9. Januar 2012
Arbeitsrecht

Tarif(un)fähigkeit der CGZP: LAG Berlin-Brandenburg…zum ersten…zum zweiten!

Bekanntenmaßen treibt die Frage der Tarif(un)fähigkeit der CGZP gegenwärtig die Zeitarbeitsbranche um:

Bereits im Jahr 2009 hat das LAG Berlin-Brandenburg der Tarifgemeinschaft attestiert, dass diese nicht fähig gewesen sein soll, Tarifverträge abzuschließen. Diese Entscheidung wurde am 14.12.2010 vom BAG bestätigt (wir berichteten). Aufgrund des ausschließlich gegenwartsbezogenen Antrags („festzustellen, dass die CGZP nicht tariffähig ist″) ist aber bislang nicht abschließend höchstrichterlich geklärt, wie es um die Tariffähigkeit der CGZP in der Vergangenheit bestellt war.

Dieser Frage musste sich zunächst das ArbG Berlin annehmen, das schließlich – wenig überraschend – erkannt hat, dass die CGZP auch vergangenheitsbezogen, nämlich am 29.11.2004, am 19.06.2006 und am 09.07.2008, nicht tariffähig war und demgemäß keine Tarifverträge abschließen konnte. Es hat sich dabei der Begründung des Beschlusses des BAG vom 14.12.2010 angeschlossen. Offen ließ das ArbG Berlin hingegen, ob diese Feststellung auch zu Ansprüchen auf equal pay führen kann: In der Pressemitteilung vom 30.05.2011 formuliert das Gericht ausdrücklich,

„dass Leiharbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse auf der Grundlage zu den genannten Zeitpunkten abgeschlossener ‚Tarifverträge‘ abgewickelt wurden, möglicherweise im Nachhinein eine Gleichstellung mit vergleichbaren Arbeitnehmern der Entleiher verlangen können. Dies kann zu erheblichen Nachforderungen führen.″

Das LAG Berlin-Brandenburg hat mit seinem heutigen Beschluss (09.01.2012, Az. 24 TaBV 1285/11, s. Pressemitteilung) nunmehr die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt und sich dabei ebenfalls auf die Grundsätze gestützt, die das  BAG am 14.12.2010 aufgestellt hat. Danach ist die CGZP keine Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG, weil sich ihre Mitgliedsgewerkschaften nicht im Umfang ihrer Tariffähigkeit zusammengeschlossen haben. Außerdem geht der in der Satzung der CGZP festgelegte Organisationsbereich für die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung über den ihrer Mitgliedsgewerkschaften hinaus. Das LAG Berlin-Brandenburg weist in der Pressemitteilung aber ebenfalls darauf hin, dass es nicht entschieden hat, ob Arbeitgeber, die mit ihren Leiharbeitnehmern die Anwendung der CGZP-Tarifverträge vereinbart haben, auf die Wirksamkeit der Tarifverträge in der Vergangenheit vertrauen durften. Dies ist ggf. in Rechtsstreitigkeiten zu untersuchen, in denen Arbeitnehmer wegen der Unwirksamkeit der Tarifverträge Nachforderungen stellen.

Überraschenderweise hat das LAG Berlin-Brandenburg gegen den Beschluss kein Rechtsmittel zugelassen. Dies erstaunt vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Bedeutung der Frage der Tariffähigkeit der CGZP. Es ist jedoch davon auszugehen, dass gegen die Entscheidung eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt wird (§ 92 a ArbGG), so dass diese vorerst nicht rechtskräftig werden wird.

Ob und inwiefern Leiharbeitnehmer berechtigt sind, equal pay von ihrem Arbeitgeber zu verlangen, wurde vom LAG Berlin-Brandenburg nicht geklärt. Vielmehr müssen etwaige Ansprüche in gesondert gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht und ggf. klageweise verfolgt werden. Dabei dürfte sich der Arbeitgeber jedoch aus Vertrauensgesichtspunkten auf die Wirksamkeit der Tarifverträge der CGZP – zumindest bis zum 14.12.2010 – berufen können. Auch können – sofern vereinbart – arbeitsvertragliche Ausschlussfristen den Ansprüchen der Leiharbeitnehmer entgegenstehen (wir berichteten).

Tags: CGZP equal pay Tariffähigkeit Tarifunfähigkeit § 97 ArbGG