3. April 2018
Schiedsrichter Arbeitnehmer
Arbeitsrecht Sportrecht

Bundesliga Schiedsrichter sind keine Arbeitnehmer des DFB

In seiner Entscheidung vom 15. März 2018 hat sich das LAG Hessen mit der Frage beschäftigt, ob Bundesliga Schiedsrichter Arbeitnehmer des DFB sind und dies verneint.

Eine Vereinbarung zwischen dem Deutschen-Fußball-Bund e.V. (DFB) und einem Schiedsrichter über dessen Einsatz während einer Spielzeit ist kein Arbeitsvertrag. Schiedsrichter können sich daher nicht darauf berufen, dass die wiederholte Befristung ihres Vertragsverhältnisses zum DFB nach den Befristungsregeln des Teilzeitbefristungsgesetzes (TzBfG)  unzulässig ist. So entschied das LAG Hessen (Az. 9 Sa 1399/16) mit Urteil vom 15. März 2018.

Schiedsrichter – Wesentlicher Teil des Fußballs

Der Profifußball in seiner heutigen Form ist weit mehr als die reine Ausübung eines Sports. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) und der DFB haben sich zu Vereinigungen entwickelt, in denen jährlich mehrere hundert Millionen Euro umgesetzt werden.

Mit dieser Entwicklung hat nicht nur der Druck auf die 22 Spieler auf dem Platz, sondern auch auf die 4 Schiedsrichter, die den ordnungsgemäßen Ablauf der Spiele überwachen sollen, zugenommen. Trotz oder gerade aufgrund der Einführung des Video-Assistenten stehen die Schiedsrichter immer häufiger im Fokus von Vereinen, Zuschauern und Medien. Mit dem Urteil des LAG Hessen steht fest, dass Schiedsrichter sich trotzdem nicht auf den Schutz der Arbeitnehmerschaft berufen können.

Der Schutz der Arbeitnehmerschaft

Die Qualifizierung eines Vertrages als Arbeitsvertrag hat für beide Vertragsparteien weitreichende Folgen. Kündigungsschutzgesetz, Arbeitszeitgesetz, Bundesurlaubsgesetz, Teilzeitbefristungsgesetz, etc. – die gesetzlichen Folgen einer Vertragseinordnung als Arbeitsvertrag sind sehr weitreichend. Umso wichtiger ist die Frage, wann eine vertragliche Regelung als Arbeitsvertrag einzuordnen und die Parteien als Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu qualifizieren sind sodass die genannten Gesetze Anwendung finden.

Seit dem 1. April 2017 sind der Begriff des Arbeitsvertrages und damit zugleich inzident auch der Begriff des Arbeitnehmers gesetzlich definiert. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Arbeitnehmer ist damit derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls an. Nach der Rechtsprechung des BAG können die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse nicht dadurch abbedungen werden, dass Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben.

Einmal Bundesliga Schiedsrichter – immer Bundesliga Schiedsrichter?

Der Kläger war als Schiedsrichter für den DFB tätig. Im Juni 2006 erhielt er erstmals das Angebot, für die Saison 2006/2007 auf die sog. Schiedsrichter-Liste des DFB aufgenommen zu werden. Auf dieser benennt der Schiedsrichterausschuss des DFB diejenigen Schiedsrichter (einschließlich Assistenten und des 4. Offiziellen), die für die Spielleitung in den Lizenzligen (1. und 2. Bundesliga), in der 3. Liga und im DFB-Pokal als geeignet angesehen werden.

Im Juli 2006 erfolgte der Vertragsschluss zwischen dem Kläger und dem DFB – vereinbart wurde, dass der Kläger für eine Saison in den vorgenannten Ligen zum Einsatz kommt. In der Folgezeit wurde der Vertrag des Klägers jedes Jahr um ein weiteres Jahr und somit eine weitere Saison befristet verlängert. Zuletzt schloss der Kläger mit dem DFB einen befristeten Vertrag für die Saison 2014/2015. Mit Schreiben vom 16. Juni 2015 teilte die Schiedsrichterkommission des DFB dem Kläger ohne Angaben von Gründen mit, dass sein Vertrag nicht erneut verlängert werde, sodass der Kläger seinen letzten Einsatz als Schiedsrichter im Mai 2015 hatte.

In der Folge erhob der Kläger Klage gegen den DFB. Er begehrte, weitere Spiele in den Lizenzligen, in der 3. Liga und dem DFB-Pokal pfeifen zu dürfen. Zur Begründung seiner Klage führte der Kläger aus, er sei Arbeitnehmer des DFB. In allen Saisons sei er wie ein Arbeitnehmer weisungsgebunden zu bestimmten Spielen nach einem Dienstplan eingesetzt worden und dabei durch fachliche und inhaltliche Weisungen gebunden gewesen. Die wiederholte Befristung von Vertragsverhältnissen sei gegenüber Arbeitnehmern nach dem TzBfG aber unzulässig. Daher habe er einen Anspruch darauf, weiterhin in den oberen Spielklassen als Schiedsrichter eingesetzt zu werden.

Das LAG Hessen ist der Auffassung des Klägers nicht gefolgt und hat damit die erstinstanzliche Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt (Az. 6 Ca 1686/16) bestätigt. Nach Auffassung der Gerichte sind Bundesligaschiedsrichter keine Arbeitnehmer. Daher könne der DFB die Verträge mit ihnen wiederholt befristen.

Vertragsverhältnis zwischen DFB und Schiedsrichtern als „lockere Beziehung″

Nach dem LAG Hessen stellt der maßgebliche für eine Saison geschlossene Vertrag keinen Arbeitsvertrag, sondern lediglich eine sog. Rahmenvereinbarung dar. Diese Rahmenvereinbarung diene nur dem Zweck, die Bedingungen der erst im Laufe der Saison abzuschließenden Einzelverträge für die Leitung der einzelnen Spiele zu regeln.

Das Gericht begründet seine Einordnung insbesondere damit, dass die Rahmenvereinbarung keine konkrete Pflicht für die Vertragsparteien vorsehe. So habe weder der Schiedsrichter einen Anspruch auf die Zuweisung bestimmter Spiele, noch habe er eine Pflicht bestimmte Spiele übernehmen zu müssen. Die Rahmenvereinbarung regele daher letztlich nur die Bedingungen der abzuschließenden Einzelverträge für die Leitung der jeweiligen Spiele, die erst im Laufe einer Saison abgeschlossen werden.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen. Vorbehaltlich einer erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde wird das Urteil daher rechtskräftig werden.

Besonderheiten des Profifußballs im Arbeitsrecht auch in Zukunft zu berücksichtigen

Das LAG Hessen hat die Rechte des DFB durch das Urteil gestärkt und dem größten deutschen Verband damit Rechtssicherheit im Umgang mit den Schiedsrichtern verschafft. Aus rechtlicher Sicht ist für den DFB geklärt, dass seine Profi-Schiedsrichter sich auch zukünftig nicht auf die Rechte eines Arbeitnehmers berufen können.

Die Entscheidung des LAG Hessen ist für den DFB von wesentlicher Bedeutung. Wäre der Klage stattgegeben worden, ist davon auszugehen, dass weitere Schiedsrichter auf dauerhafte Beschäftigung gegen den DFB geklagt hätten. Ein dauerhafter oberklassiger Einsatz von Schiedsrichtern wäre aber kaum mit dem Leistungsprinzip vereinbar gewesen, das im Bereich des Profifußballes besonders stark ausgeprägt ist.

Erneut – wie auch im Fall Heinz Müller – wird deutlich, dass die Besonderheiten des Profifußballes im Arbeitsrecht angemessen zu berücksichtigen sind. Spannend wird vor diesem Hintergrund die zivilrechtliche Entwicklung in den weiteren Bereichen des Profifußballs sein.  Praxisrelevant werden vor allem die Rechte und Pflichten der (Profi-)Fußballer im Verhältnis zu ihren Vereinen sein.

Mediale Aufmerksamkeit haben in jüngster Vergangenheit insbesondere folgende Fragestellungen erlangt: Dürfen Fußballprofis sich zu einem anderen Verein „streiken″? Ist der Verein berechtigt gegen „streikende″ Fußballprofis eine Vertragsstrafe zu verhängen und wenn ja, in welcher Höhe? Nach Auffassung der Autoren können diese Fragestellungen nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Profifußballs angemessen gelöst werden. Das Urteil des LAG Hessen hat gezeigt, dass sich auch die Gerichte dessen bewusst sind.

Tags: Arbeitnehmer DFB Schiedsrichter