22. Oktober 2020
Spielerleihe Spielertausch
Arbeitsrecht

Die Spielerleihe, der Spielertausch und COVID-19

Spielerleihe und Spielertausch haben während der COVID-19-Pandemie besondere Bedeutung für Fußballclubs – ein Überblick.

Aufgrund der COVID-19 Pandemie sind viele Fußballclubs momentan finanziell angeschlagen. Um ihr Mannschaftsgefüge für die Saison 2020/21 dennoch ihren Bedürfnissen anpassen zu können, haben die Clubs in der in Deutschland seit wenigen Tagen abgeschlossenen Transferphase vergleichsweise häufig auf Transfermöglichkeiten wie die Spielerleihe oder auch den Spielertausch zurückgegriffen. Beispiele sind etwa der Wechsel von Hannes Wolf von RB Leipzig zu Borussia Mönchengladbach „auf Leihbasis″ oder der Transfer von Steven Zuber von der TSG Hoffenheim zu der Frankfurter Eintracht im Tausch gegen Mijat Gacinovic. Kostspielige „normale″ Spielertransfers fanden hingegen nur in relativ geringer Anzahl statt.

Man wird derzeit davon ausgehen müssen, dass sich die COVID-19 Pandemie auch auf zukünftige Transferperioden auswirken wird, zumal ein Ende der pandemiebedingten Einschränkungen unseres sozialen Lebens bei den mittlerweile wieder stark ansteigenden Fallzahlen noch nicht absehbar ist. Die Clubs werden also voraussichtlich auch weiterhin mit wirtschaftlichen Einbußen zu rechnen und mit geringeren Einkünften zu planen haben. Es spricht daher viel dafür, dass in den kommenden Transferperioden größere Investitionen in Form „normaler″ Spielertransfers relativ geringe Bedeutung haben und Alternativlösungen wie die Spielerleihe oder der Spielertausch deutlich häufiger das Mittel der Wahl sein werden.

Das bietet Anlass, sich näher mit der Spielerleihe und dem Spielertausch zu beschäftigen sowie der Frage nachzugehen, welche zusätzlichen Vorteile diese finanziell geschwächten Clubs in Zeiten von COVID-19 bieten.

Spielerleihe ist keine „Leihe″ im Rechtssinn

Zunächst muss man klarstellen: Die Spielerleihe ist keine „Leihe″ im Rechtssinn. Dies scheitert bereits daran, dass Menschen nicht Gegenstand eines Leihvertrags im Sinne des BGB sein können (vgl. § 598 BGB).

Die Spielerleihe ist vielmehr eine arbeitsrechtliche Konstruktion, die im Ergebnis dazu führt, dass ein Spieler zeitweise für einen anderen Club aufläuft und damit umgangssprachlich an diesen „verliehen″ wird.

Rechtlich wird dies typischerweise folgendermaßen gehandhabt: Der abgebende Club (Verleiher) und der aufnehmende Club (Entleiher) vereinbaren mit Einverständnis des betreffenden Spielers, unter welchen Bedingungen der Spieler dem Entleiher zur Verfügung gestellt wird. Dazu gehören insbesondere die Dauer der Leihe sowie die verschiedentlich gestaltbare „Leihgebühr″. Der Verleiher vereinbart sodann mit seinem Spieler das Ruhen des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses und zugleich, dass dieses in dem Zeitpunkt „wiederauflebt″, in dem die Leihe endet. Entleiher und Spieler begründen wiederum ein befristetes Arbeitsverhältnis für die Dauer der Leihe.

Spielerleihe ist auch keine Arbeitnehmerüberlassung

Da der Spieler bei bestehendem Arbeitsvertrag zum verleihenden Club für einen anderen Arbeitgeber tätig wird, lohnt es sich, die Frage aufzuwerfen, ob es sich bei der Spielerleihe um eine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des § 1 Abs. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) handelt. Dies ist allerdings nicht der Fall. Denn im Unterschied zur Arbeitnehmerüberlassung, bei der der Entleiher gerade nicht zugleich Arbeitgeber ist, wird der Spieler für den entleihenden Club auf Grundlage eines eigenständigen Arbeitsvertrags tätig.

Somit sind die Regelungen des AÜG und insbesondere die Voraussetzung, dass der Verleiher die behördliche Erlaubnis zur Überlassung von Arbeitnehmern benötigt, nicht auf die Spielerleihe anwendbar.

Der Leihvertrag ist sehr variabel gestaltbar

Beim Leihvertrag bieten sich den beteiligten Clubs verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten, die im Folgenden dargestellt werden sollen. So kann die Spielerleihe gerade in Zeiten von COVID-19 dem rechtlich gut beratenen Club eine große Hilfe zur Verwirklichung seiner Vorstellungen sein.

Häufig fallen im Zusammenhang mit der Spielerleihe die Schlagwörter „Kaufoption″ oder „Kaufverpflichtung″. Die Parteien regeln hierbei neben den essenziellen Leihbedingungen, unter welchen Voraussetzungen der „Entleiher″ den entliehenen Spieler gegen Zahlung einer bereits im Leihvertrag festgeschriebenen Ablösesumme dauerhaft verpflichten kann bzw. im Falle der Kaufverpflichtung verpflichten muss.

Kaufoption

Im Fall der Kaufoption hat der entleihende Club den Vorteil, dass er den Spieler für die vereinbarte Leihdauer in seinem Mannschaftsgefüge „testen″ kann, bevor er entscheidet, ob er den Spieler dauerhaft verpflichten möchte.

In der derzeitigen wirtschaftlichen Lage kommt ein weiterer wesentlicher Aspekt hinzu: Der entleihende Club kann sich den gewünschten Spieler bereits jetzt „sichern″ und ist in der komfortablen Lage, erst nach Ablauf der Leihe seine wirtschaftliche Situation dahingehend überprüfen zu müssen, ob er die dauerhafte Verpflichtung im Wege eines Transfers finanziell stemmen kann.

Kaufverpflichtung

Die Kaufverpflichtung führt hingegen dazu, dass der entleihende Club den Spieler fest verpflichten muss. Da die Kaufverpflichtung für sich genommen letztlich nur einen „aufgeschobenen″ Transfer darstellt, wird sie häufig an bestimmte Bedingungen geknüpft, wie beispielsweise den Aufstieg oder Klassenerhalt des Entleihers oder auch den Gesundheitszustand des Spielers.

Diese Gestaltungsmöglichkeit bietet ebenfalls gerade in Zeiten von finanziellen Engpässen besondere Vorteile. Bei der Verpflichtung eines neuen Spielers kann die an sich beabsichtigte Festverpflichtung des Spielers von zukünftigen Entwicklungen abhängig gemacht werden, die die wirtschaftliche Lage des Clubs wesentlich beeinflussen, wie bspw. der Auf- oder Abstieg.

Leihgebühr

Auch die Leihgebühr kann eine Stellschraube in der Vertragsgestaltung darstellen. Während teils feste Leihgebühren vereinbart werden, ist es keine Seltenheit, dass diese abhängig vom Zweck des Leihgeschäfts variabel gestaltet werden. Kommt es dem Verleiher besonders darauf an, dass sein Spieler beim Entleiher Spielpraxis sammelt, kommt in der Rechtsgestaltung in Betracht, die Leihgebühr pro Einsatz um einen gewissen Betrag zu vermindern. So zahlte der HSV im vergangenen Jahr für einen Salzburger Leihspieler überhaupt keine Leihgebühr, nachdem er diesen in der vereinbarten Anzahl von Spielen einsetzte.

Diese Variante wird vor allem dann in Betracht kommen, wenn es um jüngere Perspektivspieler geht, die der Verleiher für sich entwickeln lassen möchte. Ebenso ist die gegenläufige Gestaltung möglich, wonach sich die geschuldete Leihgebühr für jeden Einsatz des Leihspielers erhöht. Dies wird sich gerade dann anbieten, wenn der Leihspieler von dem Entleiher sehr wahrscheinlich eingesetzt werden wird, weil er beispielsweise kurzfristig temporären Ersatz für einen verletzten Stammspieler benötigt.

Die Spielerleihe hat für beide Parteien Vorzüge

Für den entleihenden Club bietet die Spielerleihe vor allem den wirtschaftlichen Vorteil, dass die anfallenden Kosten deutlich geringer sind als die eines Transfers, mit dem man sich den Spieler mit sofortiger Wirkung dauerhaft sichert. So zahlte beispielsweise der FC Bayern für die Leihe von Philippe Coutinho eine Leihgebühr von EUR 8,5 Mio. an den FC Barcelona. Ein Transfer wäre hingegen zu einem Betrag von weniger als EUR 120 Mio. nicht denkbar gewesen, wie die in dieser Höhe vereinbarte Kaufoption vermuten lässt.

Auch für den verleihenden Club wird die Spielerleihe das Mittel der Wahl sein, wenn er einen Spieler zwar behalten möchte, diesem aber keinen gefestigten Platz im Mannschaftsgefüge bieten kann. Dies ist häufig bei jungen Spielern der Fall, die zwar talentiert sind, aktuell leistungstechnisch aber (noch) nicht in das Mannschaftsgefüge passen. Ein Paradebeispiel ist Serge Gnabry vom FC Bayern München, der im Jahr 2017 von Werder Bremen zum Rekordmeister wechselte und von diesem umgehend für eine Saison an die TSG Hoffenheim verliehen wurde. Dort konnte der Spieler die sportliche Entwicklung nehmen, die aufgrund der hohen Konkurrenz in München aufgrund deutlich geringerer Spielpraxis wohl nicht möglich gewesen wäre.

Ein weiterer enormer Vorteil der Spielerleihe stellt die frei gestaltbare Verteilung des anfallenden Spielergehalts zwischen den Clubs dar. Übernimmt bspw. der Entleiher das gesamte Spielergehalt, geht damit zumeist eine große finanzielle Entlastung des Verleihers einher, der für die Leihdauer für „seinen″ Spieler insoweit keine Ausgaben hat. Teilen sich die Clubs das Spielergehalt, profitieren in der Regel beide: Der Entleiher erhält einen „teuren″ Spieler für relativ wenig Gehalt, wohingegen der Verleiher zumindest einen Teil des Spielergehalts nicht zu tragen hat.

Denkbar ist schließlich auch, dass der Verleiher das Spielergehalt für die Dauer der Leihe weiter übernimmt. Zu einer solchen Vereinbarung wird der Verleiher aber nur dann bereit sein, wenn er großen Wert darauf legt, dass der Spieler bei dem Entleiher Spielpraxis sammeln kann, weshalb er in diesem Fall regelmäßig auf eine hohe Anzahl von Mindesteinsätzen des Spielers bestehen wird.

Der Spielertausch als kreative Notlösung

Während es in amerikanischen Profi-Ligen wie im Basketball (NBA) oder im American Football (NFL) die Regel darstellt, dass Spieler zwischen den Clubs hin- und her getauscht werden (sog. Trades), ist diese Art des Spielertransfers im europäischen Fußball die absolute Ausnahme. Das wohl prominenteste Beispiel ist der Wechsel von Zlatan Ibrahimovic von Inter Mailand zum FC Barcelona im Tausch gegen Samuel Eto’o sowie eine zusätzliche Ablöse in Höhe von EUR 30 Mio. im Jahr 2009.

Dennoch hat der Spielertausch das Potential, sich in den kommenden Transferphasen zur kreativen Notlösung für finanziell geschwächte Clubs zu entwickeln. Plant ein Club, einen Spieler in seinem Mannschaftsgefüge auszuwechseln, so wird er regelmäßig diesen Spieler gegen eine dem Marktwert des Spielers entsprechende Ablösesumme abgeben und das so erwirtschaftete Geld in einen neuen, „passenderen″ Spieler investieren wollen. In Zeiten, in denen sich viele potenzielle Interessenten in finanziellen Engpässen befinden, ist es hingegen deutlich schwieriger, den in dem Spieler verkörperten Wert in Form einer Ablösesumme zu realisieren. Bleibt aber der Transfer aus, erschwert dies auch eine geplante Neuverpflichtung.

Daher kann es sich in der aktuellen Situation – abgesehen von etwaigen bilanziellen Vorteilen – durchaus anbieten, den Wert des zu verpflichtenden Spielers anstatt mit Geld ebenfalls mit dem Wert eines abzugebenden Spielers aufzuwiegen, an dessen Verpflichtung der andere Club Interesse hat, und die Spieler zu tauschen.

Der Spielertausch hat mit gesetzlichem Tauschvertrag wenig gemein

So wie die Spielerleihe keine Leihe ist, ist der Spielertausch ein Rechtskonstrukt, das nicht unter den gesetzlichen Vertragstyp des Tausches (§ 480 BGB) zu fassen ist. Es ist zwar denkbar, dass ein Spielertausch dergestalt vertraglich vereinbart wird, dass der eine Spieler im Gegenzug für den Transfer des jeweils anderen Spielers an den Tauschpartner transferiert wird, doch stellt auch dies keinen Tausch im Rechtssinne dar.

In der Praxis wird ein Spielertausch üblicherweise ohnehin anders gehandhabt. So wurden beispielsweise beim Spielertausch zwischen Eintracht Frankfurt und der TSG Hoffenheim zwei „normale″ Transferverträge mit einer Ablösesumme in Höhe von jeweils EUR 3 Mio. geschlossen. Indem sich die Ablösesummen wirtschaftlich betrachtet „neutralisieren″, tauschen im Ergebnis die beiden Spieler den Club, ohne dass tatsächlich eine Ablösesumme fließt.

Clubs sollten sich den verschiedentlichen Gestaltungsmöglichkeiten bewusst sein

Es bleibt abzuwarten, wie sich das Transferverhalten der Clubs in Zukunft entwickeln wird. Da auch der Profisport noch weit von der Rückkehr zur „Normalität″ entfernt ist, ist davon auszugehen, dass die derzeit angespannte finanzielle Lage bei den Clubs noch einige Zeit andauern wird. Umso mehr sollten sich die Clubs der Alternativen zum kostspieligen „normalen″ Spielertransfer bewusst sein.

Tags: Arbeitnehmerüberlassung Coronavirus Kaufoption Kaufverpflichtung Spielerleihe Spielertausch Sportrecht