Der Betriebsrat kann die Zustimmung zu geplantem Einsatz eines Zeitarbeitnehmers verweigern, wenn dieser nicht nur vorübergehend überlassen werden soll.
Der 1. Senat des BAG hat bestätigt, dass der Betriebsrat die Zustimmung zu einem geplanten Einsatz eines Zeitarbeitnehmers verweigern kann, wenn dieser nicht nur vorübergehend überlassen werden soll
Bereits am 10.07.2013 hat der 7. Senat des BAG (Az. 7 ABR 91/11) entschieden, dass der im Kundenbetrieb gebildete Betriebsrat die Zustimmung zu einem dort geplanten Einsatz eines Zeitarbeitnehmers verweigern kann, wenn dieser nicht nur vorübergehend i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG überlassen werden soll. Diese Vorschrift soll nämlich ein Verbotsgesetz i.S.v. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG darstellen, dessen Missachtung den Betriebsrat zu einem entsprechenden Widerspruch berechtigen kann.
Ausschluss der nicht vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung
Diese Ansicht hat inzwischen auch der 1. Senat des BAG bestätigt (Beschl. v. 30.09.2014 – 1 ABR 79/12). Entscheidend für ein derartiges Verständnis von § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG seien der Sinn und Zweck der Vorschrift.
Regelmäßig erschöpften sich gesetzliche Bestimmungen nicht in bloßen Beschreibungen. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass nach der Intention des Gesetzgebers die dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung ohne Folgen bleiben solle. Wenn aber mit § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG überhaupt etwas geregelt werden solle, dann der Ausschluss der nicht vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung.
Mit der Interpretation von § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG als Verbotsnorm seien auch die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung nicht überschritten. Der entsprechende Vorwurf sei schon im Ausgangspunkt ungerechtfertigt. Es handele sich nämlich ausschließlich um eine an Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck sowie Gesetzeshistorie orientierte Auslegung der Vorschrift.
Keine unionsrechtlichen Bedenken
Auch bestünden an einer derartigen Interpretation der Norm keine unionsrechtlichen Bedenken. Die Zeitarbeitsrichtlinie 2008/104 stehe der nationalen Auslegung als Untersagung der nicht vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung nicht entgegen. Einer Vorlage an den EuGH bedürfe es mangels Zweifeln an der Auslegung nicht. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des gegenwärtig beim EuGH anhängigen Verfahrens in Sachen „Työntekijäliitto″ (Az. C-533/13). .
Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern
Letztlich hat sich der 1. Senat des BAG der Rechtsprechung des 7. Senats uneingeschränkt angeschlossen. Bei nicht mehr vorübergehendem Einsatz von Zeitarbeitnehmern hat der im Kundenbetrieb gewählte Betriebsrat ein Zustimmungsverweigerungsrecht. Vor dem Hintergrund, dass das LAG Nürnberg dem 7. Senat in zwei gut begründeten und gleichsam mutigen Entscheidungen (Beschl. v. 29.10.2013 – 7 TaBV 15/13; Beschl. v. 09.05.2014 – 3 TaBV 29/13) ausdrücklich die Gefolgschaft verweigert hat, ist dies ein eindeutiges „Statement″. Damit steht zumindest für die Praxis fest, dass nach Auffassung der Erfurter Richter an der Qualifizierung von § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG als Verbotsgesetz – auch aus europarechtlicher Sicht – nicht zu rütteln ist.
Ein von dem Kunden nach Widerspruch des Betriebsrates eingeleitetes Zustimmungsersetzungsverfahren ist damit wenig Erfolg versprechend geworden. Dies dürfte zukünftig auch im Zuständigkeitsbereich des LAG Nürnberg gelten, wobei das Gericht freilich nicht an die Vorgaben des BAG gebunden ist („richterliche Unabhängigkeit″). Das Kundenunternehmen kann selbstverständlich nach einem Widerspruch des Betriebsrates durch eine vorläufige personelle Maßnahme den geplanten Einsatz des Zeitarbeitnehmers durchsetzen. Allerdings ist dies mit gewissen prozessualen Mühen und Kosten verbunden.