“Ehevertrag” für Gesellschafter: Investment Agreement und das Shareholders` Agreement regeln das Zusammenleben der Gründer und der Investoren.
Venture Capital bedeutet, dass vom Venture Capital Investor in einer frühen Phase des Unternehmens voll haftendes Eigenkapital zur Verfügung gestellt wird, ohne, dass der Investor dafür Sicherheiten gestellt bekommt. Der Venture Capital Investor bleibt also weitestgehend ungesichert und ist damit schutzbedürftig.
Die Gewährleistung seines Schutzes geschieht durch vertragliche Regelungen, wobei besonders das Investment Agreement und das Shareholders` Agreement von zentraler Bedeutung sind.
Inhalt und Ausgestaltung von Investment Agreements und Shareholders` Agreements sollten wohlüberlegt sein
Das Investment Agreement (auch Beteiligungsvertrag genannt) definiert das Verhältnis der (Alt-) Gesellschafter/Gründer zum Kapitalgeber. Die Rechte und Pflichten des Kapitalgebers, der Gründer und ggf. anderer Beteiligter (wie z.B. das Management) werden festgelegt.
Davon zu unterscheiden ist das Shareholders` Agreement (auch Gesellschaftervereinbarung genannt). Typisch für die Bereitstellung von Venture Capital ist, dass der Investor als Eigenkapitalgeber und damit – in Höhe seines Stammkapitals – vollhaftender Gesellschafter hinzutritt. Das Shareholders` Agreement regelt das Verhältnis der Gesellschafter untereinander und legt dabei die gegenseitigen Rechte und Pflichten, also das zukünftige Miteinander von (Alt-) Gesellschaftern/Gründern und dem Investor als Neugesellschafter fest.
Maßgebliche Regelungen werden regelmäßig schon im Term Sheet grob vereinbart. Diese groben Vereinbarungen gilt es dann in Investment Agreement und Shareholders` Agreement zu konkretisieren. Hierbei kommt diesen beiden Verträgen maßgebliche Bedeutung im Rahmen einer Venture Capital Beteiligung zu; regeln sie doch die Beziehung zwischen Investor und Gesellschaft bzw. Gründern. Diese Beziehung ist stets individuell und hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Den leichtfertigen Abschluss eines „Standard″-Vertrags gilt es daher tunlichst zu vermeiden!
Vertragsparteien sind die Gesellschaft, Gesellschafter, Kapitalgeber und Zielgesellschaft
Das Investment Agreement wird zwischen den bisherigen Gesellschaftern, dem Kapitalgeber und meist auch der Zielgesellschaft vereinbart.
Das Shareholders` Agreement dagegen, das das Verhältnis zwischen den einzelnen Gesellschaftern ausgestaltet, wird in der Regel zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft geschlossen. Bei einer Vielzahl von Altgesellschaftern, die mit nur geringen Anteilen beteiligt sind oder auch ggf. bei dem Hinzukommen von einer Vielzahl von (Klein-)Investoren ist es empfehlenswert, deren Stimmen durch die Vereinbarung eines Pools zu binden. Auf diesem Wege können Abstimmungen schnell durchgeführt und die Behinderung von Entscheidungen durch Einzelne effektiv verhindert werden.
Formerfordernisse hängen von Gesellschaftsform ab
Hinsichtlich der einzuhaltenden Form ist danach zu unterscheiden, ob es sich bei der Gesellschaft um eine GmbH oder eine AG handelt.
Ist die Gesellschaft eine GmbH, findet § 15 GmbHG Anwendung. § 15 Abs. 4 GmbHG legt fest, dass Vereinbarungen, durch welche sich ein Gesellschafter zur Abtretung von Geschäftsanteilen verpflichtet, der notariellen Beurkundung bedarf. Ein Shareholders` Agreement enthält häufig Regelungen dieser Art (z.B. Drag-Along, Tag-Along). Dieser bedarf also gem. § 15 Abs. 4 GmbHG der notariellen Beurkundung. Da das Investment Agreement mit dem Shareholders` Agreement untrennbar verbunden ist, erstreckt sich dieses Formerfordernis auch auf dieses.
Ist die Gesellschaft dagegen eine AG, gilt dies nicht. Dann genügt das Einhalten der Schriftform i.S.d. § 126 BGB.
Satzung hat Vorrang – soweit nichts anderes in Investment Agreements und Shareholders` Agreements vereinbart
Mit Hinblick auf den Grundsatz der Privatautonomie, sind die Parteien in der Gestaltung der Verträge zunächst frei. Allerdings gibt es einige Regelungen, die zwingend in der Satzung getroffen werden müssen. Dazu zählen die notwendigen Satzungsinhalte (z.B. Firma, Sitz, Gegenstand des Unternehmens), die Leistung von Sacheinlagen im Rahmen der Gründung und Sonderrechte im Fall der AG, die zu Lasten der Gesellschaft wirken.
Grundsätzlich genießt die Satzung Vorrang, soweit Satzung und Investment Agreement sowie Shareholders` Agreement kollidieren. Zu berücksichtigen ist, dass Investment Agreement und Shareholders` Agreement lediglich schuldrechtliche Wirkung entfalten. Daraus folgt, dass die Parteien die Möglichkeit haben, im Falle von in Satzung und den Agreements festgelegten, kollidierenden Regelungen zu vereinbaren, dass zwischen ihnen (inter partes) die Regelungen der Agreements Vorrang haben sollen.
Kosten trägt die Gesellschaft
Die Kosten, die im Zusammenhang mit den Agreements entstehen, werden in der Regel von der Gesellschaft getragen. Auch eine Vereinbarung, nach der dadurch entstehende Beraterkosten des Investors von der Gesellschaft getragen werden, ist denkbar.
Investment Agreement: Beteiligung des Investors regeln
Das Investment Agreement enthält häufig Regelungen betreffend Beteiligung des Investors und Bewertung des Unternehmens sowie Garantien und Zusicherungen.
Im Investment Agreement finden sich zunächst Festsetzungen hinsichtlich der Beteiligung des Investors. Die vom Investor angestrebte Beteiligungsquote ist dabei abhängig sowohl von der Höhe seines Investments als auch von dem Wert des Unternehmens. Problematisch dabei ist, dass das gegenständliche Unternehmen in der Regel eines mit einer sehr jungen Unternehmenshistorie ist und entsprechend keine belastbaren Gegenwartszahlen bestehen, auf die eine Bewertung gestützt werden könnte. Die Bewertung eines solchen Unternehmens stellt sich also häufig als nicht ganz unproblematisch dar. In der Regel wird ein (diskontierter) Zukunftswert herangezogen.
Investment Agreement: Garantien und Zusicherungen
In dem Investment Agreement werden darüber hinaus typischerweise Garantien und Zusicherungen betreffend den Zustand der Gesellschaft und des Geschäftsbetriebs gewährt.
Solche Zusicherungen haben im Fall einer Venture Capital Finanzierung allerdings eine andere Bedeutung als bei einem Unternehmenskauf. Beim Venture Capital werden die Gründer in der Regel nicht die Mittel haben, dem Investor sein Investment im Falle einer Garantieverletzung zurückzuzahlen. Auch eine Zurückzahlung durch die Gesellschaft selbst ist mit Hinblick darauf, dass das gewährte Investment zum Aufbau und zur Weiterentwicklung des Unternehmens benötigt wird, nicht erstrebenswert. Üblicherweise wird in Investment Agreements also im Falle eine Garantieverletzung eine Haftung des Gründers bestimmt, die jedoch in der Regel auf das ein- bis dreifache seines Jahresgehalts beschränkt wird.
Shareholders` Agreement: Lock Up
Im Wesentlichen werden in dem Shareholders` Agreement bestimmte Kontroll- und Mitwirkungsrechte des Investors und Regelungen rund um den Exit vereinbart.
Die Bewertung eines Start-up-Unternehmens hängt maßgeblich von den Gründern des Unternehmens und deren Einsatz für das Unternehmen ab. Aktiver Einsatz der Gründer ist jedoch abhängig von dessen Beteiligung. Um zu verhindern, dass die Gründer ihre Anteile unmittelbar nach oder während der Investitionsdauer veräußern, werden meist Lock Up-Regeln vereinbart.
Shareholders` Agreement: Tag-Along und Drag-Along
Ein Tag-Along-Recht wird auch als Mitverkaufsrecht bezeichnet. Verkauft ein Gesellschafter seine Geschäftsanteile an einen Dritten und erachtet der Investor die Verkaufsbedingungen als attraktiv, dann kann er verlangen, dass auch er einen Anteil seiner Geschäftsanteile oder alle Geschäftsanteile zu denselben Bedingungen an den Dritten verkaufen kann, sofern die Vorerwerbsrechte nicht vollständig ausgeübt wurden.
Ein Drag-Along-Recht begründet dagegen eine Mitverkaufspflicht. Wie bereits gesagt, zielt der Investor auf eine gewinnbringende Veräußerung seiner Unternehmensanteile ab. Das Drag-Along-Recht ermöglicht dem Investor, eine Verpflichtung aller Gesellschafter zu begründen, an einem Unternehmensverkauf oder einer vergleichbaren Transaktion mitzuwirken. Eine solche Klausel kann mit Hinblick darauf, dass die Interessen der Gesellschafter und vor allem der Gründer meist anders gelagert sein dürften, erforderlich sein. Ggf. findet sich ja nur dann ein Käufer für ein Unternehmen, wenn er alle Anteile erwerben kann.
Shareholders` Agreement: Verwässerungsschutz
Regelungen zum Verwässerungsschutz sind fester Bestandteil in einem Shareholders` Agreement. Dabei ist der Begriff nicht so zu verstehen, dass er vor Verwässerung der eigenen Anteilsquote durch weitere Kapitalerhöhungen schützt. Vielmehr soll durch Verwässerungsschutz-Regelungen die Sicherung der vom Investor für seine Beteiligung bezahlten Bewertung geschützt werden.
Unternehmen, die Venture Capital in Anspruch nehmen, sind häufig Start-ups, deren Bewertung sich als schwierig darstellt und auf einem (diskontierten) Zukunftswert beruht. Entwickelt sich das Unternehmen dann anders als erwartet, kann das dazu führen, dass der in nachfolgenden Finanzierungsrunden zu zahlende Anteilspreis deutlich unter dem Preis liegt, der in der vorangegangenen Finanzierungsrunde für einen Anteil zu zahlen war. Die Unternehmensbewertung wurde also nach unten korrigiert (sog. „Down Round″).
Die Verwässerungsschutz-Regelungen stellen in einem solchen Fall sicher, dass der Investor dann gegen Zahlung des Nennbetrages ohne Aufgeld oder sonstige Leistungen weitere Vorzugsgeschäftsanteile ausgegeben bekommt, die ihn dann so stellen, wie er stünde, wenn er seine in der vorangegangenen Finanzierungsrunde getätigte Investition von Anfang an zu dem niedrigeren Anteilspreis investiert hätte.
Shareholders` Agreement: Vesting der Gründeranteile
Wie bereits erläutert erfolgt die Bewertung von Start-ups meist auf einem Zukunftswert. Dieser ist stark abhängig von den Gründern des Unternehmens. Denn bei Ermittlung des Zukunftswertes wird vorausgesetzt, dass die Gründer über einen längeren Zeitraum am Unternehmen aktiv beteiligt sind.
Für den Fall, dass ein Gründer doch vorzeitig aus dem Unternehmen ausscheidet, wird in der Regel eine Call-Option auf die Anteile des Gründers vereinbart. Die Gestaltung im Einzelfall wird zum Beispiel von dem Umfang der der Call-Option unterliegenden Anteile, dem Zeitpunkt und dem Grund des Ausscheidens abhängig gemacht.
In der Regel gelten – mit Hinblick auf die Interessenlage der Gründer – diese Bestimmungen jedoch nur für einen bestimmten Zeitraum (meist etwa drei bis fünf Jahre).
Shareholders` Agreement: Mitbestimmungsrechte
Investoren, die Venture Capital zur Verfügung stellen, gehen regelmäßig nur Minderheitsbeteiligungen ein, wobei sie keine Aufgaben der operativen Geschäftsführung übernehmen. Dennoch wollen Investoren in der Regel gewisse Mitwirkungsrechte eingeräumt bekommen, um dennoch Einfluss auf die Entwicklung des Unternehmens nehmen zu können. Dabei sind Regelungen auf zwei verschiedenen Ebenen typisch: zum einen werden auf der Ebene der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung bestimmte Mehrheitserfordernisse oder ein gesonderter Zustimmungsvorbehalt des Investors vereinbart. Zum anderen wird meist ein Katalog von Geschäften und Maßnahmen festgelegt, bei dem die Geschäftsführung eine gesonderte Zustimmung des Investors bedarf. Auf diesem Wege kann der Investor sicherstellen, dass er trotz Minderheitsbeteiligung eine Mitsprachemöglichkeit hat.
Shareholders` Agreement: Vereinbarung einer Liquidationspräferenz
Der Begriff der Liquidationspräferenz gilt nicht nur für die Liquidation der Gesellschaft, sondern auch für den Unternehmensverkauf und wird teilweise auch auf den Börsengang der Gesellschaft erstreckt. Inhaltlich bedeutet die Vereinbarung einer Liquidationspräferenz, dass der Investor, bevor die anderen Gesellschafter ihren Erlös erhalten, sein geleistetes Investment zurückverlangt. Die Vereinbarung einer Liquidationspräferenz soll also die vom Investor bezahlte Bewertung sichern.
Dies ist ein Beitrag aus unserer Blogserie „Venture Capital Basics“. Auch die verschiedenen Arten von Venture Capital Investoren sowie das Corporate Venture Capital haben wir bereits beleuchtet. Weitere Beiträge, wie Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Venture Capital & Private Equity, Finanzierungsarten für Start-ups und den Finanzierungsrunden sind gefolgt. Anschließend sind wir aufs Bridge Financing für Start-ups, auf den Ablauf eines Venture Capital Investments und das Term Sheet eingegangen. Im weiteren haben wir uns mit den Vertragsdokumenten einer Venture Capital Beteiligung befasst.