5. September 2017
AGG Ausgestaltung Arbeitsverhältnis
Arbeitsrecht

AGG – die inhaltliche Ausgestaltung von Arbeitsverhältnissen

Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) spielt auch bei der Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse eine große Rolle. Die wichtigsten Informationen hier.​

Viele Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen sehen eine Staffelung nach dem Alter bei der Berechnung von Urlaubsansprüchen, der Arbeitszeit oder den Gehaltsansprüchen vor. Ältere Arbeitnehmer können mehr Urlaubstage beanspruchen als jüngere Arbeitnehmer.

Derartige Regelungen sind in Bezug auf das AGG grundsätzlich zulässig, da sie sich durch den Gesundheitsschutz älterer Menschen rechtfertigen lassen. Entsprechendes gilt für lebenszeitgekoppelte Arbeitszeitverkürzungen, die dem altersabhängigen Erholungsbedürfnis und der Erhaltung der Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer dienen.

Stärkung der Gleichbehandlung durch das Entgelttransparenzgesetz?

Im Hinblick auf eine ungleiche Vergütung werden die Rechte benachteiligter Arbeitnehmer neben dem AGG noch durch das neue Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) gestärkt. Darin wird eine geschlechterunabhängige Gleichbehandlung in Bezug auf die Vergütungshöhe gleichartiger Arbeit manifestiert.

Ob das Entgelt bei gleichartiger Arbeit vom Durchschnittsgehalt nach „unten″ abweicht, kann der Betroffene durch einen Auskunftsanspruch herausfinden, zu dessen Beantwortung der Arbeitgeber verpflichtet ist. Die benachteiligten Arbeitnehmer haben jedenfalls einen Anspruch auf die gleiche Bezahlung, die ein durchschnittlich bezahlter Arbeitnehmer des anderen Geschlechts hat. Zusätzlich sollen Arbeitgeber mit über 500 regelmäßig beschäftigten Mitarbeitern in einem Betrieb ihr Lohnkonzept überprüfen, um Diskriminierungen in diesem vorzubeugen.

Unterschiedliche Vergütung kann gerechtfertigt sein

Auch bei unterschiedlicher Vergütung ist sowohl nach dem Entgelttransparenzgesetz als auch nach dem AGG eine Rechtfertigung möglich. Beispielsweise kann eine höhere Vergütung durch eine höhere Arbeitsleistung gerechtfertigt werden, sofern diese anhand objektiver Kriterien nachvollziehbar ist.

Darüber hinaus ist es grundsätzlich zulässig, die wachsende Berufserfahrung bei der Vergütung positiv zu berücksichtigen, was allerdings nicht zwingend ist. Problematisch ist aber, dass in vielen Fällen die in Tarifverträgen nach dem Lebensalter gestaffelte Vergütung einen Automatismus beinhaltet, der die konkrete individuelle berufliche Entwicklung außer Acht lässt.

Folgen der Altersdiskriminierung bezüglich der Vergütung noch nicht abschließend geklärt

Im Falle einer Altersdiskriminierung in einem kollektiven Vergütungssystem hat nach dem BAG auch der jüngste Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, so bezahlt zu werden, wie es für die älteste Mitarbeitergruppe vorgesehen ist (BAG, Urteil vom 10. November 2011 − 6 AZR 148/09).

Anders urteilte der EuGH hingegen bei der Vergütung eines Beamten, wonach eine Gehaltsanpassung „nach oben“ nur dann möglich ist, wenn ein gültiges Bezugssystem vorliegt (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 – C-501/12). Möglich ist nur eine Entschädigung nach dem AGG. Kürzlich entschied das Bundesverwaltungsgericht, dem Urteil des EuGH folgend, dass ein Beamter keine Vergütung nach der höchsten Stufe verlangen kann und eine Entschädigung nach § 15 Absatz 2 AGG zwei Monate nachdem die Unwirksamkeit der entsprechenden Regelung festgestellt wurde, hätte geltend gemacht werden müssen (BVerwG, Urteil vom 07. April 2017 – 2 C 20.15). Es bleibt abzuwarten, ob das BAG an seiner besonders für jüngere Arbeitnehmer günstigen Spruchpraxis festhält oder sich an die Rechtsprechung des EuGHs und des BVerwGs zur Beamtenbesoldung anpasst.

Befristung auf das Erreichen der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung

Ferner enthalten Arbeitsverträge, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge sehr häufig eine Altersgrenze. Diese liegt zumeist noch bei 65 Jahren. Das Arbeitsverhältnis würde in einem solchen Fall automatisch mit Vollendung des 65. Lebensjahres enden.

Wegen des steigenden Renteneintrittsalters sollte allerdings auf das „Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung“ abgestellt werden. Derartige Befristungen haben sowohl das BAG (BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 – 7 AZR 68/14) als auch der EuGH als zulässig anerkannt. Begründet wird diese Rechtsprechung mit dem sich anschließenden Bezug einer gesetzlichen Altersrente und der damit verbundenen hinreichenden wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer.

Kontrolle der Arbeitsverhältnisse von Vorteil

Wir empfehlen, das gesamte Unternehmen regelmäßig nach Diskriminierungsrisiken zu durchleuchten und alle Arbeitsverträge, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge auf Verstöße gegen das AGG hin zu überprüfen.

Diese Überprüfung sollte darüber hinaus noch weitere aktuelle Themen der Rechtsprechung umfassen. Dazu zählt momentan beispielsweise die ungleiche Bezahlung zwischen Männern und Frauen oder das Recht auf gleichmäßige Teilhabe in Führungspositionen von Unternehmen und Behörden.

Am Beispiel des neuen Entgelttransparenzgesetzes erkennt man, dass das Thema Gleichbehandlung mit Erlass des AGG oder der „Frauenquote“ noch lange nicht sein Ende gefunden hat und eine Weiterentwicklung nach wie vor stattfindet.

In unserer Blogreihe zeigen wir auf, welche Auswirkungen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz auf das Arbeitsrecht und insbesondere auf die Unternehmen hat. Bereits erschienen ist ein Beitrag zu den wesentlichen Inhalten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, den Hintergründen des AGG, der Bedeutung von AGG-Hoppern und was Unternehmen bei der Einstellung von Mitarbeitern beachten sollten.

Tags: AGG Arbeitsverhältnis Ausgestaltung