3. Januar 2023
Honorarkonsul Geldwäsche
Banking & Finance

Shadow Diplomats – Honorarkonsuln als Risikotreiber in der Geldwäscheprävention?

Honorarkonsuln sollen weltweit in kriminelle Machenschaften verwickelt sein. Wir zeigen mögliche Auswirkungen auf die Geldwäscheprävention auf.

In eine Reihe aufsehenerregender Recherchen des Internationalen Konsortiums investigativer Journalisten* (International Consortium of Investigative Journalists – ICIJ), darunter Panama Papers, Offshore Papers oder Pandora Papers, fügen sich nun die am 14. November 2022 veröffentlichten Shadow-Diplomats-Recherchen ein. 

Danach sei das Ehrenamt des Honorarkonsuls risikobehaftet: Mind. 500 gegenwärtige und frühere Honorarkonsuln seien nachweislich in kriminelle Machenschaften verwickelt oder strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt, darunter verurteilte Drogen- und Waffenhändler oder Sexualstraftäter. Neun identifizierte Honorarkonsuln seien von Regierungen und Strafverfolgungsbehörden mit terroristischen Gruppen in Verbindung gebracht worden, zumeist mit der Hisbollah. 

Honorarkonsul – ein attraktives Ehrenamt für Kriminelle und Terroristen?

Das ICIJ zitiert einen ehemaligen Berater des US-Verteidigungsministeriums für Terrorismusbekämpfung damit, dass die Hisbollah erkannt habe, durch den Einsatz von Honorarkonsuln im Grunde ungestraft Vermögenswerte über Grenzen bringen zu können, denn wer einen Diplomatenpass hätte, dem würden keine Fragen gestellt. Dies sei eine „riesige Lücke“ in den Möglichkeiten der internationalen Strafverfolgung.

Ein plakatives Beispiel unter vielen ist der ehemalige Honorarkonsul Libyens in Brasilien, Ali Koleilat. Gegen Koleilat verhängte 2004 zunächst der UN-Sicherheitsrat, in der Folge u.a. die EU und die USA, Sanktionen, da er als Honorarkonsul Waffen an den liberischen Präsidenten und „Warlord“ Charles Taylor geliefert habe. Als er 2014 in Belgien wegen des Verdachts, in einem US-registrierten Flugzeug Kokain geschmuggelt zu haben, festgenommen wurde, berief er sich auf seinen „Diplomatenstatus“. Nachdem er dennoch verhaftet wurde, hätten nach Geheimdienstinformationen Mitglieder der Hisbollah versucht, seine Freilassung durch Bedrohung beteiligter Staatsanwälte zu erwirken.

Hierzulande wird namentlich Peter Mossack, ehemaliger Honorarkonsul von Panama in Deutschland, aufgeführt. Gegen ihn sei wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung ermittelt, das Verfahren ist allerdings gemäß § 170 II StPO eingestellt worden. Ein im Vergleich weniger schwerwiegender Vorwurf; dennoch brisant, weil es sich bei Peter Mossack um den Bruder von Jürgen Mossack handelt, der als Namenspartner der panamaischen Rechtsanwaltskanzlei Mossack & Fonseca im Fokus der Panama Papers-Recherchen stand. 

Honorarkonsuln genießen diplomatische Privilegien

Während das Amt des Honorarkonsuls im Grundsatz ein Ehrenamt und damit unvergütet ist, geht es mit einigen Privilegien einher, die (auch) aus Sicht potentieller Straftäter reizvoll erscheinen; allen voran die Ausstellung diplomatischer Pässe und die fehlende Gepäckkontrolle an Flughäfen. 

Anders als Berufsdiplomaten sind Honorarkonsuln häufig in ihrem Heimat- oder Wohnsitzland tätig und vertreten dort ein anderes Land, das sie berufen hat und in das sie gute Beziehungen unterhalten. Ursprünglich sollten Honorarkonsuln dort tätig werden, wo für die benennenden Länder die Berufung einer (berufs-)‌diplomatischen oder konsularischen Vertretung zu kostspielig wäre. Mittlerweile entspricht es gängiger Praxis, Honorarkonsuln zusätzlich zu Berufsdiplomaten einzusetzen. Deutschland etwa setzt nach Angaben des Auswärtigen Amtes von 2019 etwa 350 Honorarkonsuln ein. Die Ernennung zum Honorarkonsul ist zeitlich unbeschränkt, eine Abberufung kann (theoretisch) jederzeit erfolgen, ist in der Praxis wohl aber selten. 

Das Fehlen standardisierter Auswahl- und Überwachungskriterien führe nach den Ergebnissen der ICIJ-Recherche dazu, dass auch Kriminelle mit verhältnismäßig geringem Aufwand in Amt und Würden gelangten. 

Von Honorarkonsuln geht ein latentes Risiko der Geldwäsche aus

Ohne eine Vorverurteilung vornehmen zu wollen und wohl wissend, dass die Mehrheit der Honorarkonsuln sich nicht an kriminellen Machenschaften beteiligt, zeigt die Recherche auf, dass von Honorarkonsuln bei abstrakter Betrachtung ein erhöhtes Geldwäsche- oder Terrorismusfinanzierungsrisiko ausgehen kann. Dies dürfte insbesondere gelten, wenn diese für oder in Ländern tätig werden, die durch Defizite in der Geldwäsche- oder Terrorismusfinanzierungsprävention als „Hochrisiko-Staaten“ gelten. 

Nach dem Geldwäschegesetz (GwG) gelten politisch exponierte Personen (PEP) als Faktor für ein erhöhtes Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiko. Die Geschäftsbeziehung zu Vertragspartnern oder wirtschaftlich Berechtigten, die als PEP gelten, unterliegt der Pflicht zur Durchführung verstärkter Sorgfaltspflichten (§ 15 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 GwG). Als PEP gilt, wer ein hochrangiges wichtiges öffentliches Amt auf internationaler, europäischer oder nationaler Ebene oder ein öffentliches Amt unterhalb der nationalen Ebene, dessen politische Bedeutung vergleichbar ist, ausübt oder ausgeübt hat (vgl. § 1 Abs. 12 S. 1 GwG).

Bereits nach dieser Definition ist fraglich, ob Honorarkonsuln als PEP gelten; der darauffolgende Katalog listet sie jedenfalls nicht. Lediglich Botschafter – und damit Berufsdiplomaten – werden als PEP gelistet (vgl. § 1 Abs. 12 S. 2 lit. g GwG). Zwar indiziert der Terminus „insbesondere“, dass der Katalog des GwG als nicht abschließend zu verstehen ist und auch weitere Personenkreise als PEP verstanden werden dürfen. Verpflichtete müssen den Katalog jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit als abschließend verstehen dürfen. 

Eine aus den Kreisen der Verpflichteten lange geforderte, im engeren Sinne als abschließend zu verstehende Liste mit als PEP geltenden Personen gibt es bislang nicht. Zwar sieht die Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie (vgl. dort Art. 1 Nr. 13) vor, dass die Mitgliedsstaaten der EU-Kommission eine Liste mit genauen Funktionen zur Verfügung stellen sollen, die gem. den nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften den PEP-Status i.S.d. PEP-Definition (vgl. Art. 3 Nr. 9 Vierte EU-Geldwäscherichtlinie) begründen. Deutschland nimmt hierzu eine Pflicht des Bundesfinanzministeriums zur Übermittlung der nationalen Liste an die Europäische Kommission auf (§ 1 Abs. 12 S. 3 GwG ins GwG); diese Liste sowie der Status der Übermittlung oder eine EU-weite Liste sind den Autoren jedoch unbekannt.

Unabhängig von einer strengen Rechtspflicht verfügen Verpflichtete regelmäßig über eigene hausinterne Definitionen von PEP, die regelmäßig über die Liste der Richtlinie und des GwG hinausgehen, und unterziehen Honorarkonsuln z.B. nach eigener Risikoeinschätzung wie PEP verstärkten Sorgfaltspflichten. 

Honorarkonsuln sind keine PEP, zusätzliche Sicherungsmaßnahmen können sich dennoch lohnen

Verpflichtete, die das bislang nicht tun, können die aktuellen Recherchen zum Anlass nehmen, ihre hausinternen Standards einer kritischen Überprüfung zu unterziehen, und auch auf Geschäftsbeziehungen zu Honorarkonsuln verstärkte Sorgfaltspflichten anwenden. Die hier einschlägigen zusätzlichen verstärkten Sorgfaltspflichten wären

  • die Zustimmung eines Mitglieds der Führungsebene (z.B. des Geldwäschebeauftragten),
  • die Ergreifung angemessener Maßnahmen zur Bestimmung der Herkunft eingesetzter Vermögenswerte sowie 
  • die verstärkte kontinuierliche Überwachung einer Geschäftsbeziehung. 

Bei der Ausgestaltung besteht Spielraum, da die Anwendung mangels ausdrücklicher Listung „überobligatorisch“ erfolgt. 

Es liegt nahe, dass diese Risikoeinschätzung auch der Financial Action Taskforce (FATF) und dem EU-Gesetzgeber nicht verborgen bleiben dürfte und Empfehlungen bzw. verbindliche Vorgaben zu risikoangemessenen Sicherungsmaßnahmen folgen.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Gegendarstellung

Auf cmshs-bloggt.de wurde am 08.12.2022 unter der Überschrift „Shadow Diplomats – Honorarkonsuln als Risikotreiber in der Geldwäscheprävention?“ folgende Aussage über mich verbreitet:

„Gegen ihn sei wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung ermittelt, das Verfahren allerdings gegen Geldzahlung eingestellt worden.″

Hierzu stelle ich fest:

Die Ermittlungen wurden ohne Geldzahlung gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Erzhausen, den 28.12.2022

Dr. Peter Mossack

Anmerkung der Redaktion: Dr. Peter Mossack hat Recht. Der Redaktion ist nach Veröffentlichung bekannt geworden, dass das Verfahren tatsächlich ohne Geldzahlung eingestellt wurde.

Tags: Banking & Finance Geldwäscheprävention Honorarkonsuln