20. Dezember 2019
Tarifvertrag VGZ DGB
Arbeitsrecht

Zeitarbeit: Verhandlungsergebnis zwischen VGZ und DGB-Tarifgemeinschaft erzielt!

Die VGZ und die DGB-Tarifgemeinschaft haben ihre Tarifvertragsverhandlungen für die Zeitarbeitsbranche abgeschlossen. Wir fassen das Ergebnis für Sie zusammen!

Die Tarifvertragsparteien VGZ und DGB-Tarifgemeinschaft haben sich in der vierten Verhandlungsrunde in der Nacht vom 17. Dezember 2019 auf den 18. Dezember 2019 verständigt.

Änderungen im Entgelttarifvertrag

Folgende Änderungen im Entgelttarifvertrag wurden vereinbart:

  • Die tariflichen Entgelte werden im Zeitraum von Januar bis März 2020 nicht angepasst (sog. „Nullmonate″).
  • Die erste Erhöhung der Entgelte erfolgt mit Wirkung zum 1. April 2020.
  • Die Entgelttarifverträge haben eine Laufzeit von drei Jahren und können erstmals zum 31. Dezember 2022 gekündigt werden.

Konkret sind die Erhöhungen der tariflichen Entgelte über die nächsten 36 Monate wie folgt ausgestaltet worden:

  • Tariferhöhung ab dem 1. April 2020:
    • Tarifgebiet West: + 1,9%.
    • Tarifgebiet Ost: + 2,31% (EG 1) sowie + 3,0% (EG 2 bis 9).
  • Tariferhöhung ab dem 1. Oktober 2020:
    • Tarifgebiet West: keine Erhöhung.
    • Tarifgebiet Ost: + 2,2%.
  • Tariferhöhung ab dem 1. April 2021:
  • Tarifgebiet West: + 3,0%.
  • Tarifgebiet Ost: + 7,1%; dies entspricht der durchschnittlichen Erhöhung zur damit vollzogenen Angleichung der Entgelte in den Tarifgebieten West und Ost, die bereits während der Tarifvertragsverhandlungen 2016 vereinbart wurde. Damit entfällt die Differenzierung in eine Entgelttabelle Ost und West.
  • Tariferhöhung ab den 1. April 2022: bundesweit einheitlich um + 4,1%.

Änderungen im Entgeltrahmentarifvertrag

Folgende Änderungen im Entgeltrahmentarifvertrag wurden beschlossen:

  • Wegfall der „automatischen″ Höhergruppierung von EG 3 in die EG 4 nach einer einjährigen Betriebszugehörigkeit des Zeitarbeitnehmers.
  • Neuregelung der EG 2 bis 4 mit Wirkung zum 1. Juli 2020, die mit einer Aufspaltung der bisherigen EG 2 in eine EG 2a und eine EG 2b verbunden ist. Die neuen Entgeltgruppen werden wie folgt beschrieben:
  • EG 2a: Tätigkeiten, die eine Anlernzeit, eine fachbezogene Berufserfahrung oder fachspezifische Kenntnisse erfordern.
  • EG 2b: Tätigkeiten, die eine fachspezifische Qualifikation erfordern.
  • EG 3: Tätigkeiten, die eine zweijährige Ausbildung erfordern.
  • EG 4: Tätigkeiten, die eine dreijährige Ausbildung erfordern.

Änderungen im Manteltarifvertrag

Die VGZ und die DGB-Tarifgemeinschaft haben sich auf eine Anpassung der Jahressonderzahlung geeinigt und eine sukzessiv erfolgende Erhöhung der Jahressonderzahlung ab dem Jahr 2021 bis zum Jahr 2023 vereinbart (auf maximal EUR 400,00 brutto). Gewerkschaftsmitglieder erhalten dabei eine sog. Vorteilsregelung, wenn diese bei Fälligkeit der jeweiligen Jahressonderzahlung bereits 12 Monate Mitglied der Gewerkschaft sind und dies unaufgefordert gegenüber dem Personaldienstleister nachweisen.

Alle Beschäftigten Gewerkschaftsmitglied
Jahr 2021 2022 2023 2021 2022 2023
ab 7 M. EUR 150 EUR 180 EUR 200 EUR 200 EUR 250 EUR 300
ab 2 J. EUR 200 EUR 250 EUR 300 EUR 300 EUR 370 EUR 500
ab 4 J. EUR 225 EUR 325 EUR 400 EUR 375 EUR 525 EUR 750

 

Die in der obigen Tabelle aufgeführten Beträge (brutto) gelten jeweils für das tarifliche Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Die Jahressonderzahlung und die Vorteilsregelung werden ab 2024 tarifdynamisch auf Basis der Eckentgeltgruppe (hier: EG 4) fortentwickelt.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2021 wird zudem der tarifliche Urlaubsanspruch der Zeitarbeitnehmer wie folgt erhöht:

  • im 1. Beschäftigungsjahr: 25 Tage (bisher: 24 Tage).
  • im 2. und 3. Beschäftigungsjahr: 27 Tage (bisher: 25 bzw. 26 Tage).
  • ab dem 4. Beschäftigungsjahr: 30 Tage (bisher: 28 Tage; ab dem 5. Beschäftigungsjahr 30 Tage).

Änderungen beim Arbeitszeitkonto (nur im MTV iGZ/DGB):

  • Jahresarbeitszeitkonto.
  • Saldierung der Stunden von bis zu 150 Plus- und bis zu 105 Minusstunden möglich.
  • Erfordernis einer sog. Nullstellung im Kalenderjahr.
  • Möglichkeit der Übertragung.

Die Tarifparteien haben sich zudem darauf verständigt, dem BMAS vorzuschlagen, die in diesem Tarifabschluss vereinbarten Stundenentgelte der EG 1 West und Ost als Lohnuntergrenze i.S.v. § 3a AÜG in einer Rechtsverordnung festzusetzen zu lassen.

Die Tarifvertragsparteien haben eine Erklärungsfrist bis zum 12. Februar 2019 vereinbart. Die Tarifkommissionen von BAP und iGZ haben das Verhandlungsergebnis schon abgenickt. Die DGB-Gewerkschaften müssen sich noch die Zustimmung der zuständigen Gremien einholen. Erfolgt dies, treten die tariflichen Regelung mit Wirkung zum 1. Januar 2020 in Kraft.

Bewertung: Verhandlungsergebnis teuer, aber unausweichlich!

Zunächst ist festzustellen, dass – eingedenk der Ausgangsforderungen der DGB-Tarifgemeinschaft – im Rahmen der abgeschlossenen Tarifvertragsverhandlungen „dicke Bretter gebohrt werden mussten“. Der Abschluss ist vor dem Jahreswechsel nach langwierigen und zähen Verhandlungen gelungen – das sind zunächst gute Nachrichten. Jedoch darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Verhandlungsergebnis teuer erkauft worden ist.

Die vereinbarten Entgelterhöhungen, insbesondere im Tarifgebiet Ost, haben es in sich; dies ist aber auch eine Folge aus den Tarifvertragsverhandlungen in 2016, in denen eine Angleichung der Vergütung im Tarifgebiet Ost an die Entgelte in Tarifgebiet West bereits vorgesehen war. Daraus resultiert auch die erhebliche Erhöhung im Osten ab dem 1. April 2021 mit 7,1%.

Interessant ist, dass gerade mit Blick auf die Jahressonderzahlungen eine Vorteilsregelung für Gewerkschaftsmitglieder vereinbart wurde, die sich nicht zuletzt in einer monetären Besserstellung niederschlägt. Der Hintergrund ist klar. Der Organisationsgrad in der Zeitarbeitsbranche ist gering. Durch entsprechende finanzielle Anreize soll die Bereitschaft der Zeitarbeitnehmer gesteigert werden, in die DGB-Gewerkschaft einzutreten. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten. Ob die Anreizwirkungen einer erhöhten tariflichen Jahressonderzahlung unter Berücksichtigung der Tatsache, dass für eine entsprechende Gewerkschaftsmitgliedschaft in der Regel 1% des monatlichen Bruttoverdienstes gezahlt werden muss, tatsächlich Früchte tragen werden, wird letztlich ein (einzelfallabhängiges) Rechenspiel sein.

Spannend dürften zudem die neu für den MTV iGZ/DGB verhandelten Bestimmungen zum Arbeitszeitkonto sein. Die Vereinbarung eines sog. Jahresarbeitszeitkontos lässt zumindest vermuten, dass zukünftig auch einsatzfreie Zeiten in das Arbeitszeitkonto gebucht werden können (was bislang durchaus umstritten ist). Hier ist aber der konkrete Wortlaut der Regelung genau zu prüfen, der dem Verfasser (noch) nicht vorliegt.

Trotz der sich im Verhandlungsergebnis wiederfindenden „harten Kost″ muss festgehalten werden, dass – zumindest auf tariflicher Ebene – für die nächsten drei Jahre Ruhe einkehren wird. Dies ist sicherlich die größte Errungenschaft des hiesigen Verhandlungsergebnisses, insbesondere wenn berücksichtigt wird, dass die DGB-Tarifgemeinschaft zunächst einen Entgelttarifvertrag mit einer Laufzeit von 12 Monaten gefordert hat. Die Erhöhungen des tariflichen Entgeltes dürften insoweit schwierige Verhandlungen mit den Kunden bedeuten, um die entstehenden (nicht unerheblichen) Mehrkosten über die Erhöhung der Verrechnungssätze weiter geben zu können. In vertrieblicher Hinsicht dürfte es dabei noch problematischer werden, die insoweit ergänzend kostentreibenden Faktoren, z.B. die Erhöhung des Urlaubsanspruchs und der Jahressonderzahlungen, auf die Verrechnungssätze umzulegen und dies dem Kunden entsprechend „zu verkaufen“.

Gesamtbetrachtend muss das Verhandlungsergebnis letztlich als schmerzhafter, aber wohl erforderlicher Kompromiss angesehen werden, in dem es gelungen ist, die mitunter utopisch anmutenden Forderungen der Gewerkschaft ganz oder zumindest teilweise abzuwehren. Eine genauere Analyse kann dabei erst erfolgen, wenn und soweit die Tarifverträge im Wortlaut vorliegen. Darüber hinaus bleibt abzuwarten, ob die zuständigen Gremien der DGB-Gewerkschaften das Verhandlungsergebnis durchwinken. Davon dürfte auszugehen sein, gewisse Unsicherheiten sind dabei jedoch nicht auszuschließen.

Weitere Einzelheiten dazu entnehmen Sie dabei bitte der Dezember-Sonderausgabe des „Infobriefs Zeitarbeit″, in dem wir jeden Monat über aktuelle Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informieren. Sollten Sie Interesse haben, diesen kostenfrei zu beziehen, schreiben Sie uns bitte eine kurze E-Mail (alexander.bissels@cms-hs.com oder kira.falter@cms-hs.com).

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