Die beiden wichtigsten Mechanismen zur Verteilung von Risiken aus einem Unternehmenskaufvertrag sind die Regelungen zu Kaufpreis und Haftung. Mit der nachträglichen Kaufpreisanpassung (Purchase Price Adjustment) und der Zahlung eines Teils des Kaufpreises in Form eines Earn Out haben wir uns bereits befasst. Heute widmen wir uns der Risikoverteilung durch Ausgestaltung des Haftungsregimes.
Ziele
Ziel des Verkäufers ist es dabei, die von ihm zu tragenden Risiken kalkulierbar zu machen. Der Käufer wird primär versuchen, Unsicherheiten abzudecken, die nach der Due Diligence verblieben sind, etwa weil der Verkäufer bestimmte Dokumente nicht vorgelegt hat.
Es geht also um Bereiche, die für den Käufer ungewiss (Black Box) oder besonders wesentlich sind. Die Regelungen zur Gewährleistung und Haftung sind ein Kernstück des Unternehmenskaufvertrags, über das regelmäßig lang und detailliert verhandelt wird.
Indemnities
Freistellungen (Indemnities) betreffen typischerweise Risiken, die den Parteien grundsätzlich bekannt sind, ohne dass sich Realisierungszeitpunkt und Ausmaß schon abschätzen lassen. Der Verkäufer stellt den Käufer von Verbindlichkeiten frei, die im Zusammenhang mit diesen vor der Transaktion begründeten Umständen künftig entstehen.
Beispielsweise kann der Verkäufer auf diesem Wege die Kosten übernehmen, falls eine Sanierung wegen Altlasten erforderlich wird. Auch für Steuerverbindlichkeiten, die auf Umständen vor der Transaktion beruhen, ist eine Freistellung häufig.
Reps & Warranties
Daneben übernimmt der Verkäufer in der Regel Garantien. Üblich ist eine Aufteilung der Gewährleistungen (Representations & Warranties) nach Themenkomplexen. Diese ergeben sich jeweils aus dem individuellen Fall.
Es gibt zahlreiche Checklisten und Formulare, aus denen sich eine typische Bandbreite an Möglichkeiten entnehmen lässt. Üblich sind etwa Garantien zu Gesellschaftsverfassung und Beteiligungsstruktur, Wirtschaft, Finanzen und Steuern, Versicherungen, Betriebsgrundlagen, Arbeitnehmern, geistigem Eigentum und Rechtsstreitigkeiten.
Grundlegend ist etwa die Garantie, dass beim Share Deal der verkaufte Gesellschaftsanteil, beim Asset Deal die verkauften Assets im Eigentum des Verkäufers stehen (Title-Garantien) und er rechtlich frei darüber verfügen kann. Rechtlich werden Garantien in Unternehmenskaufverträgen meist ausdrücklich als selbständige Garantien im Sinne von § 311 Abs. 1 BGB vereinbart.
Häufig garantiert der Verkäufer, dass ein bestimmtes identifiziertes Risiko sich nicht nachteilig für den Käufer auswirkt (Unsicherheitsgarantien). Ein Beispiel dafür ist die Bilanzgarantie, die in der Regel besagt, dass die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung eingehalten wurden.
Denkbar ist auch, dass der Verkäufer für den Eintritt eines bestimmten wirtschaftlichen Erfolgs einsteht (Erfolgsgarantien). Eine weitere Kategorie sind Bestandsgarantien. Diese beziehen sich beispielsweise auf Art und Lage von Grundstücken oder die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer.
Einschränkungen
Qualifiers dienen der Einschränkung der vertraglich vereinbarten Haftung. Verstärkt werden kann die Beschränkung durch eine Reduzierung auf Wesentliches oder durch zeitliche Einschränkungen (etwa eigene Amtszeit als Geschäftsführer). Die dabei verwendeten Begriffe sollten ihrerseits vertraglich definiert werden (beispielsweise „wesentlich″).
Möglich sind solche und andere Haftungsbeschränkungen nur, wenn das Verbot der Haftungsbeschränkung nach § 444 BGB nicht anwendbar ist. Die gesetzliche Regelung bezieht sich aber nur auf unselbständige Beschaffenheitsgarantien. Deshalb ist die Klarstellung, dass es sich bei den vertraglichen Regelungen um selbständige, verschuldensunabhängige Garantien im Sinne von § 311 Abs. 1 BGB handelt, so wichtig.
Rechtsfolgen
Bei Freistellungen muss es nicht zu einem Schadenseintritt kommen, sondern der Käufer hat das Recht, sich durch den Verkäufer von den jeweiligen Verbindlichkeiten gegenüber einem Dritten befreien zu lassen. Anders als bei der Verletzung selbständiger Garantien sind die allgemeinen schadensrechtlichen Gesetzesregelungen hier nicht anwendbar. Freistellungsverpflichtungen sind häufig der Höhe nach unbegrenzt.
Ist im Unternehmenskaufvertrag nichts weiter geregelt, kann der Käufer bei Verletzung eines selbständigen Garantieversprechens verlangen, dass der Zustand hergestellt wird, der bestehen würde, wenn das Garantieversprechen erfüllt worden wäre. Nur wenn das nicht möglich ist, hat der Käufer Anspruch auf Schadensersatz.
Diese gesetzlichen Rechtsfolgen können vertraglich weiter ausgestaltet oder modifiziert werden. Beispielsweise können Vereinbarungen zur maximalen Haftungshöhe (Cap) sowie De-minimis– und Basket-Regelungen vorgesehen werden. Denkbar ist auch, dem Käufer nur Schadensersatzansprüche einzuräumen, eine Rückabwicklung des Unternehmenskaufvertrags aber auszuschließen.
Verjährung
Häufig findet sich für Ansprüche aus dem Share Purchase Agreement eine allgemeine Verjährungsfrist zwischen 12 und 24 Monaten nach Closing. Für die Ansprüche aus Garantieverletzung können je nach Gegenstand eigene Verjährungsfristen vereinbart werden.
Für grundsätzliche Angaben wie die Title-Garantie werden oft längere Fristen bis zu 30 Jahren vorgesehen. Auch für Umweltgarantien und Steuersachverhalte werden meist Ausnahmen von der allgemeinen Regelung vereinbart. Dasselbe gilt für entsprechende Freistellungsverpflichtungen.
Außerdem ist zu überlegen, ob die gesetzlichen Hemmungstatbestände, beispielsweise Verhandlungen zwischen den Parteien, Anwendung finden sollen oder ob auch dafür spezielle vertragliche Regelungen in den Unternehmenskaufvertrag aufgenommen werden.