Im vierten Beitrag der Blogserie erläutern wir die Ergebnisse der Marktkonsultation der BNetzA zur Regulierung von Wasserstoffnetzen.
Gegenstand der Marktkonsultation der BNetzA war die Frage, ob und wenn ja inwieweit die geltenden rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen für Energienetze auch für den leitungsgebundenen Transport von Wasserstoff Anwendung finden sollten. Laut BNetzA wird die derzeitige Erdgasinfrastruktur für die Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie eine große Rolle spielen.
An der Konsultation haben sich insgesamt 63 Unternehmen, Verbände, Forschungseinrichtungen und Behörden beteiligt. Die meisten Stellungnahmen kamen von Netzbetreibern, der Industrie und der Energiewirtschaft im weiteren Sinne. Die BNetzA hat die Ergebnisse der Konsultation im November 2020 veröffentlicht.
Infrastrukturszenarien der BNetzA als realistisch angesehen
Die BNetzA hatte der Konsultation drei Szenarien zugrunde gelegt, die von lokalen Inselnetzen über lokale Inselnetze mit einzelnen Transportleitungen bis hin zu einer vermaschten Verteilerstruktur mit einzelnen Transportleitungen reichen.
Überwiegend wird von den Teilnehmern der Konsultation erwartet, dass alle drei Szenarien durchlaufen werden. Insbesondere wird davon ausgegangen, dass es auch zu grenzüberschreitenden Wasserstofftransporten kommen wird. Daher sei eine europäische Harmonisierung erforderlich. Insgesamt betrachtet – so die Erwartung – dürften die Marktrollen in einer Wasserstoffwelt im Wesentlichen den heutigen Marktrollen entsprechen.
Einführung einer Regulierung überwiegend befürwortet
Eine Mehrheit spricht sich für eine Regulierung des Wasserstofftransportes aus. Begründet wird dies vor allem mit der Planungs- und Investitionssicherheit. Teilweise wird auf den Erhalt von energierechtlichen Betriebsgenehmigungen sowie die Sicherung der zivilrechtlichen Grundstücksnutzung hingewiesen. Insgesamt wird betont, dass eine solche Regulierung schrittweise eingeführt werden müsse. Auf diese Weise könne sich die Regulierung dynamisch an die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft anpassen, ohne diese zu behindern.
Konkret wird eine Übernahme der geltenden Regelungen zu Netzzugang, Entgelten und Entflechtung befürwortet. Uneinigkeit besteht jedoch in der Frage, ob dies durch eine bloße Erweiterung der Definition von Gas im EnWG oder durch eine komplette Neuregelung von Wasserstoff in einem eigenen Artikel des EnWG erreicht werden soll. Die Schaffung eines Wasserstoffinfrastruktur-Gesetzes wird jedenfalls unisono aus Zeitgründen als nicht praktikabel bezeichnet. Bestandsnetze sollten zunächst von der Regulierung ausgenommen werden, soweit sie nicht die Funktion der öffentlichen Versorgung übernehmen.
Uneinheitliches Bild beim Netzzugang und Netzausbau
Während eine Orientierung der Regulierung an dem bestehenden System des Netzzugangs und der Netzentgelte generell als sinnvoll erachtet wird, werden vereinzelt eigenständige Regelungen für Wasserstoff, die über das bestehende Recht hinausgehen, für erforderlich gehalten. Bei der Netzplanung wird überwiegend die Notwendigkeit einer integrierten Planung von Strom, Erdgas und Wasserstoff gesehen. Uneinigkeit herrscht allerdings darüber, ob Erdgas und Wasserstoff in einem Netzentwicklungsplan zu verbinden sind oder ob ein separater Plan für Wasserstoff sachgerecht wäre. Ebenso kontrovers wird die Frage beantwortet, ob die Ausbauplanung konkrete Standorte für Erzeugungsanlagen vorgeben soll.
Auch zur Einräumung eines Einspeisevorrangs für Wasserstoff ergibt sich kein einheitliches Meinungsbild. Teilweise wird ein unmittelbarer Vorrang für grünen Wasserstoff unter Hinweis auf die Umsetzung der Energiewende gefordert. Die gegenteilige Auffassung wird zumindest für die Entwicklungsphase der Wasserstoffwirtschaft mit der Sicherung eines schnellen Markthochlaufs insbesondere zur Deckung des industriellen Bedarfs begründet. Die Einspeisung müsse daher diskriminierungsfrei und vor allem technologieoffen erfolgen.
Finanzierung auf Basis des bestehenden Systems favorisiert
Mehrheitlich und vor allem auch aus Reihen der Netzbetreiber wird eine gemeinsame Bepreisung der Infrastruktur für Erdgas und Wasserstoff unter Anwendung der geltenden Entgeltregulierung befürwortet. Die Wasserstoffinfrastruktur solle gemeinsam durch die Wasserstoff- und Gasabnehmer finanziert werden. Soweit eine separate Bepreisung von Wasserstoffnetzen für sinnvoll erachtet wird, sollen resultierende prohibitiv hohe Entgelte durch staatliche Fördermaßnahmen abgefedert werden.
Uneinheitlich ist das Bild hinsichtlich einer Anwendung der ARegV. Die Befürworter halten allerdings beim Aufbau neuer Wasserstoffnetze die Prüfung zusätzlicher Förderinstrumente und wasserstoffspezifischer Parameter für sinnvoll. Für die Anwendung eines Effizienzvergleichs, so eine häufig geäußerte Auffassung, sei eine ausreichend große Anzahl an Netzbetreibern erforderlich.
Beimischung von Wasserstoff in Erdgasnetze kontrovers bewertet
Die Befürworter einer Beimischung insbesondere aus den Reihen der Netzbetreiber sehen darin eine Chance, vor allem den Wärmesektor zeitnah zu dekarbonisieren. Die Grenze für die Beimischung wird allgemein bei 20 % gesehen. Vielfach wird aber Rücksichtnahme auf Verbraucher eingefordert, deren Anlagen hohe Anforderungen an einen möglichst stabilen Wasserstoffanteil stellen.
Die Gegner argumentieren vor allem mit dem Nutzen des hochwertigen reinen Wasserstoffs, der insbesondere in der Industrie einzusetzen sei. Eine Beimischung, die allenfalls als Übergangslösung angesehen wird, stelle eine kostenintensive Mindernutzung des Wasserstoffs dar.
Virtueller Handelspunkt für Wasserstoff erforderlich
Für den Wasserstoffmarkt wird mehrheitlich die Notwendigkeit eines einzigen virtuellen Handelspunktes gesehen. Eine differenzierte Preisbildung von Erdgas und Wasserstoff wird allgemein erwartet. Deshalb solle es für Wasserstoff ein eigenständiges Marktsignal geben. Dieses könne auch als Basis für eine Differenzierung bei weiteren Prozessen wie etwa der Bilanzierung dienen. Dem wird teilweise entgegengehalten, dass ein eigener virtueller Handelspunkt erst nach dem Markthochlauf von Wasserstoff zweckmäßig sei.
BNetzA enthält sich eigener Bewertung
Bei der Veröffentlichung der Konsultationsergebnisse enthält sich die BNetzA einer eigenen Bewertung. Nach eigener Aussage dient ihr Bericht in erster Linie dazu, der Politik einen inhaltlichen Beitrag für die Diskussion, um die künftigen Rahmenbedingungen der entstehenden Wasserstoffwirtschaft anzubieten. Es ist nun Sache des Bundeswirtschaftsministeriums, die Ergebnisse zu bewerten und auf dieser Basis Gesetzgebungsvorschläge zu erarbeiten.
Umsetzung noch in dieser Legislaturperiode offen
Ob dies noch in der laufenden Legislaturperiode gelingt, ist allerdings fraglich. Dabei wird auf das Ministerium durchaus Druck in diesem Sinne ausgeübt. So fordert der Bundesrat die zeitnahe Einführung einer Regulierung analog zur bestehenden Netzregulierung. Auch der von der Bundesregierung eingesetzte Nationale Wasserstoffrat plädiert für die zügige Schaffung eines geeigneten politisch-regulatorischen Rahmens. Das Wirtschaftsministerium agiert aber eher noch abwartend. Auf den Beschluss des Bundesrates hat die Bundesregierung erwidert, sie prüfe gemeinsam mit der BNetzA eine Übergangslösung, um geeignete Rahmenbedingungen für die Investitionen in Wasserstoffnetze möglichst noch in dieser Legislaturperiode zu schaffen.
In der Serie „Environment and Climate Change″ sind wir eingegangen auf neue Gesetze im Energierecht, den Inhalt des 12. Deutschen Energiekongresses, haben uns mit dem Mieterstrom, mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes und der H2O-Politik und der Herstellerhaftung in Russland befasst sowie die Konsultation und das Feedback zur BNetzA-Konsultation Wasserstoffnetze dargestellt. Weiter beschäftigt haben wir uns mit der Wasserstoffstrategie, der Einwegkunststoffverbotsverordnung sowie dem „Green Deal„.