Nachdem wir in der letzten Folge Beschlussmängel in der GmbH behandelt haben, beschäf-tigen wir uns diese Woche mit der Personenhandelsgesellschaft.
Hintergrund und Anlass für Auseinandersetzungen über die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen sind in Personenhandelsgesellschaften (also in oHG und KG) häufig identisch mit GmbHs. Die rechtstechnische Durchführung unterscheidet sich jedoch etwas.
Grundsätzliche Nichtigkeit rechtswidriger Beschlüsse
Der Unterschied hat seinen Ursprung daran, dass in einer oHG oder KG dem Versammlungsleiter – anders als im Recht der GmbH – nach allgemeiner Ansicht keine Kompetenz zukommt, Beschlüsse mit vorläufiger Verbindlichkeit festzustellen. Ein rechtswidriger Beschluss ist damit stets nichtig. Aus ihm können keine Rechte hergeleitet werden.
Jeder Gesellschafter kann sich grundsätzlich jederzeit ohne Anfechtung darauf berufen, dass der Beschluss nicht wirksam gefasst wurde. Insbesondere ist er nicht dazu gehalten, die Rechtswidrigkeit des Beschlusses innerhalb einer bestimmten Frist (im GmbH-Recht regelmäßig ein Monat) geltend zu machen. Einzige Grenze ist die Verwirkung: Ein Gesellschafter darf also nicht erst den Anschein erwecken, den Beschluss für wirksam zu halten, um sich später auf seine Nichtigkeit zu berufen. Wer einen Beschluss über einen längeren Zeitraum (mindestens sechs Monate) hingenommen hat, verliert das Recht zur Geltendmachung der Nichtigkeit.
Richtige Klage für die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit ist daher auch nicht die Anfechtungsklage nach aktienrechtlichem Vorbild, sondern die einfache Feststellungsklage nach § 256 ZPO. Und noch ein wesentlicher Unterschied zur GmbH ist zu beachten: Richtiger Klagegegner ist nicht die Gesellschaft, sondern der Mitgesellschafter. Besteht die Personenhandelsgesellschaft aus mehr als zwei Gesellschaftern, so sollte die Klage gegen alle Gesellschafter gerichtet werden.
Gesellschaftsvertragliche Sonderregeln beachten
Der Gesellschaftsvertrag kann von den vorstehend beschriebenen gesetzlichen Regeln abweichen. So kann bestimmt werden, dass die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses innerhalb einer bestimmten Frist (mindestens ein Monat) geltend gemacht werden muss. Ebenso kann festgelegt werden, dass die Klage nicht gegen die Gesellschafter, sondern gegen die Gesellschaft zu erheben ist.
Hierdurch wird über den Gesellschaftsvertrag ein Regelwerk erstellt, dass demjenigen der Aktiengesellschaft und der GmbH gleicht. Insbesondere in Publikumsgesellschaften oder in Familiengesellschaften mit größerem Gesellschafterkreis wird häufig von diesem Recht Gebrauch gemacht.
Ist die Klage einmal erhoben, nimmt das Gericht die gleiche Prüfung vor wie bei einer Anfechtungsklage im Recht der GmbH. Es prüft also, ob die formellen Voraussetzungen für die Beschlussfassung vorlagen und ob der Beschluss im Einklang mit dem Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag steht. Dabei finden – sofern der Gesellschaftsvertrag keine speziellen Regelungen vorgibt – die Regelungen des GmbH-Rechts auf die Beschlussfassung in einer Personenhandelsgesellschaft entsprechende Anwendung.
Sonderfall GmbH & Co. KG
Besonderheiten gelten in der GmbH & Co. KG. Hier muss stets genau unterschieden werden, ob ein Beschluss auf Ebene der Kommanditgesellschaft oder der Komplementär-GmbH oder ggf. auf beiden Ebenen gefasst wurde.
Auf Ebene der Kommanditgesellschaft finden die Regeln über die Geltendmachung von Beschlussmängeln in der Personenhandelsgesellschaft Anwendung. Auf Ebene der Komplementär-GmbH gilt dagegen das Beschlussanfechtungsrecht der Kapitalgesellschaften. Im Zweifelsfall sollten stets die (strengeren) Voraussetzungen des GmbH-Rechts beachtet werden.
Fazit: Technische Details beachten
Auch wenn der Streit über Gesellschafterbeschlüsse in einer Personenhandelsgesellschaft sich in der Sache nicht von demjenigen in einer GmbH unterscheidet, sind die Unterschiede in der technischen Abwicklung zu berücksichtigen. Insbesondere ist stets dafür Sorge zu tragen, dass der richtige Klagegegner verklagt wird. Ferner müssen etwaige Fristen nach dem Gesellschaftsvertrag beachtet werden. Die Geltendmachung von Beschlussmängeln erfordert stets rasches Handeln.
Unsere Beitragsreihe informiert rund um das Thema Gesellschafterstreitigkeiten. Bereits erschienen sind Beiträge zur Entstehung von Gesellschafterkonflikten, die mögliche Steuerung durch Gestaltung der Gesellschafterverträge und wie streitige Gesellschafterversammlungen vorbereitet und durchgeführt werden können. Anschließend haben wir uns mit der Teilnahme von Beratern an Gesellschafterversammlungen, der Beschlussfassung in der streitigen Gesellschafterversammlungsowie der Besetzung der Geschäftsführung befasst. Ebenso eingegangen sind wir auf Streit über Maßnahmen der Geschäftsführung, über die Abfindung ausscheidender Gesellschafter und über die Wahrnehmung von Informationsrechten. Zuletzt haben wir über den Gesellschafterausschluss als letztes Mittel, den Beirat und seine Funktion im Gesellschafterkonflikt sowie über die gerichtliche Klärung von Beschlussmängeln in einer GmbH berichtet.