).

Präzedenzfall blieb aus

Der von der Fußballwelt befürchtete Präzedenzfall blieb letztlich aus. Ein Ende der gängigen Praxis der Befristung von Lizenzspielerverträgen wird es auf absehbare Zeit daher nicht geben.

Welche Reichweite das Urteil hat, ob es beispielsweise nur für die Lizenzspieler der 1. und 2. Bundesliga oder auch für unterklassige Ligen oder andere Sportarten gilt, ist bislang allerdings noch nicht geklärt. Möglicherweise werden die bis jetzt noch nicht veröffentlichten Entscheidungsgründe des BAG hierzu noch Hinweise liefern.

Für die Praxis interessant dürften die Entscheidungsgründe des BAG darüber hinaus vor allem deshalb sein, weil bislang eine Befristung aufgrund der „Eigenart der Arbeitsleistung″ nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG vornehmlich bei künstlerischen oder gestalterischen Tätigkeiten im Rundfunk anerkannt wurde. Die in der Pressemitteilung des BAG zusammengefassten Urteilsgründe deuten zumindest an, dass das BAG den Anwendungsbereich des Befristungsgrundes „Eigenart der Arbeitsleistung″ in Zukunft auch außerhalb der genannten Branchen etwas großzügiger zur Anwendung bringen könnte.

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