Hat die Konzernobergesellschaft ihren Sitz im Ausland, ist kein Konzernbetriebsrat zu errichten – anstehende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts.
Entsprechend der bisherigen Rechtsprechung hat das LAG Nürnberg am 21. Juli 2016 (Az.: 5 TaBV 54/15) entschieden, dass die Errichtung eines Konzernbetriebsrats nicht zulässig ist, wenn sich die Konzernobergesellschaft im Ausland befindet. In einem solchen Fall ist das BetrVG auf die Konzernobergesellschaft nicht anwendbar, so dass die Errichtung eines Konzernbetriebsrats nach § 54 BetrVG ausscheidet.
Die Rechtsbeschwerde zu dieser Rechtsfrage der Anwendbarkeit des § 54 BetrVG auf Unternehmenszusammenschlüsse mit Leitung im Ausland ist beim Bundesarbeitsgericht anhängig (7 ABR 60/16). Die Entscheidung ist für den 23. Mai 2018 angekündigt.
Herrschende Konzernobergesellschaft mit Sitz in der Schweiz
Im konkreten Fall hatten die Betriebsratsgremien dreier in Deutschland ansässiger Unternehmen eines Konzerns einen Konzernbetriebsrat errichtet. Gesamtbetriebsräte existieren nicht.
Als Konzernunternehmen wurde eine vierte operative GmbH einbezogen, sowie eine fünfte, die nach Auffassung der Arbeitnehmervertreter als Holding fungiere und bei der der Konzernbetriebsrat zu errichten sei. Diese fünfte Gesellschaft ist Alleingesellschafterin der weiteren vier Gesellschaften – sie übt jedoch selbst keinerlei Leitungsmacht aus.
Die herrschende Konzernobergesellschaft, die auch die Anteile an der Holdinggesellschaft in Deutschland hält, hat ihren Sitz in der Schweiz, von wo aus sie alle Gesellschaften in Deutschland steuert.
Errichtung eines Konzernbetriebsrats
Nach § 54 Abs.1 S.1 BetrVG kann ein Konzernbetriebsrat durch Beschlüsse der Betriebsräte der konzernangehörigen Unternehmen errichtet werden. Voraussetzung ist das Vorliegen eines Unterordnungskonzerns, d.h. das Vorliegen einer Unternehmensstruktur, in der ein oder mehrere untergeordnete Unternehmen der einheitlichen Leitung eines herrschenden Unternehmens unterstellt sind, § 18 Abs.1 AktG. Diese untergeordneten Unternehmen sind zwar an sich rechtlich selbständig (§ 17 Abs. 1 AktG), sie unterliegen aber unmittelbar oder mittelbar dem beherrschenden Einfluss eines anderen Unternehmens.
Voraussetzung für die Errichtung eines Konzernbetriebsrats ist nach bislang herrschender Rechtsprechung, dass der Sitz der Konzernobergesellschaft im Inland liegt oder der Konzern über eine im Inland ansässige Teilkonzernspitze verfügt, die diese Steuerungsfunktion inne hat. Dieses letztere Konzept des sogenannten „Konzerns im Konzern“ liegt vor, wenn innerhalb von Konzernstrukturen einer inländischen, abhängigen Gesellschaft die Leitungsmacht hinsichtlich wesentlicher personeller, sozialer und / oder wirtschaftlicher Angelegenheiten übertragen ist.
BAG bisher: Bildung eines Konzernbetriebsrats nicht möglich, wenn Konzernobergesellschaft aus dem Ausland die sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten steuert
Problematisch wird es, wenn – wie im vorliegenden Fall des LAG Nürnberg (5 TaBV 54/15) – die im Inland ansässige Holdinggesellschaft gerade über keine Leitungsmacht gegenüber ihren Tochtergesellschaften verfügt und deren personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten von der im Ausland ansässigen Konzernobergesellschaft gesteuert werden.
In der Literatur umstritten ist, ob das BetrVG im Hinblick auf die Errichtung eines Konzernbetriebsrats auch in einer solchen Konstellation angewendet werden kann und die Bildung eines Konzernbetriebsrats ermöglicht wird. Das Bundesarbeitsgericht lehnt dies bislang ab.
Ziel der Errichtung eines Konzernbetriebsrats (im Inland)
Ziel der Errichtung eins Konzernbetriebsrats ist es, die Arbeitnehmer der abhängigen Unternehmen an bindenden Leitungsentscheidungen der Konzernspitze in wesentlichen sozialen, personellen und wirtschaftlichen Bereichen zu beteiligen. Mitbestimmung soll dort ermöglicht werden, wo die Leitungsentscheidungen getroffen werden.
Diesem Zweck würde es zuwider laufen, wenn dem Konzernbetriebsrat auf Arbeitgeberseite leidglich Vertreter einer Holdinggesellschaft gegenüber stünden, die keinerlei Leitungsmacht (und damit keinerlei Entscheidungsbefugnis) über die der Mitbestimmung unterliegenden Gegenstände inne haben. Ein gleichwohl gebildeter Konzernbetriebsrat – ohne die Möglichkeit, Einfluss auf die Belange der in den konzernangehörigen Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer nehmen zu können – wäre letztlich funktionslos.
Schließlich könnte der inländische Konzernbetriebsrat seine Beteiligungsrechte gegenüber der im Ausland ansässigen Konzernobergesellschaft nicht geltend machen, da diese nach dem Territorialprinzip nicht den Regelungen des BetrVG unterliegt.
Gleichwohl soll nach einigen Stimmen in der Literatur auch in einer solchen Konstellation eine inländische Arbeitnehmervertretung für die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen im Inland etabliert werden können.
Weiterer Verlauf: Verkündung des BAG am 23. Mai 2018
Das LAG Nürnberg hat die Rechtsbeschwerde zugelassen. Das BAG hat die Verkündung einer Entscheidung zum Konzernbetriebsrat im Inland für den 23. Mai 2018 angekündigt. Es bleibt also spannend! Wir werden berichten, ob der 7. Senat an der bisherigen Rechtsprechung festhalten wird.