Der Bundestag hat am 7. Juli 2022 das Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor beschlossen. Das EEG-Osterpaket ist damit verabschiedet. Nun kommt das EEG 2023.
In der Sitzung des Bundestages vom 7. Juli 2022 wurde die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beschlossen. Am Tag danach nahm auch der Bundesrat den Entwurf an. Das EEG 2023 ist somit beschlossen. Einzelne Änderungen werden bereits mit der Verkündung in Kraft treten. Mit dem EEG 2023 gelangt die Förderung erneuerbarer Energien in eine neue Phase. Zugleich läutet das Gesetz nach dem Willen des Gesetzgebers das Ende der Förderung erneuerbarer Energien in ihrer jetzigen Form ein.
Abschaffung der EEG-Umlage markierte den ersten Schritt zum EEG 2023
Anhand des Namens Osterpaket wird deutlich, dass der Gesetzgebungsprozess bereits länger läuft. Den ersten gesetzgeberischen Schritt markierte die Abschaffung der EEG-Umlage am 28. April 2022. Diesem folgten die parlamentarischen Beratungen zur EEG-Novelle. Die Ziele, den Ausbau erneuerbarer Energien massiv voranzubringen und die Finanzierung auf eine neue Grundlage zu stellen, waren bereits im ersten Gesetzesentwurf vorhanden und bilden den Rahmen für die einzelnen Gesetzesänderungen.
Gesetzgebungsverfahren brachte wesentliche Änderungen
Die vorangegangenen Novellierungen des EEG zeigten, dass noch auf den letzten Metern zentrale Änderungen am Gesetz vorgenommen werden. Dem folgt auch das EEG 2023. Es verlässt das Gesetzgebungsverfahren in einer anderen Fassung, als es Eingang in dieses fand. Die vom Bundestag angenommene Beschlussempfehlung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie führt nicht nur einzelne Detailänderungen an, sondern wesentliche Aspekte des Gesetzesrahmens werden geändert. Hier lohnt sich ein Blick in die Details.
Die gesetzlich verankerte Treibhausgasneutralität bis 2035 wird gestrichen
Das EEG 2023 ist darauf ausgerichtet, dass bis zum Jahr 2030 der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch mindestens 80 % betragen soll. Dies unterstreicht die ambitionierten Ausbauziele. Gleichwohl wurde im Gesetzgebungsverfahren das Ziel gestrichen, dass eine nahezu klimaneutrale Energieerzeugung im Jahr 2035 angestrebt wird. Auf den zweiten Blick fällt jedoch auf, dass ein neuer § 1a EEG 2023 die Treibhausgasneutralität mit der Vollendung des Kohleausstiegs verknüpft. Der programmatische Leitsatz des § 1 EEG 2023 wird so an den Kohleausstieg gekoppelt.
Ende der Förderung erneuerbarer Energien wird mit dem EEG 2023 eingeläutet
Der neue § 1a EEG 2023 weist eine noch größere Bedeutung jedoch dahingehend auf, dass nun im Gesetz ein Zieldatum für das Ende der Förderung erneuerbarer Energien verankert wird. Nach der Vollendung des Kohleausstiegs soll der weitere Ausbau erneuerbarer Energien marktgetrieben erfolgen. Die Förderung – wie sie bisher erfolgt – soll auslaufen. Wie bei den Ausbauzielen handelt es sich auch hierbei lediglich um einen programmatischen Leitsatz, der dem Einzelnen* kein einklagbares Recht gewährt. Zudem zeigt der Gesetzgeber, dass von dem Ziel nicht Bestandsanlagen erfasst sein sollen.
Verordnungsermächtigung für „Contracts for Difference“ wurde gestrichen
Die im Gesetzesentwurf angelegte Verordnungsermächtigung, über die das Förderdesign weiterentwickelt werden sollte, wurde gestrichen. Denkbar war hier etwa der Regelungsansatz von Differenzverträgen („Contracts for Difference“). Das Förderdesign der geförderten ausschreibungsbasierten Direktvermarktung hätte so bei einem wachsenden Anteil von erneuerbaren Energien und steigenden Großhandelspreisen weiterentwickelt werden können. Auch diese Streichung kann im Kontext mit dem neuen § 1a EEG 2023 gesehen werden. § 1a EEG enthält einen an die Bundesregierung gerichteten Auftrag, spätestens bis zum 31. März 2024 einen Vorschlag für die Finanzierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien nach der Vollendung des Kohleausstiegs vorzulegen. Mit der Streichung der Verordnungsermächtigung ist jedoch eine flexible Handlungsoption verloren gegangen.
Die neue Bedeutungsdimension des „Vorrangs“ der erneuerbaren Energien gilt nun auch für Wasserkraft
Die neue Bedeutungsdimension des „Vorrangs“ erneuerbarer Energien sieht vor, dass ihr Ausbau bei der Abwägungsentscheidung im Genehmigungsverfahren als vorrangiger Belang eingebracht wird. Unter Beschleunigungsgesichtspunkten ist diese Neuregelung zu begrüßen. Sie tritt mit der Verkündung des Gesetzes in Kraft. Im Gesetzesentwurf war noch vorgesehen, dass dies für Wasserkraftwerke nicht gilt. Hiervon ist der Gesetzgeber wieder abgerückt. Auch bei der Planung und Genehmigung von Wasserkraftwerken greift der Vorrang bei der Abwägungsentscheidung. Neben dieser zentralen Änderung wurde im Gesetzgebungsverfahren auch beschlossen, dass kleinen Wasserkraftwerken weiterhin eine finanzielle Förderung nach dem EEG 2023 zukommen soll. Der Förderrahmen wurde wieder auf die bisher geltende Rechtslage umgestellt.
Ausbau der Photovoltaik soll weiter beschleunigt werden
Auch die Detailregelungen für Solaranlagen wurden im Gesetzgebungsverfahren angepasst und führen zu vielen Neuerungen. Sie zeigen, dass ein Schwerpunkt im Bereich der Photovoltaik liegt. Unverändert bleibt, dass erst ab einer installierten Leistung bis einschließlich 1 MW an der Ausschreibung teilgenommen werden muss. Für Bürgerenergiegesellschaften gilt demgegenüber nunmehr bei allen Solaranlagen eine Grenze von 6 MW. Die Beschränkung auf Freiflächenanlagen wurde aufgehoben. Erst ab diesem Wert muss sich dem Ausschreibungsverfahren gestellt werden. Angepasst wurden zudem die Abstandskorridore für Anlagen längs von Autobahnen oder Schienenwegen. Es gilt nicht mehr ein Abstand von bis zu 200 Metern, sondern nunmehr bis zu 500 Metern. Die Flächenkulisse wird so erhöht. Beibehalten wird, dass weitere Flächenpotentiale durch neue Anlagenklassen wie „Agri-PV“, „Moor-PV“, „Floating PV“ oder „Parkplatz-PV“ erschließbar sind. Teilweise wird für die einzelnen Anlagen eine höhere finanzielle Förderung gewährt. Für Investoren bieten sich in diesen Bereichen neue Investitionsmöglichkeiten.
Bei Dachanlagen, deren finanzielle Förderung sich nach den gesetzlich festgelegten Werten bestimmt, wird künftig weiter unterschieden. Es werden Anlagen, die den erzeugten Strom voll einspeisen, und solche, die den Strom teilweise selbst verbrauchen, auseinandergehalten. Bei einer Volleinspeisung ist die finanzielle Förderung höher. Möglich ist unter bestimmten Voraussetzungen – u.a. gesonderte Messeinrichtungen – auch, zeitgleich jeweils eine Anlage zur Voll- und zur Teileinspeisung auf einem Dach zu errichten. Eigenverbrauchslösungen werden so attraktiver. Für kleinere Solarneuanlagen mit einer installierten Leistung von höchstens 25 kW kommt zudem die pauschale Begrenzung der maximalen Wirkleistungseinspeisung auf 70 % nicht mehr zum Tragen. Für Bestandsanlagen will der Gesetzgeber jedoch weiterhin an der bestehenden Regelung festhalten.
Detailregelungen zur Windenergie werden nachgeschärft und steigende Rohstoffpreise berücksichtigt
Auch im Bereich der Windenergie an Land wurden im Gesetzgebungsverfahren zum EEG 2023 Detailregelungen angepasst. Das Ausschreibungsvolumen für Windenergie an Land soll an den Zubau von Solaranlagen und die Entwicklung des Bruttostromverbrauchs gekoppelt werden. Es kann je nach Entwicklung dynamisch um 30 % erhöht oder verringert werden. Gestrichen wurde die sog. Südquote.
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Erhöhung des Ausschreibungsvolumens letztlich auch dazu führt, dass in der Südregion neue Windenergieanlagen zugebaut werden. Hierzu wurde unverändert beibehalten, dass in der Südregion ein neuer Korrekturfaktor für einen 50%-Standort eingeführt wird. Das Ausbaupotential an weniger windhöffigen Standorten kann so gesteigert werden. Geschaffen wird für Windenergie an Land zudem eine neue Festlegungskompetenz der BNetzA, um den Höchstwert anzuheben. Dies ist nun um bis zu 10 % gegenüber dem bestehenden Höchstwert möglich, wenn Preise für Rohstoffe, die bei der Errichtung von Windenergieanlagen eingesetzt werden, um mehr als 15 % gestiegen sind. Der Gesetzgeber versteht hierunter insbesondere Steigerungen bei Stahlpreisen. Ebenfalls adressiert wurde im Gesetzgebungsverfahren die Frage von Lieferschwierigkeiten wegen der aktuellen politischen Lage und der Folgen der Coronapandemie.
Für Windenergieanlagen an Land wird dem durch eine Verlängerung der Realisierungsfrist um sechs Monate begegnet.
„Wasserstoffkraftwerke“ werden über das EEG gefördert
Neu eingefügt wurde, dass sich Anlagen zur Erzeugung von Strom aus grünem Wasserstoff an den Ausschreibungen beteiligen können. Hierfür ist für das Jahr 2023 ein Ausschreibungsvolumen von 800 MW vorgesehen. Damit wird ein neues Fördersegment für Wasserstoff geschaffen, dem jedoch zunächst nur eine untergeordnete Rolle zugeschrieben wird. Gegenüber dem Gesetzesentwurf ist dies gleichwohl ein Mehr, da dieser lediglich Regelungen für die wasserstoffbasierte Stromspeicherung vorsah.
Die EEG-Umlage wird dauerhaft abgeschafft und der Bund finanziert nun direkt
Im Gesetzesentwurf war im neu zu schaffenden Energie-Umlagen-Gesetz noch vorgesehen, dass die EEG-Umlage in der Zukunft wieder eingeführt werden könnte. Diese Möglichkeit wurde im Gesetzgebungsverfahren gestrichen. Die EEG-Umlage wird nach ihrer Absenkung auf null nun dauerhaft abgeschafft. Die finanzielle Förderung erneuerbarer Energien erfolgt künftig vollständig aus dem Bundeshaushalt.
Als Grundlage fungiert das neue Energiefinanzierungsgesetz (EnFG). Es gewährt den Übertragungsnetzbetreibern gegenüber dem Bund einen Ausgleichsanspruch für die getätigten Zahlungen zur finanziellen Förderung. Der im EEG bislang verankerte Belastungsausgleich wird in das EnFG verschoben. Für Umlagen wie nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz wird dieses Gesetz die Grundlage bilden. Es beinhaltet daher auch die Ausnahmen von der Umlagepflicht. Für energieintensive Betriebe weisen diese auch weiterhin eine hohe wirtschaftliche Relevanz auf.
Regelungen zum Netzanschluss werden erheblich ergänzt
Neu aufgenommen wurden im laufenden Gesetzgebungsverfahren Änderungen an den Regelungen zum Netzanschluss. Diese zielen darauf ab, das Netzanschlussverfahren für kleinere Anlagenbetreiber zu vereinfachen. Die Regelungen treten bereits mit Verkündung des Gesetzes in Kraft. Durch Digitalisierung und Standardisierung soll der Anschlussprozess beschleunigt werden. Hierzu müssen die Netzbetreiber ein Webportal bereitstellen, das sämtliche Informationen für den Anschlussbegehrenden beinhaltet. Über dieses Portal muss ein Netzanschlussbegehren gestellt werden können. Nach spätestens einem Monat muss der Netzbetreiber auf ein Begehren reagieren und spezifische Informationen wie einen Zeitplan oder einen Kostenvoranschlag übermitteln. Wegen der mit dieser Neuregelung verbundenen Umstellungen für die Netzbetreiber sieht der Gesetzgeber eine Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2025 vor. Ob dies zur geplanten „Entfesselung“ der Ausbaudynamik beiträgt, bleibt abzuwarten.
Das EEG 2023 – eine weitere Phase der Förderung erneuerbarer Energien beginnt!
Diese Auswahl an Änderungen zeigt, dass sich der Förderrahmen erneut merklich ändert. Kleine Details haben hierbei oft eine nicht zu unterschätzende Wirkung. Es eröffnen sich damit neue Perspektiven und Möglichkeiten. Klar ist jedoch auch bereits jetzt, dass das Recht der erneuerbaren Energien auch weiterhin unaufhaltsam in Bewegung bleibt. Weitere Gesetzesänderungen sind zu erwarten, damit die ambitionierten Ausbauziele erreicht werden.
*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.