Der Gesetzesentwurf der European Union (Withdrawal) Bill steht. Doch bis das Aufhebungsgesetz in Kraft treten kann, ist es noch ein steiniger Weg.
Die britische Regierung hat den ersten Gesetzesentwurf für den Austritt aus der Europäischen Union vorgestellt. Mit der „European Union (Withdrawal) Bill″ (Withdrawal Bill), dem Aufhebungsgesetz, sollen 12.000 Richtlinien und Verordnungen der EU in britisches Recht umgewandelt werden. Der jetzige Entwurf enthält viele der angekündigten Vorschriften, die auch schon in dem im März dieses Jahres veröffentlichten „White Paper″ aufgelistet wurden.
Der „European Communities Act 1972″ wird am Tag von Großbritanniens Austritt aus der EU außer Kraft treten und soll ersetzt werden. Laut Gesetzentwurf ist geplant, dass die EU-Vorschriften und Regelungen, die vor dem Austrittsdatum in Kraft getreten sind, weiterhin gültig bleiben. Die britischen Gesetze, die EU-Recht in Englisches Recht umsetzen, sollen auch für die Zeit nach dem Brexit weiterhin gelten. Das Gleiche gilt für jegliche Rechte und Verpflichtungen, die unter europäischen Abkommen entstanden sind.
Des Weiteren soll – wie bereits im White Paper der Withdrawal Bill vorgestellt – die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs mit dem Austritt aus der EU enden. Nur bereits anhängige Verfahren werden noch abgeschlossen.
Henry VIII Vollmachten – Sonderregelung zur Behebung von rechtlichen „Defiziten“
Aus rechtlicher und politischer Sicht ist die Klausel, welche sich mit den sogenannten Henry VIII Vollmachten befasst, am kontroversesten.
Der Entwurf sieht vor, dass das britische Parlament alle in britisches Recht umgesetzten EU-Richtlinien beibehalten, ändern oder abschaffen kann. Die Regierung und deren Minister werden ermächtigt, „Defizite″ im EU-Recht ohne genaue Prüfung durch das Parlament zu beheben. Minister können ohne Zustimmung des Parlaments Gesetze ändern, damit sie nach der Umsetzung funktionieren. Es ist vorgesehen, dass diese Sonderregel für zwei Jahre ab dem Austrittsdatum gilt.
Die ersten Reaktionen zur Withdrawal Bill sind wie erwartet gemischt. Besonders die Henry VIII Vollmachten sind stark umstritten. Viele sehen die Ermächtigung zum Erlass von Gesetzen ohne Beteiligung des Parlaments als Machtmissbrauch der jetzigen britischen Regierung an, auch wenn dies nur als temporäre Sonderregelung vorgesehen ist. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Vollmachten nicht präzise genug formuliert seien und zu viel Raum zur Interpretation bliebe.
Ein steiniger Weg, bis das Aufhebungsgesetz in Kraft treten kann
Trotz der Austrittsfrist bis Ende März 2019 soll der Gesetzentwurf voraussichtlich erst im Herbst im Parlament beraten werden und wird wahrscheinlich auf großen Widerstand im Parlament treffen. Ein britischer Parlamentsabgeordneter hat bereits kommentiert, dass der endgültige Entwurf
wie ein Weihnachtsbaum aussehen wird, weil überall noch eine Änderung angehängt werden würde,
da der Entwurf vor dem britischen Unter- und Oberhaus diskutiert und abgestimmt werden muss, bevor dieser in Kraft treten kann. Dieser Prozess kann im Zweifel bis nächstes Jahr dauern, wenn das Austrittsdatum nur noch Monate entfernt ist. Viel Zeit für die Umsetzung würde dann nicht bleiben.
Hier im Blog informieren wir Sie über weitere Neuigkeiten zum Brexit, unter anderem zum Datenschutz, zu Auswirkungen auf die Schutzrechte des geistigen Eigentums und zum Handlungsbedarf in diesem Bereich, zu der Bedeutung des Art. 50 EUV, Informationen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer und was bei einer Limited oder einer Sitzverlegung von Unternehmen zu beachten ist. Weitere rechtliche Aspekte finden Sie auch auf cms.law sowie eine „Checkliste Brexit″ in unserem internationalen Angebot Law-Now.