Ein Blick auf die Streitigkeiten aufgrund sog. einseitiger Verlängerungsoptionsklauseln in der arbeitsrechtlichen Sportpraxis zwischen Clubs und Spielern.
Einseitige Verlängerungsoptionsklauseln räumen dem Club die „Option“ ein, die mit dem Spieler arbeitsvertraglich vereinbarte Vertragslaufzeit um eine bestimmte Zeitdauer (z. B. ein Jahr) einseitig zu verlängern. Dass hierin Streitpotential geborgen liegt, ist offensichtlich: Will ein Spieler den Club nach dem eigentlich vereinbarten Vertragsende verlassen, weil ihm etwa ein besseres Angebot eines anderen Clubs vorliegt, entspricht die Ausübung der vertraglich vereinbarten Verlängerungsmöglichkeit durch den Club nicht seinen Interessen.
So lag der Fall auch in der im Sommer dieses Jahres öffentlich gewordenen Rechtsstreitigkeit zwischen dem Drittligisten Türkgücü München und dem Spieler Sercan Sararer. Der Spieler, der seit Januar 2020 im Aufgebot der Münchener steht, wollte den „an sich“ bis Sommer 2021 laufenden Arbeitsvertrag nicht verlängern und den Verein verlassen. Der Drittligist beabsichtigte hingegen, den Vertrag mit seinem Topscorer zu verlängern, und zog deshalb eine im Vertrag Sararers enthaltene einseitige Verlängerungsoptionsklausel. Nachdem sich der Spieler auf die Unwirksamkeit der Klausel berufen hatte, ging die Sache vor das Arbeitsgericht. Zu einem Urteil kam es allerdings nicht. Spieler und Club einigten sich schließlich doch noch und vereinbarten eine Vertragsverlängerung um drei Jahre.
Aus juristischer Sicht stellt sich nun die spannende Frage: Wie hätte das Gericht entschieden, wenn eine Einigung ausgeblieben wäre? Wäre der Spieler tatsächlich für ein weiteres Jahr verpflichtet gewesen, für den Club zu spielen?
Verlängerungsoptionsklauseln sind vor allem Reaktion auf das „Bosman-Urteil“
Um diese Fragen beantworten zu können, lohnt sich zunächst ein Blick auf die Entstehungsgeschichte von Verlängerungsoptionsklauseln. Bis in die 1990er Jahre hinein war es in den meisten europäischen Profi-Ligen üblich, dass ein Spieler seinen Club nur dann wechseln konnte, wenn der Club, zu welchem der Spieler wechseln wollte, eine Transferentschädigung an den bisherigen Club zahlte – und zwar auch dann, wenn der befristete Arbeitsvertrag mit dem bisherigen Club bereits durch Zeitablauf geendet hatte. Diese verbandsrechtlichen Regelungen fanden ihr jähes Ende, als der EuGH im Dezember 1995 entschied, dass diese Vorgehensweise gegen die europarechtlich gewährleistete Arbeitnehmerfreizügigkeit (heute Art. 45 AEUV) verstößt (EuGH, Urteil v. 15. Dezember 1995 – C-415/93). Die Folge der als „Bosman-Urteil“ bekannten Entscheidung war, dass Spieler ihren Arbeitgeber nach Vertragsende „ablösefrei“ verlassen konnten. Zugleich sahen sich die Clubs mit dem Problem konfrontiert, eine wichtige Einnahmequelle zu verlieren, da von nun an Transferentschädigungen nur noch für den Fall verlangt werden konnten, dass mit dem Spieler (noch) ein Arbeitsverhältnis besteht. Denn es blieb (und ist) weiterhin möglich, eine Transferentschädigung als Gegenleistung für die vorzeitige einvernehmliche Vertragsaufhebung mit dem Spieler zu verlangen.
Dementsprechend stieg das Bedürfnis der Clubs, zu vermeiden, dass ein Spieler den Club nach Vertragsende ablösefrei verlässt. Dabei hat sich in der Kautelarpraxis u.a. das Instrument der Verlängerungsoptionsklauseln entwickelt, mittels derer dem Club entweder ausschließlich (einseitige „opt-in“ Verlängerungsklausel) oder neben dem Spieler (zweiseitige „opt-in“ Verlängerungsklausel) die Möglichkeit eingeräumt wird, den Arbeitsvertrag um eine bestimmte Zeitdauer zu verlängern. Dies verwundert nicht. Denn derartige Klauseln böten dem Club – sofern sie rechtswirksam sein sollten (dazu sogleich) – den erheblichen Vorteil, den betreffenden Spieler bei Bedarf weiterhin an sich zu binden und so zu verhindern, diesen ablösefrei gehen lassen zu müssen.
Einseitige „opt-in“ Verlängerungsklausel sind rechtlich unzulässig
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob sich derartige vertragliche Regelungen im Rahmen des gesetzlich Zulässigen bewegen, scheinen sie doch das Bosman-Urteil umgehen zu wollen. Dabei wird aufgrund der Aktualität des Falles rund um den Spieler Sararer der Fokus zunächst auf die einseitige „opt-in“ Verlängerungsklausel gelegt.
Ob eine einseitige Verlängerungsoptionsklausel wirksam ist, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt. Es existieren lediglich vereinzelt instanzgerichtliche Urteile, die sich mit der rechtlichen Zulässigkeit einseitiger Verlängerungsoptionsklauseln befassen, jedoch zu keinem einheitlichen Ergebnis gelangen. So sah etwa das Arbeitsgericht Nürnberg eine einseitige Verlängerungsoptionsklausel als rechtswirksam an (ArbG Nürnberg, Urteil v. 4. Juni 2007 – 3 Ga 32/07). Im Gegensatz dazu hat das Arbeitsgericht Ulm entschieden, eine einseitige Verlängerungsoption verstoße zum einen gegen den allgemeinen im Arbeitsrecht geltenden Grundsatz, dass die ordentliche Kündigung durch den Arbeitnehmer gegenüber derjenigen des Arbeitgebers nicht erschwert werden darf (vgl. § 622 Abs. 6 BGB). Zudem sei ein Verstoß gegen das AGB-rechtliche Benachteiligungsverbot (§ 307 Abs. 1 BGB) gegeben (ArbG Ulm, Beschluss v. 14. November 2008 – 3 Ca 244/08).
Führt man sich vor Augen, dass eine einseitige Verlängerungsoptionsklausel dem Spieler, d.h. dem Arbeitnehmer, jegliche Disposition darüber nimmt, ob er zu dem eigentlich vertraglich vereinbarten Beendigungstermin aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, wird man in der Tat zu dem – aus Vereinssicht, d.h. aus Arbeitgebersicht, ungünstigen – Ergebnis kommen müssen, dass eine solche Vertragsklausel unwirksam ist.
Das Instrument der einseitigen Verlängerungsoptionsklausel ist mit dem arbeitsrechtlichen Prinzip, dass die ordentliche Kündigung durch den Arbeitnehmer gegenüber der des Arbeitgebers nicht erschwert werden darf (vgl. § 622 Abs. 6 BGB), nicht vereinbar.
Nun scheint diese Aussage zwar im Widerspruch zu dem Umstand zu stehen, dass befristete Arbeitsverhältnisse grundsätzlich nicht ordentlich kündbar sind (§ 15 Abs. 3 TzBfG). Denn wo schon kein ordentliches Kündigungsrecht besteht, kann auch keine längere Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer in Widerspruch zu § 622 Abs. 6 BGB vereinbart werden. Allerdings darf nicht außer Betracht bleiben, dass die einseitige Verlängerungsoption dazu führt, dass es allein der Arbeitgeber in der Hand hat, ob sich der Arbeitsvertrag nun noch um die im Rahmen der Klausel festgelegte Zeitdauer verlängert oder nicht. Würde man diesen Fall nicht unter die genannte Vorschrift fassen, würde dies zu Wertungswidersprüchen führen. So kann es in dem eingangs geschilderten Fall Sararer – eine einseitige Verlängerungsoption für die Dauer von einem Jahr unterstellt – keinen Unterschied machen, ob eine Verlängerungsoption vereinbart wurde oder Türkgücü München ein einseitiges Kündigungsrecht ab dem 30.06.2021 eingeräumt worden wäre. In beiden Fällen kann der Club die Vertragsdauer gleichermaßen kürzer gestalten als dies dem Spieler möglich ist.
Handelt es sich bei der Verlängerungsoptionsklausel zudem – wie dies regelmäßig der Fall sein dürfte – um allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Sinne der §§ 305 ff. BGB, folgt ihre rechtliche Unzulässigkeit auch jedenfalls daraus, dass sie mit den wesentlichen Grundgedanken des § 622 Abs. 6 BGB nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Ein Verstoß gegen § 622 Abs. 6 BGB führt ebenfalls zur Unwirksamkeit der Klausel
Im Regelfall, nämlich dann, wenn die einseitige Verlängerungsoptionsklausel eine AGB darstellt, führt ein Verstoß gegen das AGB-rechtliche Benachteiligungsverbot – wie aufgezeigt – unproblematisch zu deren Unwirksamkeit.
Anders verhält es sich hingegen, wenn die Verlängerungsoptionsklausel eine Individualabrede darstellt. Dann stellt sich die Frage, welche Rechtsfolge sich nun aus dem Verstoß gegen das in § 622 Abs. 6 BGB enthaltene Prinzip ableiten lässt, dass die ordentliche Kündigung durch den Arbeitnehmer gegenüber der des Arbeitgebers nicht erschwert werden darf.
Das Arbeitsgericht Ulm zog in seiner Entscheidung zur Beantwortung dieser Frage eine handelsrechtliche Norm heran, die die Verlängerung von Kündigungsfristen im Vertragsverhältnis zwischen Unternehmer und Handelsvertreter betrifft. Diese bestimmt, dass, wenn für den Unternehmer eine kürzere Kündigungsfrist als für den Handelsvertreter vereinbart wurde, die für den Handelsvertreter vereinbarte (längere) Frist auch für den Unternehmer gilt (§ 89 Abs. 2 HGB). Diesen Regelungsgedanken übertrug das Gericht auf den zu entscheidenden Fall und kam zu dem Ergebnis, dass das einseitige Optionsrecht des Clubs nicht entfalle, sondern auch der Spieler ein einseitiges Optionsrecht habe.
Dies überzeugt allerdings nicht. Denn die sog. analoge Anwendung einer Rechtsnorm ist nicht ohne Weiteres möglich. Vielmehr bedarf es neben einer planwidrigen Regelungslücke im konkreten Fall einer Interessenlage, die mit derjenigen, die der anzuwendenden Rechtsnorm zugrunde liegt, vergleichbar ist. Dies trifft im Falle der Verlängerungsoptionsklauseln aber gerade nicht zu. Denn es liegt typischerweise nicht im Interesse des (wechselwilligen) Spielers, dass dem Club die Verlängerungsoption erhalten bleibt. Ebenso liegt es nicht im Interesse des Clubs, dass der Spieler gleichermaßen eine Vertragsverlängerung herbeiführen kann.
Richtigerweise führt der Verstoß der einseitigen „opt-in“ Verlängerungsklausel gegen § 622 Abs. 6 BGB aufgrund des Verbotscharakters der Norm zu deren Unwirksamkeit (§ 134 BGB).
Gericht hätte mit großer Wahrscheinlichkeit dem Spieler Recht gegeben
Daher kann für die Causa Sararer festgehalten werden, dass das angerufene Arbeitsgericht mit großer Wahrscheinlichkeit zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass die von Türkgücü München gezogene Verlängerungsoption unwirksam war mit der Folge, dass der Spieler den Club in der Tat ablösefrei hätte verlassen können.
Zweiseitige „opt-in“- und „opt-out“ Verlängerungsoptionen als wirksame Alternative
Will sich ein Club dennoch die Möglichkeit offenhalten, den mit dem Spieler abzuschließenden Vertrag vor dem eigentlichen Vertragsende um eine gewisse Dauer zu verlängern, ist dies unter vertragsgestalterischen Gesichtspunkten durchaus auch rechtskonform umsetzbar.
Zum einen kann in den Arbeitsvertrag, wie bereits angedeutet, in eine zweiseitige Verlängerungsoptionsklausel dergestalt aufgenommen werden, dass beide Arbeitsvertragsparteien gleichermaßen eine Verlängerungsoption erhalten. Es spricht vieles für die rechtliche Zulässigkeit solcher Klauseln, da sie insbesondere weder die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) noch die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 AEUV) verletzen dürften. Auch verstößt eine solche Klausel nicht gegen das arbeitsrechtliche Prinzip, dass die ordentliche Kündigung durch den Arbeitnehmer gegenüber der des Arbeitgebers nicht erschwert werden darf, stattet sie doch gerade beide Parteien mit einer Verlängerungsoption aus. Übt ein Club seine Verlängerungsklausel jedoch nur oder in erster Linie deshalb aus, um sich für die vereinbarte Zeitdauer die Möglichkeit zu bewahren, den betreffenden Spieler gegen eine Ablösesumme zu transferieren, obwohl er an der Arbeitsleistung des Spielers eigentlich kein Interesse mehr hat, kann dies als rechtsmissbräuchliches Verhalten gewertet werden und zur Unwirksamkeit der Rechtsausübung im Einzelfall führen (§ 242 BGB).
Zum anderen besteht die Möglichkeit, eine sog. „opt-out“ Verlängerungsklausel zu vereinbaren. Anders als „opt-in“ Verlängerungsklauseln bewirken „opt-out“ Verlängerungsklauseln, wie der Name schon vermuten lässt, dass sich der Vertrag um ein weiteres Jahr verlängert, wenn keine der Vertragsparteien bis zu einem bestimmten Zeitpunkt (z. B. drei Monate vor dem eigentlichen Endtermin) die Beendigung des Vertrags erklärt hat. Auch derartige Klauseln werden grundsätzlich als wirksam angesehen. Sofern es sich dabei – wie üblich – um eine AGB handelt, wird der Club bei der Vertragsgestaltung, insbesondere im Hinblick auf die typischerweise festzulegende Form der „opt-out“-Erklärung, auf die AGB-Konformität zu achten haben. Denn der Arbeitgeber darf Erklärungen des Arbeitnehmers in diesem Fall nicht an eine strengere Form als die Textform binden (§ 309 Abs. 1 Nr. 13 b) BGB). Daher ist etwa die im Muster-Trainervertrag des Bund Deutscher Fußball-Lehrer (BDFL) unter § 6 Abs. 2 enthaltene zweiseitige „opt-out“-Verlängerungsklausel
(Hat keine der Vertragsparteien drei Monate vor Ablauf dieses Vertrages die Beendigung schriftlich mitgeteilt, so läuft der Vertrag unter den gleichen Bedingungen ein Jahr weiter.)
unwirksam. Eine (analoge) Anwendung des § 623 BGB, welcher für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses die Schriftform vorsieht, kommt nicht Betracht.
Die Aufnahme von zweiseitigen Vertragsverlängerungsklauseln sollte gut überlegt sein
Die zweiseitige „opt-in“ und die zweiseitige „opt-out“ Verlängerungsklausel haben gemein, dass sie auch dem jeweiligen Spieler die Option auf Verlängerung bzw. Nicht-Verlängerung des Arbeitsvertrags einräumen. Dies ist aus Arbeitgebersicht nachteilig, birgt dies doch die Gefahr, dass der betreffende Spieler den Vertrag durch Ausübung der „opt-in“ Verlängerungsklausel verlängert bzw. im Falle der „opt-out“ Verlängerungsklausel nicht verlängert – und zwar ggf. auch entgegen den Interessen des Clubs.
Clubs sollten daher in jedem Fall sorgfältig eruieren, ob die Aufnahme eines solchen Vertragsverlängerungsmechanismus in der jeweiligen Situation überhaupt sinnvoll ist, was aber in verschiedenen Konstellationen durchaus der Fall sein kann.
Dieser Beitrag wurde unter Mitwirkung von Praktikant Leopold Häntzschel verfasst.