23. Oktober 2020
Gutschrift Arbeitszeitkonto Feiertag
Arbeitsrecht

Zeitarbeit: (kein) Anspruch auf Gutschriften auf dem Arbeitszeitkonto für Feiertage

Wird ein Zeitarbeitnehmer planmäßig nicht an Feiertagen eingesetzt, kann dieser nicht verlangen, dass Plusstunden in dessen Arbeitszeitkonto eingebucht werden.

Mit einem eher außergewöhnlichen, aber gleichsam durchaus „praxisnahen″ Fall musste sich jüngst das LAG Berlin-Brandenburg befassen. Eine Zeitarbeitnehmerin verlangte eine Gutschrift auf ihrem Arbeitszeitkonto von Zeiten für gesetzliche Feiertage, selbst wenn sie an diesen nicht gearbeitet hat und auch nicht hätte arbeiten müssen.

Das LAG Berlin-Brandenburg hat die Berufung gegen die klageabweisende Entscheidung mit einer überzeugenden Begründung zurückgewiesen (Urteil v. 20. August 2020 – 21 Sa 1792/19; vorgehend: ArbG Berlin, Urteil v. 24. April 2019 – 14 Ca 14641/18).

Zeitarbeitnehmerin wollte ihrem Zeitarbeitskonto Stunden für Feiertage gutschreiben lassen

Die Klägerin ist bei dem beklagten Personaldienstleister X seit dem 7. April 2016 mit vier Stunden täglich und zwanzig Stunden wöchentlich als Servicekraft beschäftigt und wird im Bereich Gastronomie eingesetzt. 2018 verdiente sie zuletzt EUR 11,14 brutto pro Stunde.

In dem Arbeitsvertrag wird auf das Tarifwerk iGZ/DGB in der jeweils gültigen Fassung Bezug genommen.

Die Klägerin forderte die Beklagte auf, für diverse Feiertage ihrem Arbeitszeitkonto jeweils vier Stunden gutzuschreiben. Die Beklagte vergütete die Klägerin für die in dem betreffenden Zeitraum tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, leistete Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsentgelt, nicht jedoch Entgeltfortzahlung für die übrigen gesetzlichen Feiertage, an denen die Klägerin nicht eingesetzt wurde.

Das ArbG Berlin hat die Klage abgewiesen und sich dabei im Wesentlichen auf die arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussfristen berufen, die die Klägerin nicht eingehalten habe. Die von der Klägerin gegen das Urteil eingelegte Berufung blieb vor dem LAG Berlin-Brandenburg ohne Erfolg.

LAG Berlin-Brandenburg: Einhaltung der maßgeblichen Ausschlussfristen zu beachten

Soweit die Klägerin meine, für die Gutschriften auf ihrem Arbeitszeitkonto gebe es keine Fälligkeitsregelung, weshalb die arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussfristen keine Anwendung finden könnten, übersehe sie, dass – sollte ihre Auffassung zutreffend sein – die Klage schon deshalb abzuweisen wäre, weil die geltend gemachten Ansprüche nicht fällig wären.

Im Übrigen ist nach der ständigen Rechtsprechung des BAG auch bei Gutschriften auf dem Arbeitszeitkonto die Einhaltung der maßgeblichen Ausschlussfristen zu beachten (BAG, Urteil v. 12. Dezember 2012 – 4 AZR 327/11). Fällig werden Ansprüche auf Zeitgutschriften auf dem Arbeitszeitkonto – sofern keine abweichende tarifliche oder betriebliche Regelung über die Handhabung eines Arbeitszeitkontos bestehe – spätestens am Ende eines Monats (BAG, Urteil v. 16. Oktober 2014 – 10 AZR 1053/12).

LAG Berlin-Brandenburg: Keine Anspruchsgrundlage für Gutschrift erkennbar

Letztlich komme es – so das LAG Berlin-Brandenburg – darauf auch nicht an. Die geltend gemachten Ansprüche auf eine Arbeitszeitgutschrift seien mangels Anspruchsgrundlage schon als solche nicht gegeben.

Die Leitsätze der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg lauten wie folgt:

Wochenfeiertage haben ohne besondere tarifliche oder arbeitsvertragliche Regelung keine Verringerung der geschuldeten regelmäßigen Arbeitszeit zur Folge.

Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung an Feiertagen oder eine entsprechende Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto besteht nur, wenn die Arbeitszeit infolge des Feiertags ausgefallen ist und nicht, wenn der Arbeitnehmer ohnehin frei hatte.

Arbeit an einem Wochenfeiertag führt nicht zwangsläufig zu Überstunden.

Ein Zeitarbeitnehmer* kann nach dieser Entscheidung eine Vergütung einer Feiertagsarbeit nur verlangen, wenn dieser aufgrund des Feiertags nicht beschäftigt wird bzw. werden darf. Hier gilt – auch wenn dies von der BA in der Praxis immer wieder (falsch) behauptet wird – nicht die (tarifliche) Schnittberechnung der letzten drei Monate, sondern das Lohnausfallprinzip nach § 2 Abs. 2 EFZG.

Wird der Zeitarbeitnehmer tatsächlich beschäftigt, erhält dieser selbstverständlich die vereinbarte Vergütung zzgl. der tariflichen Zuschläge. Gutschriften auf dem Arbeitszeitkonto kann ein Zeitarbeitnehmer hingegen nur verlangen, wenn dieser über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus für den Personaldienstleiter tätig wird; dabei ist zu beachten, dass die Tarifwerke der Zeitarbeit von einer monatlichen, nicht aber von einer wöchentlichen oder gar werktäglichen Arbeitszeit ausgehen (vgl. so der Wortlaut in § 2 Abs. 1 MTV BAP/DGB; § 3.1.1. MTV iGZ/DGB). Plusstunden im AZK werden erst eingestellt, wenn und soweit die monatliche Arbeitszeit, nicht aber schon, wenn die daraus errechnete durchschnittliche Wochen-/Tagesarbeitszeit überschritten wird (vgl. § 4.3 MTV BAP/DGB; § 3.2.1. MTV iGZ/DGB).

Hinsichtlich eines Anspruchs auf eine Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto weist das LAG Berlin-Brandenburg darauf hin, dass dieser grundsätzlich spätestens am Ende eines Monats fällig wird – dieser Zeitpunkt ist dabei gleichermaßen interessant und spannend für den Beginn von Ausschlussfristen. Das LAG Berlin-Brandenburg zeigt auch auf, dass sich insbesondere aus tariflichen Bestimmungen eine abweichende Regelung ergeben könnte, geht jedoch mangels Entscheidungserheblichkeit im vorliegenden Fall nicht darauf ein, ob im MTV iGZ/DGB eine solche Abrede getroffen worden ist (vgl. zum MTV BAP/DGB: Hess. LAG, Urteil v. 28. April 2017 – 9 Sa 1287/15).

Nicht ganz fernliegend wäre es auch gewesen, dass die Klägerin versucht hätte, deren Anspruch über § 8 Abs. 1 AÜG herzuleiten; ein solcher wurde zwar oberflächlich im Rahmen des Rechtsstreits angesprochen, aber nicht vertieft begründet. Neben den von der „Däubler-Kampagne″ für eine Europarechtswidrigkeit der im AÜG vorgesehenen gesetzlichen Abweichungsmöglichkeit vom Gleichstellungsgrundsatz dargebrachten Argumenten hätte ggf. auch die Entscheidung des BAG vom 16. Oktober 2019 (Az. 4 AZR 66/18; dazu: Bissels, NZA 2020, 427 ff.) helfen können. Die im Arbeitsvertrag verwendete Ausschlussfrist stimmte zumindest im Wortlaut nicht mit der tariflichen Regelung überein, so dass noch hätte diskutiert werden können bzw. müssen, ob diese Abweichungen ausschließlich zugunsten der Klägerin gewirkt haben. Ist dies nicht der Fall, gilt ab dem ersten Tag des Einsatzes zwingend der Gleichstellungsgrundsatz gem. § 8 AÜG.

Weitere Einzelheiten dazu entnehmen Sie dabei bitte unserem „Infobrief Zeitarbeit″, in dem wir jeden Monat über aktuelle Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informieren. Sollten Sie Interesse haben, diesen kostenfrei zu beziehen, schreiben Sie uns bitte eine kurze E-Mail (alexander.bissels@cms-hs.com oder kira.falter@cms-hs.com).

*Gemeint sind Beschäftigte jeder Geschlechtsidentität. Lediglich der leichteren Lesbarkeit halber wird künftig bei allen Bezeichnungen nur noch die grammatikalisch männliche Form verwendet.

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