…der werfe den ersten Stein. So steht es bereits im Johannes-Evangelium im Neuen Testament. Die Zeitlosigkeit dieses Bibelzitats zeigt sich auch in der Leiharbeitsbranche: Nachdem das BAG am 14.12.2010 festgestellt hatte, dass die CGZP nicht tariffähig ist (wir berichteten), werden bei zahlreichen Personaldienstleistern inzwischen Betriebsprüfungen durchgeführt, um ermitteln zu können, ob und in Zweifel in welcher Höhe die Differenzen zwischen der tatsächlich gewährten Vergütung des Verleihers und des vom Entleiher an vergleichbare Arbeitnehmer gezahlten Entgelts nachzuverbeitragen sind. Dabei sind die von der DRV Bund vertretenen Rechtsauffassungen zu den Konsequenzen des CGZP-Beschlusses – um es vorsichtig zu formulieren – höchst grenzwertig: Giesen und Rieble sprechen in diesem Zusammenhang sogar von „staatlich organisierter Schutzgelderpressung″.
Vor diesem Hintergrund erstaunt eine aktuelle Entscheidung des ArbG Dortmund (Beschl. v. 28.06.2011 – 8 Ca 2068/11), aus deren Tatbestand sich ergibt, dass auch eine gesetzliche Krankenkasse – immerhin Einzugsstelle zur Überwachung und Beitreibung der Sozialversicherungsbeiträge – einen Leiharbeitnehmer eingesetzt hat, dessen Arbeitsverhältnis auf Grundlage der Tarifverträge der CGZP abgewickelt wurden. Betroffen war dabei ein als Sozialversicherungsfachwirt eingestellter Leiharbeitnehmer, der von seinem Entleiher eine Nachzahlung i.H.v. ca. 4.500 € brutto aus equal pay verlangt. Dies wirkt auf den ersten Blick natürlich befremdlich, da in den Gremien der Krankenversicherungen auch Vertreter der DGB-Gewerkschaften sitzen, die den – als mehr oder weniger lästige Konkurrenz angesehenen – christlichen Gewerkschaften und insbesondere den von der CGZP in der Zeitarbeitsbranche abgeschlossenen Tarifverträgen seit jeher ablehnend gegenüber gestanden haben.
Der Fall vor dem ArbG Dortmund kann aber dann nur bedeuten, dass auch die vermeintlich eindeutige Rechtslage, wie sie von der DRV Bund gegenwärtig zumindest propagiert wird, doch nicht so klar war, da die betroffene Krankenkasse – als ausgewiesene Spezialistin in Fragen des Melde- und Beitragspflicht – augenscheinlich dem gleichen Irrtum zur Tariffähigkeit der CGZP erlegen ist wie zahlreiche Verleiher, die im guten Glauben deren Tarifverträge angewendet haben. Wenn selbst eine Krankenkasse nicht in der Lage ist, die Gesamtproblematik in Zusammenhang mit der CGZP zu durchschauen, wie sollte dies dann ein Verleiher können?
Selbstverständlich wäre auch ein weiteres, allerdings „höchst abwegiges″ Szenario denkbar: die Krankenkasse wollte sich schlichtweg die durch die Tarifverträge der CGZP vermittelte Flexibilität zu Nutze machen. Dies wird man jedoch der Kasse unter Berücksichtigung der Rechtspositionen der DRV Bund nicht ernsthaft unterstellen können, die sich als Anwältin der Gemeinschaft der Beitragszahler auf die Fahne geschrieben hat, die tarifliche Historie der CGZP-Anwender mit der sozialversicherungsrechtlich notwendigen Strenge aufzuarbeiten. Ein Schalk, wer – in Ansehung der Entscheidung des ArbG Dortmund – etwas Böses denkt….