Der Beitrag gibt einen Überblick über die zahlreichen neuen Gesetze sowie Änderungen bestehender Gesetze im Energierecht, deren Auswirkungen weitreichend sind.
Um die Ziele eines besseren Klimaschutzes und der Verbesserung der Energieeffizienz zu erreichen, aber zum Teil auch durch die Corona-Pandemie angetrieben, wurden in den vergangenen Monaten zahlreiche für die Energiewirtschaft bedeutende Gesetzesvorhaben umgesetzt, teilweise auch zur Umsetzung von EU-Vorgaben.
Im Bundesklimaschutzgesetz (KSG) wurden die Klimaziele 2030 festgeschrieben
Das Bundesklimaschutzgesetz (KSG) ist bereits am 18. Dezember 2019 in Kraft getreten. Es dient der Umsetzung der Klimaschutzziele und dem Fernziel der Klimaneutralität in Deutschland. Es teilt Emittenten von Treibhausgasemissionen in von den jeweiligen Bundesministerien überwachte Sektoren ein, z.B. Energiewirtschaft, Industrie oder Verkehr. Zudem wird auch die öffentliche Hand gebunden, die die Klimaschutzziele beispielsweise bei ihren allgemeinen Aufgaben der Planung oder Beschaffung berücksichtigen muss.
Das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) bepreist Emissionen, soweit sie nicht bereits durch den EU- Emissionshandel erfasst sind
Am 20. Dezember 2019 ist das „Gesetz über einen nationalen Zertifikatehandel für Brennstoffemissionen“ – Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) – in Kraft getreten. Über einen nationalen Zertifikatehandel soll die CO2-Bepreisung von fossilen Brennstoffen erfolgen, die nicht bereits vom europäischen Emissionshandel erfasst sind. Das nationale Emissionshandelssystem beginnt ab dem 1. Januar 2021, zunächst mit einem Festpreis von 25 Euro pro Tonne CO2. Ab 2026 sollen dann CO2 Zertifikate in einem Preiskorridor von 55 Euro bis 65 Euro in Auktionen versteigert werden. Die Details sind durch Verordnungen zu regeln. Seit Juli 2020 liegen Referentenentwürfe der Berichterstattungsverordnung und der Brennstoffemissionshandelsverordnung vor.
Mit der kleinen EEG-Reform wurden Erleichterungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie umgesetzt
Seit dem 26. Mai 2020 ist eine neue „kleine″ Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2017) in Kraft getreten, die Erleichterungen für die Teilnahme an Ausschreibungen für die Errichtung von Windenergie-, Solar- und Biomasseanlagen vorsieht. Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wurden Fristen bei der Antragstellung verlängert: Beizubringende Unterlagen nach §§ 64, 65 EEG wie Wirtschaftsprüferbescheinigungen oder Energieeffizienzzertifikate können noch bis zum 30. November 2020 nachgereicht werden.
Einen Aufschub von sechs Monaten gab es nach § 104 Abs. 8 EEG bei noch nicht-erloschenen Zuschlägen für die Dauer der Zuschlagsfristen und parallel dazu eine entsprechende Verzögerung des Beginns der Zahlungszeiträume für Marktprämien oder Einspeisevergütungen sowie die sechs-monatige Verzögerung des Zeitpunkts, ab dem sich die Zahlungsansprüche bei Solaranlagen verringern (§ 54 Abs. 1 EEG).
Ferner sind auch die Zeitpunkte ab denen Pönalleistungen im Zusammenhang mit Ausschreibungen von Windenergieanlagen auf Land, Solaranlagen und Biomasseanlagen an den Übertragungsnetzbetreiber zu zahlen wären um sechs Monate verschoben.
Der Änderungsentwurf zum Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG) hebt die Ausbauziele für Offshore-Windenergieanlagen weiter an
Insbesondere die Offshore-Windkraft wird bei der Energiewende weiter eine zentrale Rolle spielen. Mit dem Änderungsentwurf zum Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG) soll das Ausbauziel bis 2030 auf 20 Gigawatt und bis 2040 auf 40 Gigawatt angehoben werden. Der Entwurf wurde am 3. Juni 2020 vom Bundeskabinett beschlossen.
Am 20. August 2020 entschied das Bundesverfassungsgericht über Verfassungsbeschwerden gegen die aktuelle Fassung des Windenergie-auf-See-Gesetzes von 2017, dass das Gesetz insofern verfassungswidrig sei, als dass den Projektentwicklern unter bestimmten Voraussetzungen ein finanzieller Ausgleich für entstandene Kosten für Planungen und Voruntersuchungen gewährt werden müsse. Wegen der untergeordneten Bedeutung dieser Regelung für das WindSeeG gilt es aber bis zur Neuregelung der rechtlichen Grundlage für den Ausgleichsanspruch fort, die der Gesetzgeber bis zum 30. Juni 2021 schaffen muss.
Die nationale Wasserstoffstrategie will der Politik den Handlungsrahmen vorgeben, mit der Deutschland Innovationsführer der Wasserstofftechnologie werden soll
Am 10. Juni 2020 hat das Bundeskabinett die nationale Wasserstoffstrategie verabschiedet, die keine Gesetzeskraft hat, aber mit der die Regierung einen politischen Handlungsrahmen vorgegeben hat. Vorgelegt wurde ein Aktionsplan, mit dem Deutschland internationaler Vorreiter für Wasserstofftechnologien werden soll. Der Maßnahmenkatalog sieht umfangreiche Förderungen und Subventionen vor, unter anderem in den Bereichen Herstellung von grünem Wasserstoff, Ausbau der Offshore-Windenergieerzeugung, Wasserstoff als Kraftstoffalternative und Entwicklung von Brennstoffzellensystemen.
Das Kohleausstiegsgesetz bildet die Grundlage für den Ausstieg aus der Kohleverstromung und sieht Änderungen des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) vor
Das Gesetz zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung und zur Änderung weiterer Gesetze (Kohleausstiegsgesetz) ist am 14. August 2020 in Kraft getreten ist. Mit dem Gesetz wurde neben dem schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung umgesetzt, sondern auch Änderungen in zahlreichen weiteren Gesetzen. Die Nennleistung von mit Kohle erzeugtem Strom darf ab 2022 maximal 15 GW jeweils für Braun- und Steinkohle, ab 2030 maximal je 8 GW erreichen und muss im Jahr 2038 auf insgesamt 0 GW reduziert sein. Ebenfalls vorgesehen sind Zahlungen in Milliardenhöhe an die Industrie.
Mit einer im Kohleausstiegsgesetz enthaltenen Änderung des EEG wird weiterhin das Ziel eines Anteils von 65 % erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bis zum Jahr 2030 verankert.
Ebenfalls geändert wurde das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG). Hervorzuheben sind dabei die Änderungen hinsichtlich der Förderung von KWK-Anlagen. Bei Einspeisung des KWK-Stroms einer KWK-Anlage bis 50 kWel in das allgemeine Versorgungsnetz hat sich die Förderungshöchstdauer zwar auf die Hälfte verkürzt (30.000 Volllaststunden), die Förderung pro kWh im Gegenzug aber verdoppelt (auf 16 ct/kWh), sodass die Gesamtförderung insgesamt unverändert bleibt.
In § 7 Abs. 1 KWKG 2020 wurde allerdings für alle neuen KWK-Anlagen unabhängig von ihrer Größe hinsichtlich des Stroms, der in das allgemeine Versorgungsnetz eingespeist wird, ergänzt, dass der Zuschlag für den KWK-Strom nur zu zahlen ist, wenn auf diesen die §§ 61e bis 61g, 104 Abs. 4 EEG 2017 nicht anzuwenden sind, d.h. ein Zuschlag wird nicht gezahlt, wenn die Stromlieferungen gemäß dieser Vorschriften von der EEG-Umlage befreit sind oder nur eine reduzierte EEG-Umlage anfällt. Die Dauer der Zuschlagzahlung für neue, modernisierte oder nachgerüstete KWK-Anlagen wurde angepasst und teilweise beschränkt (§ 8 KWKG 2020).
Nach einer langen Vorlaufphase werden mit dem Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) im November die EnEV, das EnEG und das EEWärmeG abgelöst
Am 1. November 2020 wird das Gesetz zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude und zur Änderung weiterer Gesetze (Gebäudeenergiegesetz – GEG) in Kraft treten. Das GEG führt Regelungen in einem Gesetz zusammen, die bislang in mehreren Regelungswerken nebeneinander zu finden waren, der Energieeinsparverordnung (EnEV), dem Energieeinspargesetz (EnEG) und dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG). Diese werden nun von dem neuen einheitlichen Gesetzeswerk abgelöst. Darin werden auch Vorgaben der EU-Gebäuderichtlinie für Energiestandards von Gebäudeneubauten umgesetzt sowie Anforderungen an die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden geregelt, wobei sich die energetischen Anforderungen im Vergleich zur EnEV und zum EEWärmeG nicht wesentlich geändert haben.
Hervorzuhebende Neuerungen sind das grundsätzliche Einbauverbot von Ölheizungen ab dem Jahr 2026 sowie die Einführung einer Innovationsklausel (§ 103 GEG). Diese erlaubt es, den Energiebedarf mehrerer Gebäude im räumlichen Zusammenhang insgesamt zu betrachten, sodass besonders energieeffiziente Gebäude den Energiebedarf unsanierter Gebäude ausgleichen können, wenn bei dieser Gesamtbetrachtung des Quartiers insgesamt die Anforderungen erfüllt werden.
Zudem dient das GEG als Trägergesetz für den Wegfall des Förderdeckels von 52 Gigawatt installierter Leistung von Solaranlagen. Da der Förderdeckel wohl während der parlamentarischen Sommerpause erreicht worden wäre, wurde in dem bereits am 14.08.2020 in Kraft getretenen Artikel 8 GEG die Aufhebung von § 49 Abs. 5 und 6EEG geregelt.
Gemeinsam mit dem Wegfall des Förderdeckels wurde auch eine Abstandsregelung für Windräder beschlossen. Eine neue Öffnungsklausel in § 249 Abs. 3 Baugesetzbuch erlaubt es den Bundesländern, einen Mindestabstand zwischen einer Windenergieanlage und der Wohnbebauung festzusetzen. Dieser darf aber einen Mindestabstand von maximal 1.000 m nicht überschreiten (Artikel 2 Nr. 2 GEG).
Mit dem Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) soll die Ausstattung von Gebäuden mit Ladeinfrastruktur gefördert werden
Am 4. März 2020 hat die Bundesregierung den Entwurf des Gesetzes zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität (Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz – GEIG) beschlossen, das den Aufbau von Ladepunkten und Ladeinfrastruktur in Wohn- und Nichtwohngebäuden fördern soll und dafür die Vorgaben der EU-Gebäuderichtlinie (Richtlinie (EU) 2018/844) umsetzt. Elektroautos sollen leichter zu Hause, bei der Arbeit und bei Alltagsbesorgungen aufgeladen werden können. Dafür verpflichtet das GEIG jeden Gebäudeeigentümer bei der Neuerrichtung eines Wohngebäudes mit mehr als zehn Stellplätzen, jeden Stellplatz mit Leitungsinfrastruktur auszustatten. Bei der Neuerrichtung eines Nichtwohngebäudes mit mehr als zehn Stellplätzen ist zunächst nur jeder fünfte Stellplatz auszustatten und unabhängig von der Anzahl der Stellplätze mindestens ein Ladepunkt zu errichten. Bei größeren Renovierungen von Bestandsgebäuden, die mehr als 25 % der Gebäudeoberfläche betreffen und die elektrische Infrastruktur umfassen, sind die gleichen Anforderungen zu erfüllen. Verstöße werden mit einem Bußgeld von bis zu EUR 10.000 geahndet. Der Bundestag hat den Gesetzesentwurf in seiner ersten Beratung den zuständigen Ausschüssen vorgelegt. Die Federführung liegt beim Ausschuss für Wirtschaft und Energie.
Die lang angekündigte EEG-Novelle soll noch in diesem Jahr beschlossen werden und bereits zum 1. Januar 2021 in Kraft treten
Die bereits seit längerem in Aussicht gestellte Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2017 befindet sich aktuell in der Ressortabstimmung und soll nun am 23. September 2020 im Bundeskabinett beraten werden. In der Mitteilung des Umsetzungsstands des „Aktionsprogramms zur Stärkung der Windenergie an Land“ führt das BMWi an, dass die EEG-Novelle bereits am 1. Januar 2021 in Kraft treten soll. Der Entwurf soll Ausbauziele für Wind- und Solarenergie sowie eine Regelung für Altanlagen enthalten, die ab 2021 keine Förderung mehr erhalten.
In der Serie „Environment and Climate Change″ sind wir eingegangen auf neue Gesetze im Energierecht, den Inhalt des 12. Deutschen Energiekongresses, haben uns mit dem Mieterstrom, mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes und der H2O-Politik und der Herstellerhaftung in Russland befasst sowie die Konsultation und das Feedback zur BNetzA-Konsultation Wasserstoffnetze dargestellt. Weiter beschäftigt haben wir uns mit der Wasserstoffstrategie, der Einwegkunststoffverbotsverordnung sowie dem „Green Deal„.