27. Januar 2021
Median-Entgelt Entgelttransparenzgesetz
Arbeitsrecht

BAG: Neues zum Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz

Am 21. Januar 2021 (8 AZR 488/19) entschied der 8. Senat des BAG über eine spannende Frage zum Entgelttransparenzgesetz. Im Kern ging es um die Aussagekraft des sogenannten „Median-Entgelts″.

Abteilungsleiterin verlangt nach Auskunft über das Median-Entgelt Nachvergütung

Eine Abteilungsleiterin in einem Unternehmen hatte einen Auskunftsanspruch nach den §§ 10 ff. EntgTranspG geltend gemacht. Sie wollte wissen, was vergleichbare männliche Kollegen/Abteilungsleiter verdienen. 

Das Unternehmen berechnete einen auf das Vollzeitäquivalent hochgerechneten statistischen Median des durchschnittlichen monatlichen übertariflichen Grundentgelts sowie der übertariflichen Zulage. Im Ergebnis lag das Vergleichsentgelt sowohl bei der Grundvergütung als auch bei der Zulage über dem Entgelt der Abteilungsleiterin.

Wegen Benachteiligung wegen des Geschlechts erhob sie daraufhin Klage. Sie forderte die Zahlung der Differenz zwischen ihrem Grundentgelt und ihrer Zulage und dem ihr mitgeteilten höheren Median-Entgelt für die Monate August 2018 bis Januar 2019.

Die Entscheidung des BAG: Median kann Beweiserleichterung des § 22 AGG auslösen

Das LAG Niedersachsen (Urteil vom 1. August 2019 – 5 Sa 196/19) hatte den Rückschluss auf eine Benachteiligung wegen des Geschlechts allein aus dem Entgelt-Median nicht zugelassen.

Der 8. Senat kam hingegen zu dem Ergebnis, dass die Tatsache, dass männliche Mitarbeiter in einem Unternehmen für die gleiche Arbeit im Median mehr als eine vergleichbare weibliche Arbeitnehmerin verdienen, die – vom Arbeitgeber widerlegbare – Vermutung begründe, dass die Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts erfolgte. 

Die Richter gingen dementsprechend zunächst davon aus, dass die Mitarbeiterin gegenüber ihren männlichen vergleichbaren Kollegen eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne des § 3 Abs. 2 S. 1 EntgTranspG erfahren hatte. Zur Klärung, inwieweit der Arbeitgeber die Vermutung widerlegen kann, verwies es die Sache an das LAG Niedersachsen zurück. 

Der 8. Senat schreibt damit fest, dass das Median-Entgelt die Beweiserleichterung des § 22 AGG auslöst. Die Beweislast für Arbeitgeber kehrt sich in diesen Situationen nun also um: Sie müssen nachweisen, dass sie bei der Höhe der Vergütung nicht diskriminiert haben.

Hintergrund: Der Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz

Seit dem 6. Januar 2018 können Arbeitnehmer den Auskunftsanspruch nach §§ 10 ff. EntgTranspG geltend machen. Dieser soll helfen, Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen trotz vergleichbarer Qualifikation und Tätigkeit aufzudecken und zu beseitigen. Siehe dazu im Detail unsere Blogbeiträge vom 31. Januar 2018 und vom 1. Februar 2018.

Nach dem EntgTranspG müssen Betriebe mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten ihren Mitarbeitern Auskunft über den Median des Bruttomonatsentgelts und bis zu zwei weiteren Entgeltbestandteilen geben, sofern mindestens sechs Arbeitnehmer des anderen Geschlechts eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit ausführen. 

Der Entgelt-Median als mittlerer Gehaltsbereich einer Vergleichsgruppe

Hierbei handelt es sich um das Entgelt des Mitarbeiters, das bei einer absteigenden Aufstellung der Entgelthöhe der Mitglieder der Vergleichsgruppe in der mittleren Position steht und damit den Mittelwert bildet. 

Bei einer ungeraden Anzahl an Mitgliedern der Vergleichsgruppe ist der Median daher das Entgelt des Mitarbeiters, dessen Gehaltshöhe genau in der Mitte liegt. Besteht die Vergleichsgruppe aus einer geraden Anzahl an Mitgliedern, liegt der Median zwischen den Entgelten der beiden Mitarbeiter, die hinsichtlich der Gehaltshöhe gemeinsam den mittleren Bereich abbilden.

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