Ein Beirat ist gängiges Instrument guter Corporate Governance. Darüber hinaus kann er entscheidend zur Konfliktvermeidung im Unternehmen und unter den Gesellschaftern beitragen.
Ein neben der Geschäftsführung stehendes Aufsichtsgremium ist nicht immer gesetzlich vorgeschrieben. In vielen mittelständischen Unternehmen und Familienunternehmen ist es mittlerweile aber gängige Praxis, auf freiwilliger Basis einen Beirat (häufig auch Verwaltungsrat, Gesellschafterausschuss oder doch Aufsichtsrat genannt) einzuführen.
Die Stellung dieses Beirats im Unternehmen, seine Aufgaben und seine Besetzung können je nach individueller Ausgestaltung im Gesellschaftsvertrag ganz unterschiedlich sein. Der Beirat kann ein rein beratendes Gremium sein, er kann aber auch als Aufsichtsgremium konzipiert sein, das die Geschäftsführung überwacht und kontrolliert. Schließlich können dem Beirat auch eigene Entscheidungskompetenzen eingeräumt werden, so dass er im Rahmen seines Aufgabenbereichs innerhalb des Unternehmens als Willensbildungs- und Entscheidungsorgan fungiert.
Bei der Besetzung des Beirats sind ebenfalls zahlreiche Konstellationen denkbar. Der Beirat kann nur mit Gesellschaftern oder Vertretern von einzelnen Gesellschafterstämmen besetzt werden. Er kann aber auch ausschließlich mit externen Dritten besetzt werden, die auf Beiratsebene eine weitere fachliche Kompetenz beisteuern.
Gründe für die Einrichtung eines Beirats
Bei den meistgenannten Beweggründen für die Einrichtung eines Beirats sind zwar die „Konfliktvermeidung“ oder die „Konfliktlösung“ nicht ausdrücklich enthalten, dennoch ist bereits hier erkennbar, dass die Einrichtung eines Beirats entscheidend zur Konfliktlösung beitragen kann.
Information und Transparenz
In vielen, vor allem mittelständischen Unternehmen werden die Gesellschafter häufig nur auf den ordentlichen Gesellschafterversammlungen, also einmal oder zweimal im Jahr, über die aktuelle Situation im Unternehmen informiert. Es ist nicht selten, dass die Gesellschafter, vor allem die Gesellschafter der zweiten oder dritten Generation, sich inhaltlich sehr weit vom Unternehmen entfernt haben.
Die Gesellschafter nur ein oder zweimal im Jahr über die aktuelle Situation im Unternehmen zu informieren kann aber, je nach Struktur und Lage des Unternehmens, zu wenig sein. Ein Informationsdefizit auf Gesellschafterebene kann auf den Gesellschafterversammlungen zu langen Diskussionen und auch Streitigkeiten führen, wenn die Gesellschafter das Gefühl haben, über ihr Unternehmen nicht ausreichend informiert worden zu sein.
Ein Beirat kommt regelmäßig häufiger zusammen, als die Gesellschafterversammlung. Soweit die Gesellschafter im Beirat vertreten sind, kann mit Einrichtung eines Beirats das Informationsbedürfnis der Gesellschafter befriedigt werden.
Ein solcher Beirat braucht auch keine weiteren Aufsichts- und Kontrollfunktionen oder Entscheidungskompetenzen zu haben. Es ist schon ausreichend, wenn die Geschäftsführung den Beirat in regelmäßigen Abständen über die wesentlichen Entwicklungen im Unternehmen informiert. Auf diese Weise werden das Unternehmen und die Unternehmensführung für die Gesellschafter transparenter und bereits deshalb potentielle Streitigkeiten vermieden und umstrittene Maßnahmen in einem höheren Maße akzeptiert.
Beratungsfunktion des Beirats
Ein Beirat kann auch aktiver in das Unternehmen eingebunden werden. Er kann nicht nur zur Sicherung des Informationsbedürfnisses der Gesellschafter dienen, sondern der Geschäftsführung auch beratend zu Seite stehen.
Allein aus der Diskussion von besonders wesentlichen Unternehmensentscheidungen im Beirat, kann die Akzeptanz dieser Entscheidungen deutlich erhöht werden. Durch die bestenfalls zustimmende Kenntnisnahme oder bestätigende Auffassung des Beirats können somit Konflikte bereits von vornherein unterbunden werden.
Die Akzeptanz von Ratschlägen oder der zustimmenden Kenntnisnahme des beratenden Beirats kann durch die richtige Besetzung noch gesteigert werden. Nicht aus dem Gesellschafterkreis stammende Mitglieder gehören meist aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz dem Beirat an. Sie werden sich bei der Beratung der Geschäftsführung nicht von Gesellschafterinteressen leiten lassen, sondern ausschließlich das Wohl des Unternehmens im Blick haben. Werden Ratschläge des Beirats auch von solchen externen Mitgliedern mitgetragen oder empfohlen, erhöht dies die Akzeptanz auch bei Gesellschaftern, die solche Maßnahmen vielleicht kritisch sehen.
Überwachung / Disziplinierung der Geschäftsführung
Eine noch aktivere Rolle kommt einem Beirat zu, der die Geschäftsführung zu überwachen bzw. zu kontrollieren hat. Stehen dem Beirat eigene Entscheidungskompetenzen zu oder ist für wesentliche Aufgaben der Geschäftsführung intern die Zustimmung des Beirats erforderlich, führt dies zu einer starken Disziplinierung der Geschäftsführung.
Ein Geschäftsführer wird es tunlichst vermeiden wollen, mit einer von ihm geplanten und für notwendig empfundenen Maßnahme im Beirat zu scheitern. Insbesondere dann, wenn der Geschäftsführer aus dem Gesellschafter-/Familienkreis stammt. Er wird die Entscheidungsvorlage für den Beirat sorgsam ausarbeiten und sich auf eine Diskussion oder Nachfragen in der Beiratssitzung einstellen. Durch eine solche sorgfältige Vorbereitung wird den im Beirat vertretenen Gesellschaftern verdeutlicht, dass die Geschäftsführung ihre Aufgabe der Unternehmensführung ernst nimmt.
Als Gegenstück zu einer Disziplinierungsfunktion für die Geschäftsführer, haben die Gesellschafter die Gewissheit, dass bestimmte wesentliche Entscheidungen für ihr Unternehmen durch ein zweites Gremium geprüft und abgesichert werden. Dies erhöht ebenfalls die Akzeptanz von schwierigen Entscheidungen, welche im Zweifel zu einer langen Diskussion oder Streitigkeit auf einer der nächsten Gesellschafterversammlungen geführt hätten.
Besetzung des Beirats
Ein Beirat kann, vor allem in Familiengesellschaften, aber auch dazu dienen, die etwa aus Altersgründen ausgeschiedenen Gesellschafter-Geschäftsführer weiterhin aktiv in das Unternehmen einzubinden und an den operativen Entscheidungen zu beteiligen.
Vielen ausgeschiedenen Gesellschafter-Geschäftsführern fällt es schwer, nach jahrelanger Führung des Unternehmens sich auf eine rein passive Rolle als Gesellschafter zurückzuziehen. Durch ihre Einbeziehung in einen Beirat kann den ausgeschiedenen Gesellschafter-Geschäftsführern gezeigt werden, dass ihr Einsatz für das Unternehmen honoriert wird und man auch weiterhin auf ihren Rat und ihre Erfahrung baut. Auch dies trägt dazu bei, Konflikten, welche aus einem Generationenwechsel und den damit verbundenen Änderungen resultieren, vorzubeugen.
Durch die Besetzung des Beirats kann auch anderen Konflikten unter den Gesellschaften vorgebeugt werden. Beispielsweise können durch die Berufung eines Mitglieds eines jeden Gesellschafterstamms in den Beirat die wesentlichen Diskussionen unter den Gesellschaftern in einen sehr viel kleineren Kreis als die Gesellschafterversammlung verlagert werden. Im kleinen Kreis des Beirats lassen sich häufig, auch unter Mitwirkung von neutralen dritten Beiratsmitgliedern, sehr viel schneller praktikable Lösungen für sonst streitige Punkte finden.
Auch rein emotionale Konflikte können entschärft werden. Gesellschaftern, die sich in der Gesellschafterversammlung vielleicht einem Mehrheitsgesellschafter ausgeliefert fühlen, kann durch ihre Berufung in den Beirat das Gefühl vermittelt werden, in die Entscheidungsprozesse gleichberechtigt eingebunden zu sein.
Existenz des Beirats als Zwischenstufe vor der Eskalation
Kommt es doch zu einem Konflikt im Unternehmen z. B. unter den Gesellschaftern, dann kann allein die bloße Existenz des Beirats zur Konfliktlösung beitragen. Ein Beirat wird regelmäßig über den sich anbahnenden oder bereits bestehenden Konflikt zu unterrichten sein. Dies zwingt die streitenden Parteien dazu, die Konfliktsituation zu reflektieren, die sich gegenüberstehenden Positionen herauszuarbeiten und dem Beirat in möglichst neutraler Form vorzutragen. Durch diesen Prozess wird aber bereits häufig die Ursache des Konflikts erkannt. Darauf aufbauend kann dann (auch mit Hilfe des Beirats) versucht werden, eine Lösung zu finden.
Beirat als Schlichtungsstelle
Ebenfalls denkbar ist, dass dem Beirat auch offiziell die Position einer Schlichtungsstelle zukommt. Es ist möglich, im Gesellschaftsvertrag zu verankern, dass zunächst der Beirat als innergesellschaftliche Schlichtungsstelle angerufen wird. Damit kann vermieden werden, einen Konflikt unter den Gesellschaftern nach außen (vor die staatlichen Gerichte oder ein Schiedsgericht) eskalieren zu lassen.
Gerade in mittelständischen Unternehmen und Familienunternehmen sind die Gesellschafter sehr darauf bedacht, ihre Konflikte nicht nach außen zu tragen. Vor allem hier kann ein Beirat als Schlichtungsstelle sehr reizvoll sein. Das Gelingen der Schlichtung wird aber meist sehr stark von der Autorität des Beirats, d.h. vor allem von seiner Besetzung abhängen. Es ist einleuchtend, dass ein vom Beirat erarbeiteter Lösungsvorschlag oder Schlichterspruch unter den streitenden Parteien wesentlich mehr Anerkennung findet, wenn er von unabhängigen Dritten stammt, anstatt von einem Gremium, dem die streitenden Parteien (zumindest über Vertreter) selbst angehören.
Fazit: Ein Beirat ist mehr als nur „beratend“ tätig
Die Einrichtung von Beiräten in Unternehmen hat sich in der Praxis bewährt. Mögen die Gründe für die Einrichtung eines Beirats von Unternehmen zu Unternehmen und von Gesellschafterkreis zu Gesellschafterkreis sehr unterschiedlich und individuell sein, so wird dadurch aber stets, bewusst oder unbewusst, ein wesentlicher Beitrag zur Konfliktvermeidung und Konfliktlösung geleistet.
Weiß man um die Möglichkeiten des Beirats zur Konfliktvermeidung, kann seine Einrichtung nur noch mehr empfohlen werden.
Unsere Beitragsreihe informiert rund um das Thema Gesellschafterstreitigkeiten. Bereits erschienen sind Beiträge zur Entstehung von Gesellschafterkonflikten, die mögliche Steuerung durch Gestaltung der Gesellschafterverträge und wie streitige Gesellschafterversammlungen vorbereitet und durchgeführt werden können. Anschließend haben wir uns mit der Teilnahme von Beratern an Gesellschafterversammlungen, der Beschlussfassung in der streitigen Gesellschafterversammlung sowie der Besetzung der Geschäftsführung befasst. Ebenso eingegangen sind wir auf Streit über Maßnahmen der Geschäftsführung, über die Abfindung ausscheidender Gesellschafter und über die Wahrnehmung von Informationsrechten. Zuletzt haben wir über den Gesellschafterausschluss als letztes Mittel berichtet.