22. Juli 2022
Steuer Metaverse
Metaverse

Überblick: Steuern im Metaverse

Das Metaverse entwickelt sich rapide. An vielen Stellen sind Ideen zur Besteuerung aber ein Blick in die Glaskugel.

Für die Teilnehmenden stellen sich neben den Besteuerungs- auch Rechtsfragen. Bislang haben sich weder der deutsche Steuergesetzgeber noch die deutsche Finanzverwaltung zu Besteuerungsfragen im Metaverse geäußert. 

Für Steuerpflichtige im Metaverse, die in Deutschland ihren Wohnsitz (§ 8 AO) bzw. gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) oder ihre Geschäftsleitung (§ 10 AO) bzw. ihren Sitz (§ 11 AO) haben, findet das deutsche Ertragsteuerrecht Anwendung. Dieser Anknüpfungspunkt führt über den Grundsatz des sog. Welteinkommensprinzips zu einer Besteuerung weltweit erzielter Einkünfte in Deutschland.

Eine Bewertung anhand des deutschen Umsatzsteuerrechts ist möglich, wenn der Ort der Lieferung bzw. sonstigen Leistung in Deutschland liegt (§§ 3 UStG).

Finanzverwaltung wird sieben Einkunftsarten bemühen

Zumindest ertragsteuerlich nimmt die finanzgerichtliche Rechtsprechung an, dass man die derzeitigen analog ausgerichteten Steuerrechtsnormen durchaus auf rein digitale Sachverhalte übertragen kann bzw. willens ist, dies zu tun.

Grundsätzlich sind Einkünfte nur dann steuerpflichtig, wenn sie unter die sieben Einkunftsarten fallen (§ 2 Abs. 1 EStG):

  1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
  2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb
  3. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit
  4. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit
  5. Einkünfte aus Kapitalvermögen
  6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
  7. Sonstige Einkünfte

Mehrfachbelastung durch Einkünfte aus Gewerbebetrieb?

Einkünfte aus Gewerbebetrieb liegen vor, wenn der Steuerpflichtige* eine selbstständige nachhaltige Betätigung mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternimmt und sich diese Betätigung als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Sie darf außerdem weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbstständige Arbeit anzusehen sein und muss den Bereich der privaten Vermögensverwaltung überschreiten (§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Die Einordnung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb führt zudem dazu, dass der Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, der Gewerbesteuer unterliegt, sodass – vorbehaltlich von Freibeträgen und Anrechnung auf die tarifliche Einkommensteuer – der Steuerpflichtige mehrfach belastet sein kann.

Der Entwurf eines BMF-Schreibens zur Besteuerung von Einkünften aus Kryptowerten, die nicht die Schwelle der Gewerblichkeit überschreiten, zeigt, dass man großzügig von der Anwendung des ertragsteuerlichen Auffangtatbestands (§ 22 Nr. 3 EStG) Gebrauch machen kann, sofern der Steuerpflichtige eine Leistung erbringt. 

Ob und inwiefern ein privates Veräußerungsgeschäft auch in Betracht kommt, wenn bspw. ein virtuelles Grundstück innerhalb eines Jahres nach der Anschaffung veräußert wird, hängt vor allem von der Qualifikation als sog. anderes Wirtschaftsgut ab.

Ist der Steuerpflichtige in Form einer inländischen Körperschaft im Metaverse aktiv und erwirtschaftet Gewinne, sind stets die o.g. Gewerbesteuer und die Körperschaftsteuer (15 %, zzgl. Solidaritätszuschlag) zu beachten (§ 1 Abs. 1 KStG).

BFH: „Analoges“ Steuerrecht bleibt von Bedeutung

Zudem wird sich die Frage stellen, wem das virtuelle Grundstück steuerlich zuzuordnen ist (§ 39 AO). Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Zuordnung zum zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentümer (d.h., ein anderer als der Eigentümer kann infolge der tatsächlichen Herrschaft den Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen) bleiben nach Auffassung des BFH auch in den Fällen von Bedeutung, in denen ein Wirtschaftsgut „nur digital existiert“.

Sofern virtuelle Gegenstände oder Dienstleistungen mit Kryptowerten bezahlt werden, sind zudem die bisherigen in der Rechtsprechung und Finanzverwaltung aufgestellten Erkenntnisse zu Besteuerung (Stichwort: sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften) zu beachten.

Auch der Beschenkte schuldet die Schenkungsteuer

Sofern die Subsumtion unter die sieben Einkunftsarten nicht gelingt, könnte es sich beim Erhalt oder bei der Zuwendung auch um einen schenkungsteuerlich relevanten Vorgang handeln. Neben dem unter fremden Dritten möglichen Freibeitrag i.H.v. EUR 20.000 (§ 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG) ist vor allem zu beachten, dass sowohl der Schenker als auch der Beschenkte die Schenkungsteuer schulden (§ 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG).

Erste Erkenntnisse zur Umsatzsteuer

Umsatzsteuerlich dürfte die unternehmerische Betätigung im Metaverse i.d.R. zu einer sonstigen Leistung gem. § 3 Abs. 9 UStG führen. Für die Anwendbarkeit des deutschen Umsatzsteuerrechtes kommt es dann im Weiteren darauf an, ob die sonstige Leistung als in Deutschland ausgeführt gilt. Aber es gilt insbesondere das Bestimmungslandprinzip, d.h., es kommt auf den Leistungsempfänger an, wenn es sich um eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung von einem Unternehmer an einen Endkunden (B2C) handelt. Hiervon ist im Wesentlichen die Überlassung digitaler Produkte umfasst, für deren Erbringung das Internet oder ein elektronisches Netz erforderlich ist. Die Anwendung dieser Regelung scheidet jedoch aus, wenn eine menschliche Beteiligung an dem Leistungsvorgang erfolgt.

BFH: Keine Umsatzsteuer bei der Vermietung von virtuellem Land

Mit der Entscheidung des Bundesfinanzhofes eröffnet man – auch umsatzsteuerlich – die Abgrenzungsfrage „real oder digital“, die für das Metaverse erhebliche Auswirkungen haben könnte. Die Schlussfolgerung, dass die Umsatzsteuer im Metaverse keine Rolle spielt, dürfte aber alleine schon deshalb verfrüht sein, da der BFH auch feststellte, dass jedenfalls der Umtausch der In-Game-Währung in Fiat eine umsatzsteuerbare Leistung beinhaltet. Bei der In-Game-Währung handele es sich nämlich um beschränkte Lizenzrechte, deren Einlösung in Fiat eine Abtretung gegen Entgelt und damit eine Leistung i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG darstelle. Anders als die spielinterne „Vermietung“ des virtuellen Landes erfolge die Übertragung der In-Game-Währung an einem realen Markt und nicht lediglich innerhalb des Spielgeschehens.

Steuerreform der G20-Staaten und OECD

Steuerliche Auswirkungen für das Metaverse können sich zukünftig auch aus der von den G20-Staaten und der OECD initiierten internationalen Steuerreform mit der sog. Zwei-Säulen-Lösung ergeben.

Der Neuverteilung der Besteuerungsrechte werden vorerst nur global agierende Konzerne unterliegen, die einen Umsatz von mehr als EUR 20 Mrd. erwirtschaften und deren Umsatzrendite vor Steuern 10 % übersteigt. Die OECD geht davon aus, dass nur rund 100 internationale Konzerne diese Kriterien erfüllen und damit überhaupt in den Anwendungsbereich der neuen Regeln gelangen. Es ist aber beabsichtigt, sieben Jahre nach Inkrafttreten der ersten Säule die Inhalte zu evaluieren und anschließend ihren Anwendungsbereich auszuweiten, insbesondere durch eine Absenkung der Umsatzschwelle auf EUR 10 Mrd. Jedenfalls große Player des Metaverse könnten hiervon einmal betroffen sein.

In unserem CMS-Blog informieren wir Sie im Rahmen unserer Blog-Serie „Metaverse“ fortlaufend mit aktuellen Beiträgen zum Metaversum. Nach einer Einführung in das „Metaverse“ sind wir bereits eingegangen auf Arbeit im Metaverse, auf Rechtsberatung im Metaverse und geben einen Überblick über Steuern im Metaverse sowie über die Umsatzsteuer bei der Vermietung von virtuellem Land im Metaverse. Darüber hinaus haben wir uns mit dem Markenschutz für Blockchain- und andere Krypto-Projekte, dem Markenschutz vs. Kunstfreiheit bei mit NFTs verlinkten Medien sowie dem Markenschutz für digitale Produkte im „Metaverse“ und den EUIPO-Leitlinien zur Eintragung virtueller Waren und NFT beschäftigt.

Darüber hinaus halten wir Sie auf unserer Insight-Seite zum Metaverse auf dem Laufenden!

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*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Metaverse Steuerrecht