Das Arbeitsgericht Köln kann man vom Kranhaus im Rheinauhafen sehen – jedenfalls das oberste Parkdeck und den Ausgang des Treppenhauses.
Das Gebäude, in dem das Gericht seit 1996 seinen Sitz hat, liegt direkt am Bahndamm umgeben von Autohäusern und unweit des Gerichtszentrums von Amts- und Landgericht an der Luxemburger Straße – und doch von allen Haltestellen mindestens einen Fußweg und von Cafés noch weiter entfernt.
Die Wenigsten werden das Äußere des Gerichtsgebäudes beschreiben können.
Weder, dass im Erdgeschoss zur Pohligstraße nur schmale Fenster wie Schießscharten im Fundament einer Festung kauern, noch dass die Fensterfronten des ersten Obergeschosses – anders als bei den anderen Etagen – die gesamte Geschosshöhe einnehmen, bleibt in Erinnerung. Auch dass das Gebäude an der Straßenecke zur Berlin-Kölnischen-Allee, die nach dem Bauherrn benannt wurde, in einem „Glasturm“, der eigentlich ein ganzes Geschoss ist, mit hervorkragenden Sonnenblenden ausläuft, oder dass der Teil des Parkhauses an der Stirnseite zur Pohligstraße mit Aluplatten erkennbar verkleidet und versteckt ist, fällt kaum auf.
Dem Besucher bleibt schließlich auch beinahe verborgen, dass das Gericht in dem L-förmigen Bürogebäude nur den Riegel zur Pohligstraße nutzt, während die Längsseite bis vor zwei Monaten noch den Pensionssicherungsverein beherbergte, der für arbeitsgerichtliche Termine eine Verbindungstür benutzen konnte.
Um den begrünten Innenhof zu sehen, muss man das Gebäude betreten oder zumindest das Parkhaus aufsuchen.
Nur dann sieht man auch den Anbau der Sitzungssäle mit aufgesetzten Lichthöfen für Beratungszimmer und Vorräume auf seinem Flachdach.
Wer im Parkhaus das Treppenhaus zur Pohligstraße benutzt, der landet auf Straßenhöhe im stillgelegten „Café JuS“; früher standen hier die Raucher, jetzt ist es vergittert und verstaubt und bietet einen trostlosen Anblick. Auch der ebenerdige Eingang des Hauses ist nur ein Durchlass, neonröhrenbeleuchtet und alles andere als repräsentativ.
Schlicht gehalten ist auch das Innere, z.B. das weiß gestrichene Treppenhaus, das der eilige Besucher viel zu häufig ohne einen Blick durcheilt. Die mit grauem Stein belegten Treppen im Zusammenspiel mit dem weiß lackierten Geländer aus filigranen Streben und poliertem Handlauf muten jedoch bauhäuslerisch und leicht an.
Je weiter nach oben der Besucher kommt, desto lichter wird es, bis hinauf zur Kunst vor der obersten Etage. Wer hätte das gedacht!
Der Wartebereich vor den Verhandlungssälen dagegen entspricht den Vorstellungen von Behördenbau und Wartezone, auch wenn das Haus ursprünglich nicht als Gerichtsgebäude konzipiert war.
Der sicher strapazierfähige, helle Boden mit blauen und grauen Sprenkeln wird von einem mittelblauen Streifen zur Wand abgesetzt. Welcher Gedanke mag dahinter stehen? Als Sitzgelegenheiten finden sich schlichte graue Plastikstuhlwannen in Sitzreihen. Man könnte an Verner Panton denken, wäre da nicht die große Nähe zum öffentlichen Nahverkehr.
Im großen Teil des Wartebereichs blicken die deutschen Bundespräsidenten, der letzte fehlt, von der Wand auf die kleine Spielecke mit hölzernem Tisch und Stuhl und Schaukelpferd herab. Kleine Besucher können sich hier die Wartezeit vertrösten, vielleicht auch ein Ausdruck des Mangels an Kita-Plätzen in NRW. Dieses Ensemble wirkt fast schon künstlerisch arrangiert. Aber dann gibt es noch die Kunstbäume mit Plastikblättern, die in Blumenkübeln auf dem Flur stehen.
Die Sitzungssäle sind schlicht und entsprechen der Sachlichkeit des Gebäudes.
Grauer Teppichboden und schwarz gepolstertes Mobiliar stehen vor Holztischen mit polierter Maserung. Die Richterbank rückt durch ihre Frontblende in den Mittelpunkt. Der mittlere Platz des Vorsitzenden zeichnet sich nicht nur durch ein Schwanenhalsmikrofon, sondern auch durch die höhere Lehne seines Bürosessels aus. Seit dem auf elektronische Diktiergeräte umgestellt wurde, verwaisen die Arbeitsplätze für die Protokollführung am Rande des Richtertisches mehr und mehr.
Aber warum sind die Stühle hier eigentlich braun?
In den Räumen zur Pohligstraße hört man nicht nur den Straßenlärm, man sieht ihn auch. Die Sitzungssäle zum Innenhof geben den Blick auf die kleine Rasenfläche, das Baumareal und die Pflanzenranken, die sich wie im Urwald an den Fensternischen des Parkhauses hochziehen, frei.
Aber das alles nimmt der normale Besucher dieses Zweckbaus nicht wahr.
Die Serie widmet sich Deutschlands Arbeitsgerichten – den Gebäuden, ihrer Architektur und der Umgebung und nicht dem gesprochenen Recht.
Hier geht es zu Teil 2 der Serie (Siegburg) und Teil 1 (Frankfurt)
Update: Ende 2015 ist das Arbeitsgericht Köln zum Landesarbeitsgericht in die Blumenthalstraße 33 gezogen. Das hier beschriebene Gerichtsgebäude gehört jetzt also der Vergangenheit an!