Unternehmer müssen im Rahmen des "New Deal for Consumers" spätestens ab 2022 zusätzliche Informationspflichten im Fernabsatzverkehr beachten. Anderenfalls drohen empfindliche Bußgelder.
Teil der Neuregelungen im europäischen Verbraucherschutzrecht durch die sog. Omnibus-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/2161 zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union) sind auch neue, gesteigerte Informationspflichten im Rahmen von Fernabsatzgeschäften. Neben verschiedenen neuen Informationspflichten für Betreiber von Online-Plattformen, die wir in einem separaten Beitrag näher beleuchten werden, wurden auch die allgemeinen Informationspflichten im Fernabsatz angepasst. Für Unternehmer bedeuten die neuen Vorgaben im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern ggfs. eine Anpassung ihrer Kontaktinformationen sowie der Widerrufsbelehrung und des Widerrufsformulars.
Die Richtlinie muss spätestens bis Ende 2021 in nationales Recht umgesetzt werden. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat dazu Anfang November u.a. einen Referentenentwurf zur Änderung des BGB und des EGBGB veröffentlicht.
Kontaktinformationen müssen zukünftig immer Telefonnummer und E-Mail-Adresse enthalten
Umstritten war bisher, ob ein Unternehmer in seinen vor Vertragsschluss zu erteilenden Kontaktinformationen gegenüber Verbrauchern auch eine Telefonnummer angeben muss.
Während ein Unternehmer nach deutschem Recht auch bisher schon gemäß Art 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGBG verpflichtet war, gegenüber dem Verbraucher (immer) seine Telefonnummer anzugeben, sah die frühere Fassung der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie (RL 2011/83/EU) bislang lediglich vor, dass der Unternehmer
die Anschrift des Ortes, an dem der Unternehmer niedergelassen ist, und gegebenenfalls seine Telefonnummer
angeben musste.
In der – zum damaligen Zeitpunkt überschießenden – deutschen Regelung sah der EUGH im Juli 2019 einen Verstoß gegen die frühere Fassung der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie, da hierin die Angabe einer Telefonnummer nicht zwingend vorgesehen war (EuGH, Urteil v. 10. Juli 2019 – C-649/17).
Durch die Omnibus-Richtlinie wurde nun allerdings die Verbraucherrechte-Richtlinie dahingehend geändert, dass der Unternehmer nunmehr
die Anschrift des Ortes, an dem der Unternehmer niedergelassen ist, sowie seine Telefonnummer und E-Mail-Adresse
anzugeben hat.
Der Unternehmer ist nun also auch nach den europäischen Verbraucherschutzvorschriften ausdrücklich verpflichtet, im Geschäftsverkehr mit dem Verbraucher immer (und nicht mehr nur „gegebenenfalls″) eine Telefonnummer und eine E-Mail-Adresse anzugeben. Auch wenn die Richtlinie selbst keine ausdrückliche Verpflichtung der Unternehmer enthält, eine entsprechende Erreichbarkeit unter der angegebenen Telefonnummer zu gewährleisten, sind Unternehmer wohl schon wegen des Umstandes, dass Verbraucher über die Telefonnummer auch rechtserhebliche Erklärungen wie beispielsweise Widerrufs- oder Rücktrittserklärungen abgeben können, angehalten die erforderlichen Kapazitäten für die Betreuung des Telefonanschlusses und die Bearbeitung der Kundenanfragen zu schaffen.
Unternehmer müssen keine Faxnummer mehr angeben
Die längst überholte Pflicht des Unternehmers als Teil seiner Kontaktinformationen gegenüber Verbrauchern gegebenenfalls auch eine Faxnummer anzugeben, wurde im Rahmen der Änderungen hingegen gestrichen. Demnach stellt sich zukünftig nicht mehr die Frage, in welchen Fällen Unternehmer zur Kommunikation mittels Fax verpflichtet sind.
Auch andere Online-Kommunikationsmittel müssen angegeben werden
In der Neufassung der Verbraucherrechte-Richtlinie wird nach der Änderung durch die Omnibus-Richtlinie nun im Zusammenhang mit den vorvertraglichen Kontaktinformationen auch die Möglichkeit anderer Online-Kommunikationsmittel erwähnt. Sofern der Unternehmer dem Verbraucher solche Kommunikationswege anbietet, die dem Verbraucher die Möglichkeit geben, etwaige schriftliche Korrespondenz zusammen mit Datum und Uhrzeit auf einem dauerhaften Datenträger zu speichern, müssen die Kontaktinformation in Zukunft auch Informationen dazu enthalten.
Zu denken ist bei Online-Kommunikationsmitteln etwa an die häufig verwendeten Webformulare sowie WhatsApp- und anderweitige Social Media Accounts, die Unternehmer ihren Kunden immer häufiger zur erleichterten Kontaktaufnahme anbieten (der Referentenentwurf des BMJW nennt hier ebenfalls beispielhaft Messenger-Dienste).
Eine Verpflichtung zur Neueinrichtung solch zusätzlicher Kommunikationswege ergibt sich aus dem Wortlaut zwar nicht. Im Hinblick auf die Möglichkeit der Abgabe von rechtserheblichen Erklärungen durch die Kunden, empfiehlt es sich für Unternehmern auch im Hinblick auf solche Online-Kommunikationsmittel eine entsprechende Erreichbarkeit sowie zeitnahe Bearbeitung der eingehenden Kundenanfragen (z.B. in Form von WhatsApp- oder Facebook-Nachrichten) sicherzustellen. Dies erfordert unter Umständen eine Aufstockung der personellen Kapazitäten, sofern Unternehmer dem Verbraucher auch weiterhin diese Kommunikationsmöglichkeiten anbieten wollen.
Angabe einer Telefonnummer und E-Mail-Adresse künftig auch in der Widerrufsbelehrung verpflichtend; Faxnummer entfällt
Strittig war bisher auch, wann ein Unternehmer in seiner Widerrufsbelehrung zwingend eine Telefonnummer angeben muss.
In den Gestaltungshinweisen zur Muster-Widerrufsbelehrung in Anhang I der europäischen Verbraucherrechte-Richtlinie (RL 2011/83/EU) hieß es dazu bisher:
Fügen Sie Ihren Namen, Ihre Anschrift und, soweit verfügbar, Ihre Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse ein.
Der EuGH hat dazu entschieden, dass eine Telefonnummer „verfügbar″ ist, wenn sie vom Unternehmer für den Kontakt zum Verbraucher genutzt wird (Urteil v. 14. Mai 2020 – C-266/19).
Durch die Änderung im Rahmen der Omnibusrichtlinie lautet der Gestaltungshinweis zur Muster-Widerrufsbelehrung nun:
Fügen Sie Ihren Namen, Ihre Anschrift, Ihre Telefonnummer und Ihre E-Mail-Adresse ein.
Durch den Wegfall der Einschränkung „soweit verfügbar″ wird nun klargestellt, dass Unternehmer zukünftig verpflichtet sind, auch in ihrer Widerrufsbelehrung immer eine Telefonnummer und E-Mail-Adresse anzugeben.
Nach der Änderung im Rahmen der Omnibus-Richtlinie müssen Unternehmer hingegen auch in ihrer Widerrufsbelehrung bzw. den Widerrufsformularen zukünftig keine Faxnummer mehr nennen.
Umsetzung in Deutschland – Änderungen der Informationspflichten im Fernabsatz gelten ab 2022
Die beschriebenen Änderungen der Informationspflichten im Fernabsatzverkehr im Rahmen der Omnibus-Richtlinie müssen bis 2021 im nationalen Recht umgesetzt und ab dem 28. Mai 2022 angewendet werden.
Der Referentenentwurf des BMJV sieht daher – entsprechend den Vorgaben der Richtlinie – eine Neuregelung der vorvertraglichen Informationspflichten gem. Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 EGBGB dahingehend vor, dass jeder Unternehmer ab dem 28. Mai 2022 bei Fernabsatzverträgen verpflichtet sein soll, dem Verbraucher vor Vertragsschluss u.a.
seine Telefonnummer, seine E-Mail-Adresse sowie gegebenenfalls andere von ihm zur Verfügung gestellte Online-Kommunikationsmittel, sofern diese gewährleisten, dass der Verbraucher seine Korrespondenz mit dem Unternehmer, einschließlich deren Datums und deren Uhrzeit auf einem dauerhaften Datenträger speichern kann
zur Verfügung zu stellen.
Die gesetzlichen Muster-Widerrufsbelehrung und das Muster-Widerrufsformulars sollen mit Wirkung zum 28. Mai 2022 dahingehend geändert werden, dass dort stets die Telefonnummer des Unternehmers aufzunehmen ist, die Option eines Widerrufs per Fax (und damit auch die Angabe einer Faxnummer) aber nicht länger beispielhaft vorgesehen wird.
Da es sich dabei um eine 1:1 Umsetzung der zwingenden Richtlinienvorgaben handelt, ist davon auszugehen, dass diese Änderungen im Mai 2022 wie geplant in Kraft treten werden. Spätestens bis zu diesem Zeitpunkt sollten Unternehmer – soweit erforderlich – ihre Kontaktinformationen und Widerrufsbelehrungen sowie Widerrufsformulare entsprechend der neuen Vorgaben angepasst haben.
Achtung: Vorgaben rechtzeitig umsetzen! Bei Verstößen drohen erhebliche Bußgelder
Bei Verstößen gegen diese Informationspflichten gegenüber Verbrauchern können künftig Bußgelder von bis zu 4 % des Jahresumsatzes drohen (der Referentenentwurf des BMJV sieht für Verstöße, die sich in mehreren EU-Staaten auswirken, einen Bußgeldrahmen von bis zu EUR 100.000,00 oder – für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als EUR 2,5 Mio. in den betroffenen Staaten – 4 % dieses Jahresumsatzes vor). Unternehmer sollten daher unbedingt darauf achten, die Informationen auf ihrer Webseite und in den gegenüber Verbrauchern verwendeten Unterlagen an die neuen Vorgaben anzupassen.
In unserer Blogserie „Verbraucherverträge im Digitalzeitalter″ zeigen wir auf, wie die Maßnahmenpakete der EU das europäische Verbraucherschutzrecht fit für das Digitalzeitalter machen sollen. Im ersten Teil beschäftigen wir uns mit den hohen Bußgeldern für Unternehmer, im zweiten Teil mit Bußgeldern bei Verletzungen von Verbraucherschutzvorschriften und Lauterkeitsrecht. Anschließend haben wir uns mit den Änderungen im BGB und den neuen Regelungen der Warenkaufrichtlinie beschäftigt. Zuletzt sind wir auf Personalized Pricing und Dual Quality Verbot eingegangen.