Nach der Finanzierungsrunde geht es zurück ans Tagesgeschäft. Doch was ist bei der Geschäftsführung in Venture Capital finanzierten Unternehmen zu beachten?
Zwischen den verschiedenen Finanzierungsrunden darf das Tagesgeschäft des Unternehmens nicht außen vor bleiben. Insbesondere in Venture Capital finanzierten Start-ups sind im Rahmen der Geschäftsführung einige Besonderheiten zu beachten, die sich aus dem Spannungsfeld zwischen Gründern und Investoren ergeben.
Die Corporate Governance steckt den rechtlichen Rahmen für die Geschäftsführung ab
Den rechtlichen Rahmen für die Leitung und Überwachung des Unternehmens bilden der Gesellschaftsvertrag, die Geschäftsordnungen (Bylaws oder Rules of Procedure) und die Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung (Investment and Shareholders´Agreement). Das darin enthaltene Machtgefüge wird gemeinhin auch als Corporate Governancebezeichnet.
Mit jeder Finanzierungsrunde, aus der sich ein Gesellschafterwechsel oder eine prozentuale Verschiebung der Gesellschaftsanteile ergibt, wird die Corporate Governance auf den Prüfstand gestellt und gegebenenfalls den neuen Verhältnissen angepasst.
Die Geschäftsführung kann sich mit dem Unternehmen entwickeln
Die Geschäftsführung des Start-ups obliegt insbesondere in den Anfangsjahren meist den Gründern. Wenn das Unternehmen eine bestimmte Größe erreicht, wird den Gründern jedoch häufig eine externe Person als Fremdgeschäftsführer zur Seite gestellt oder gar die gesamte Geschäftsführung an einen Dritten übertragen.
Die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers ergeben sich aus dem Gesellschaftsvertrag, einer möglicherweise bestehenden Geschäftsordnung für die Geschäftsführung und den gesetzlichen Vorgaben aus dem GmbHG.
Investor vs. Gründer
Zwar verbindet Gründer und Investoren das gemeinsame Ziel, ein starkes und rentables Unternehmen aufzubauen, jedoch kann oft Uneinigkeit darüber bestehen, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Gerade Finanzinvestoren streben häufig ein schnelles Wachstum des Start-ups an, um eine möglichst hohe Rendite aus ihrer Investition zu erzielen. Umgekehrt ist strategischen Investoren nicht besonders an einem lukrativen Exit gelegen, da sie sich bestimmte Synergien, wie Vertriebswege oder technisches Knowhow von ihrer Investition erhoffen. Abhängig davon, ob die Gründer selbst einen schnellen Exit anstreben oder ihnen an einem langfristigen und nachhaltigen Aufbau des Unternehmens gelegen ist, können die Interessen und strategischen Ziele von Gründern und Investoren divergieren. Um solche Zielkonflikte zu vermeiden, sollte daher schon bei der Auswahl von Investoren auf einen gemeinsamen Horizont geachtet werden.
Aber auch auf kleinerer Ebene können die Vorstellungen und Interessen von Gründern und Investoren zum Beispiel bei strategischen Entscheidungen, Personalfragen oder der eigenen Vergütung auseinandergehen. Der Investor will sicherstellen, dass er über alle wesentlichen Fragen informiert ist und die investierten Mittel in seinem Sinne eingesetzt werden. Demgegenüber haben Gründer oft eine emotionalere Bindung an das Start-up und wollen ihren Einfluss und ihre Vergütungsansprüche absichern.
Dabei ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Gründern und Investoren unerlässlich, um das junge Unternehmen voranzubringen und es profitabel zu machen. Aufgabe der Corporate Governance muss es daher sein, die Unternehmensleitung durch die Geschäftsführung und die Kontrolle der Investoren in Ausgleich zu bringen.
Die Kontrolle über das Start-up liegt bei den Gesellschaftern
Da Start-ups meist in Form einer GmbH organisiert sind, kann die Gesellschafterversammlung mithilfe ihres Weisungsrechts unmittelbar Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen. Außerdem kann die Vornahme bestimmter Geschäfte im Gesellschaftsvertrag oder der Geschäftsführung für die Geschäftsordnung von der Zustimmung der Gesellschafterversammlung abhängig gemacht werden. Handelt es sich bei dem Start-up hingegen um eine Aktiengesellschaft, dann ist aufgrund der Unabhängigkeit des Vorstandes nach § 76 Abs. 1 AktG eine direkte Einflussnahme der Aktionäre auf die Leitung des Unternehmens verboten. Bestimmte Aufgaben, wie die Feststellung von Jahresabschlüssen, die Bestellung, Abberufung und Entlastung von Geschäftsführern (§ 46 GmbHG) und die Änderung des Gesellschaftsvertrags (§ 53 Abs. 1 GmbHG) sind ohnehin von Gesetzes wegen der Gesellschafterversammlung vorbehalten. Gleiches gilt für die Zuständigkeit der Hauptversammlung bezüglich unter anderem der Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern, der Entlastung von Aufsichtsrat und Vorstand sowie Satzungsänderungen (§ 119 AktG).
Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden vorbehaltlich höherer gesetzlicher oder satzungsmäßiger Stimmmehrheiten in der Regel mit einfacher Mehrheit gefasst. Je nachdem, wer die Mehrheit der Geschäftsanteile der Gesellschaft innehat – Gründer oder Investoren –, kann damit die Geschäftsführung maßgeblich beeinflussen. Dabei verschieben sich die Machtverhältnisse mit jeder weiteren Finanzierungsrunde in Richtung der Investoren, da diese mit ihrem Kapital in der Regel höhere Beteiligungen zeichnen können. Um auch schon früher die Einflussnahme der Investoren auf die Gesellschaft zu gewährleisten, werden häufig Klauseln vereinbart, die eine Zustimmung der Mehrheit der Investoren oder eines einzelnen Investors zu bestimmten strukturrelevanten Maßnahmen, wie der Aufnahme neuer Investoren, Kapitalerhöhungen oder Satzungsänderungen, vorsehen.
Einflusssicherung und Kompetenzverteilung durch Bildung eines Beirats
Darüber hinaus sichern Investoren regelmäßig ihren Einfluss durch die Errichtung eines Beirats, in dem die Sitz- und damit Stimmmehrheit häufig auf Investorenseite liegt. Dem Beirat können bestimmte Kompetenzen oder Zustimmungsvorbehalte übertragen werden, die sonst der Gesellschafterversammlung vorbehalten wären. Die Zusammensetzung und die konkreten Aufgaben des Beirats werden meist im Gesellschaftsvertrag oder einer etwaigen Geschäftsordnung für den Beirat geregelt. Meist wird in der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung auch ein Katalog von Maßnahmen vorgesehen, die der Zustimmung des Beirats bedürfen.
Der Beirat übt jedoch nicht nur eine Kontrollfunktion aus, sondern kann auch wichtige Beratungsleistungen gegenüber der Geschäftsführung übernehmen. Gerade Venture Capital Investoren entsenden meist markterfahrene Personen in den Beirat, die der Geschäftsführung mit Rat und Tat zur Seite stehen. Auf diese Weise können auch die Gründer von der Erfahrung und dem Netzwerk der Investoren profitieren.
Berichterstattungspflichten der Geschäftsführung gegenüber den Investoren
Um ihre Kontrollrechte effektiv ausüben zu können, müssen die Investoren stets über die aktuellen Entwicklungen im Unternehmen informiert sein. Sie lassen sich daher meist im Rahmen der Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung oder der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung einen Anspruch auf regelmäßige Berichterstattung (Reporting) zusichern, der über die gesetzlichen Auskunfts- und Einsichtsrechte nach § 51a GmbHG und § 131 AktG hinausgeht.
Die Geschäftsführung hat demnach regelmäßig Monats- oder Quartalsberichte sowie Jahresplanungen zu erstellen und gegenüber den Investoren offen zu legen. Diese beinhalten häufig Bilanz- oder Gewinn- und Verlustrechnungsdaten sowie einen Soll-/Ist-Vergleich dieser Daten mit den Planzahlen. Darüber hinaus muss über alle „wesentlichen″ Geschäftsvorfälle berichtet werden, die meist anhand ihres Volumens definiert werden.
Durch das Reporting werden insbesondere in den ersten Jahren wertvolle Ressourcen im Start-up gebunden, zumal die Geschäftsführung auch mit der Vorbereitung der regelmäßig wiederkehrenden Finanzierungsrunden beschäftigt sein wird. Umso wichtiger ist daher eine gute Aufgabenverteilung und eine strukturierte Arbeitsweise der Geschäftsführung, damit das Tagesgeschäft am Ende nicht auf der Strecke bleibt.
Dies ist ein Beitrag aus unserer Blogserie „Venture Capital Basics“. Wir haben die verschiedenen Arten von Venture Capital Investoren sowie das Corporate Venture Capital bereits beleuchtet. Anschließend haben wir uns mit Themen wie Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Venture Capital & Private Equity, Finanzierungsarten für Start-ups und den Finanzierungsrunden beschäftigt. Gefolgt ist ein Beitrag zu Bylaws.