3. November 2011
Ausschlussfristen als "Rettungsanker"
Arbeitsrecht

equal pay: Ausschlussfristen als „Rettungsanker″ für den Verleiher

Nachdem das BAG am 14.12.2010 die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt hatte, sind inzwischen zahlreiche Leiharbeitsunternehmen von deren (ehemaligen) Arbeitnehmern, in deren Arbeitsverträgen eine Verweisung auf die von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge enthalten war, auf equal pay in Anspruch genommen worden. Der Verleiher soll aufgrund der aus der Tarifunfähigkeit der CGZP hergeleiteten Unwirksamkeit der in Bezug genommenen Tarifverträge verpflichtet sein, dem Leiharbeitnehmer die – oftmals günstigeren – Arbeitskonditionen zu gewähren, die ein vergleichbarer Mitarbeiter im jeweiligen Einsatzbetrieb erhalten hat. Die geltend gemachten Ansprüche können – je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses und nach Maßgabe des streitgegenständlichen Zeitraumes – dabei einen hohen fünfstelligen Betrag ausmachen, so dass für den Verleiher die Abwehr derartiger Klagen ggf. von existenzieller Bedeutung sein kann.

Einen entsprechenden „Rettungsanker“ für den Arbeitgeber stellen dabei vereinbarte Ausschlussfristen dar (wir berichteten), wie eine zuletzt veröffentlichte Entscheidung des ArbG Heilbronn veranschaulicht (Urt. v. 05.08.2011 – 7 Ca 148/11):

Im Arbeitsvertrag war vorgesehen, dass die zwischen dem AMP und der CGZP vereinbarten Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. Zusätzlich haben die Parteien gesondert vereinbart, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

Zwar hatte der Leiharbeitnehmer seine (vermeintlichen) Ansprüche bereits nicht schlüssig dargelegt, so dass die Klage bereits aus diesem Grund abzuweisen war, jedoch stützt das Gericht seine abweisende Entscheidung zusätzlich auf die Anwendung der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist. AGB-rechtliche Gründe, die gegen eine Wirksamkeit der Klausel sprechen, bestehen – so die 7. Kammer – nicht. Nach Ansicht des ArbG Heilbronn erfasst diese Klausel auch den gesetzlichen Anspruch nach § 10 Abs. 4 AÜG. Verfallfristen betreffen nämlich nicht den Inhalt des Anspruchs, sondern allein die zeitlich befristete Geltendmachung, so dass diese für (un-)abdingbare gesetzliche Ansprüche ebenfalls zu beachten sind. Das ArbG Heilbronn geht dabei davon aus, dass Fälligkeit spätestens mit der Verkündung der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 eingetreten ist; insoweit kommt es auf die objektive Möglichkeit an, den Anspruch überhaupt geltend zu machen. Die Geltendmachung der equal pay-Ansprüche durch den Leiharbeitnehmer Ende März 2011 ist damit verspätet erfolgt.

Richtigerweise wird man davon ausgehen müssen, dass die Fälligkeit des jeweiligen equal pay-Anspruchs schon in dem Monat eintritt, in dem die Vergütung auf Grundlage der arbeitsvertraglichen (hilfsweise: gesetzlichen) Regelungen gezahlt werden sollte (vgl. Bissels, jurisPR-ArbR 33/2011 Anm. 2). Selbst wenn mit dem ArbG Heilbronn aber auf den 14.12.2010 als das entscheidende Datum abgestellt werden muss, dürften eine Vielzahl von Klagen bereits abzuweisen sein, da die vertraglichen Ausschlussfristen nicht eingehalten worden sind. Leiharbeitnehmer, die bis zum heutigen Tag untätig geblieben sind, werden unter Beachtung der aktuellen Entwicklung in der Rspr. nur noch geringe Chance haben, mit ihrer Klage auf equal pay tatsächlich durchzudringen.

Die Entscheidung des ArbG Heilbronn bestätigt – wie zuletzt schon das ArbG Chemnitz und das LAG Sachsen (wir berichteten) – mit einer überzeugenden Begründung, dass Leiharbeitgeber arbeitsvertragliche Ausschlussfristen erfolgreich gegen equal pay-Klagen einwenden können. Sofern möglich, sollte ein beklagter Arbeitgeber die Verfallklauseln ausdrücklich ins Feld führen. Diese sind zwar an sich von Amts wegen zu berücksichtigen; dennoch ist ein entsprechender Hinweis auf deren Geltung zu empfehlen.

Eine Aussetzung eines Verfahrens nach § 97 Abs. 5 S. 1 ArbGG – wie vielfach empfohlen wird – bringt lediglich Zeit, löst aber das Problem nicht. Vor diesem Hintergrund sollte eine Aussetzung immer nur als letztes Mittel angeregt werden, z.B. wenn Ausschlussfristen offenkundig ABG-rechtlich unwirksam sind und ansonsten keine weiteren Einwendungen gegen den Anspruch geltend gemacht werden können (z.B. kein substantiierter Vortrag zur Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern im Entleiherbetrieb und/oder zu den dort geltenden Arbeitskonditionen). Nur in diesem Fall ist die vermeintliche Tariffähigkeit der CGZP entscheidungserheblich und eine Aussetzung überhaupt möglich.

Tags: 7 Ca 148/11 AMP Ausschlussfrist CGZP Rechtsprechung Zeitarbeit